BattleTech 15: Jade Phoenix-Trilogie III - Falkenwacht
keine zu bemerken.
Joanna war auf dieses Treffen nicht vorbereitet. Niemand hatte ihr mitgeteilt, wer ihr neuer kommandierender Offizier sein würde, und es war ihre erste Begegnung mit Aidan im Rang eines Sterncolonels. Der Gedanke, ihn irgendwann mit Sterncolonel Aidan Pryde ansprechen zu müssen, schnürte ihr die Kehle zusammen. Sie hatte ihn nicht nur ausgebildet, sie war eine seiner Beraterinnen bei den Blutnamenskämpfen gewesen. Das stieß ihr noch immer sauer auf. Nicht genug, daß er einen Blutnamen hatte — eine Ehre, nach der sie immer gestrebt hatte, ohne sie je zu erringen —, jetzt war dieser Stravag auch noch ihr Vorgesetzter!
Aber trotz allem blieb Joanna eine ClanKriegerin, die gelernt hatte, alles hinzunehmen, was der Clan von ihr verlangte. Sie hatte keine andere Wahl, sie mußte Aidan als einen Pryde und einen Sterncolonel akzeptieren. Es brauchte ihr nicht zu gefallen, aber sie mußte es akzeptieren. Doch gleichzeitig würde tief in ihrem Innersten alles dagegen rebellieren. Und auf eine seltsame Weise war dieser Gedanke tröstlich.
Joanna stellte ihre Untergebenen auf. Sie hatte ihnen eingeschärft, in strikter Habtachtstellung zu bleiben, und nicht nachlässig zu werden, wie es bei Kriegern in Gefechtsgebieten häufig üblich war. Niemand in ihrer Einheit durfte sich einen Verstoß gegen korrekte militärische Haltungsvorschriften leisten, hatte sie ihre Leute gewarnt.
Als Aidan langsam an der Reihe der MechKrieger entlangmarschierte, beobachtete Joanna ihn genau. Diana stand an vorletzter Position. Ein paar Meter hinter ihnen wurden die BattleMechs ausgeschifft. Sie lieferten einen beeindruckenden Hintergrund für die Reihe strammer Krieger.
Joanna bemerkte, daß Aidan während des Weges die Reihe der Krieger nicht entlanggeblickt hatte, so daß er Diana in dem Augenblick, in dem er ihre Position erreichte, zum erstenmal zu Gesicht bekam. Aber Joanna wußte, daß Aidan niemals öffentlich eine Reaktion zeigen würde, selbst wenn er eine Ähnlichkeit bemerkte. Wahrscheinlich hatte er ebenso wie seine Tochter keinerlei Beziehung zu seinem Spiegelbild und würde nichts von sich in Diana entdecken.
Moment mal, war das ein erkennendes Flackern in Dianas Augen gewesen? Oder hatte Joanna sich das nur eingebildet? Da Vater und Tochter den gleichen kühlen Blick zeigten, konnte Joanna keine weitergehenden Schlüsse aus der Begegnung ziehen. Aidan ging weiter, um den letzten Krieger zu inspizieren.
Diana war verständlicherweise die einzige auf dem Gelände, die auch etwas von ihrer Mutter sah, als sie Aidan anblickte. Für den normalen Beobachter wäre es wahrscheinlich nicht zu erkennen gewesen, aber Diana wußte, daß Aidan und Peri aus derselben Geschko stammten.
Aidan hatte es bis zum Krieger geschafft, aber Peri war im Training ausgesiebt worden und in die Wissenschaftlerkaste eingestuft worden. Die Ähnlichkeit war minimal, aber Diana bemerkte sie trotzdem. Sie war so überraschend, daß sie ihren Schock beinahe durch ein Aufreißen der Augen verraten hätte. Dann rettete sie ihre angeborene Zurückhaltung. Die Tatsache, daß Peris und Aidans Züge in ihrem eigenen Gesicht verschmolzen waren, interessierte Diana nicht weiter. Aber sie hatte im Gesicht ihres Vaters ihre Mutter gesehen. Diese Erkenntnis hätte jeden schockieren können.
Sie wußte nicht, was sie denken sollte. Sie hatte nicht erwartet, ihren Vater so schnell zu finden, so kurz nach ihrem Gespräch mit Joanna. Als sie jünger gewesen war, hatte Diana sich sehnlichst gewünscht, Aidan zu treffen. Nur seinetwegen hatte sie den Weg des Kriegers eingeschlagen. Gelegentlich hatte sie von dieser Begegnung geträumt. Aber jetzt, als der Augenblick gekommen war, wollte sie nicht, daß ihr Vater von ihrer Identität erfuhr. Wahrgeborene Väter verachteten ihre freigeborenen Kinder. Warum sollte er sich anders verhalten? Nein, er würde nie erfahren, wer sie war. Aber sie würde ihn studieren und sich an dem Wissen erfreuen, wer er war. Diese Entscheidung hatte etwas Clangemäßes. Die junge Kriegerin sah ihren Vater, ihren Sterncolonel, kurze Zeit später nicht einmal an, als er die Einheit begrüßte.
6
Clankommandeure betrachteten die Besprechung mit einem neuen Offizier im allgemeinen nicht als geselliges Beisammensein, schon gar nicht, wenn der Neuzugang Verstärkungen begleitete. Den meisten war das bloße Konzept eines geselligen Beisammenseins fremd, aber Aidan Pryde hatte fast in jeder Hinsicht seine ganz eigene Sicht
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