BattleTech 15: Jade Phoenix-Trilogie III - Falkenwacht
Terra gelesen, die in fremden Kulturen gelebt hatten und durch die Erfahrung häufig ihre vorgefaßten Meinungen hatten verwerfen müssen. Manchmal hatte es sich dabei um Wissenschaftler gehandelt, aber mindestens ebenso häufig um ganz normale Laien, die durch ungewöhnliche Umstände aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen worden waren. Aidan war einer dieser Menschen, jemand, der durch die Umstände zum Lernen gezwungen worden war.
Für Hengst hatte er sich dadurch verändert, war etwas Besonderes geworden. Aber als er einmal versucht hatte, Aidan das alles zu erklären, hatte ihm sein Freund widersprochen und erklärt, daß seine Erfahrungen sein Verständnis der Welt nicht erweitert, sondern nur verwirrt hatten.
Das Landungsschiff setzte auf dem kurz zuvor für diesen Zweck gerodeten Platz auf und spie ein Kontingent Krieger aus. Hengst hätte Joanna über jede Entfernung erkannt, selbst als winzigen Punkt am Horizont. Sie trug den Hochmut der Wahrgeborenen wie einen Umhang. Sie war von einer Aura umgeben, die von Aidans Mitgefühl ebenso weit entfernt war wie der Kugel Sternhaufen von den ursprünglichen fünf Clanwelten. Hengst und Joanna mochten einander nicht. Sie hatten sich noch nie leiden können. Immer wenn sie zur Zusammenarbeit gezwungen gewesen waren, hatte Joanna ihn auf jede erdenkliche Weise an seine ›minderwertige‹ Herkunft erinnert.
Jetzt trat Hengst bewußt zur Seite, um bei der Begegnung die Mienen beider Krieger sehen zu können. Aidans Gesicht war gefaßt, denn er wußte, daß Joanna unter den Verstärkungen war. Hengst fragte sich, ob Joanna mit Aidans Anwesenheit auf Quarell rechnete.
Als sie sich begegneten, ließ sich weder Aidan noch Joanna das geringste anmerken. Sie gaben keinerlei Anzeichen, einander zu erkennen. Hengst war wahrscheinlich der einzige der drei, dessen Reaktion erkennbar war. Er war überrascht, wie alt Joanna geworden war. Wie beschämend mußte das für sie sein, dachte er. Er hatte nie verstanden, warum die Clans ihre alten Krieger so schlecht behandelten, aber er war Clanner genug, um von den Zeichen des Alters unwillkürlich abgestoßen zu werden. Sein Gesicht war auch nicht mehr so jung, wie es einmal gewesen war, aber da er schon immer älter gewirkt hatte als er war, waren die Spuren der Jahre bei ihm weniger deutlich zu erkennen.
Joannas Gesicht dagegen sah furchtbar aus. Ihre Augen standen etwas vor und wirkten dadurch noch gemeiner. Sie wirkte grimmig, selbst wenn sie ruhig war. Ihre Lippen waren schmaler geworden, und ihr Haar hatte einen Graustich. Manche Krieger tönten ihre Haare, sobald die ersten grauen Strähnen auftauchten, aber andere schienen es gar nicht zu beachten. Bei Joanna mußte es ihre angeborene Gleichgültigkeit gegenüber Unwichtigem sein, die jede Eitelkeit in bezug auf ihre Haarfarbe ausschloß. Hinzu kamen mehrere Schnitte und verblassende blaue Flecken auf ihrem Gesicht.
Aber diese rein körperlichen Details waren nicht der einzige Unterschied zur Joanna der Vergangenheit. Sie hatte einen anderen Gang, eine neue Haltung. Vielleicht war sie noch genauso selbstsicher und stolz, aber ihr Schritt war langsamer geworden, und sie bewegte die Glieder mit weniger Schwung. Seit Hengst Joanna zum erstenmal gesehen hatte, hatte sie sich nie anders als flink und athletisch bewegt.
Sie kam geradewegs auf Aidan zu. Obwohl er sie um mehr als eine Kopflänge überragte, trat sie ihm wie auf gleicher Höhe entgegen. Die Veränderungen, die sie mitgemacht hatte, waren im Vergleich zu Aidans energischem Auftreten noch deutlicher.
Joanna hatte noch immer Kopfschmerzen von ihrem Kampf gegen Diana. Als sie in das vertraute Gesicht Aidan Prydes blickte, erlebte sie dasselbe Phänomen der scheinbaren Doppelbelichtung wie bei Diana. Im ersten Augenblick sah sie Sterncolonel Aidan Pryde, einen stolzen und selbstsicheren Militär, dessen Gesicht die Spuren des Alters trug, aber beinahe so, als hätte ein Künstler sie sorgfältig modelliert. Dann sah sie den jungen Aidan, der sie vom ersten Tag an gequält hatte. Als sie ihn an jenem ersten Tag seiner Ausbildung zum Kampf herausgefordert hatte, hatte er sich gut gehalten, besser als die meisten Kadetten. Und irgendwie hatten sie nie aufgehört zu kämpfen.
»Sterncommander Joanna und Verstärkungen melden sich zum Dienst, Sir«, erklärte sie mit tonloser militärischer Präzision. Sie beobachtete seine Miene, erwartete eine Reaktion auf ihren neuen, niedrigeren Rang. Vielleicht war sie dankbar,
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