BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
mußte entsprechend den Wünschen ihrer Meister von Ehre, Mitgefühl und der Pflicht dem anderen gegenüber durchdrungen sein. Diese Meister erlangten ihre Privilegien durch den Gehorsam wiederum ihren Herren gegenüber und so weiter, bis schließlich alles in der Person des Koordinators des Draconis-Kombinats zusammenlief.
Die draconischen Krieger, die auf Solaris kämpften, waren keine tapferen Samurai wie ihre Brüder in der Heimat, sondern herrenlose Ronin. Seit Jahrtausenden wurden Ronin in der japanischen Kultur zugleich verehrt und verachtet. Wie moderne Robin Hoods wurden sie ihres Mutes wegen geachtet, aber gleichzeitig galten sie als ehrlos, weil sie sich keinem Herren unterwarfen. Mit dem Wiedererstarken des Bushido in der draconischen Kultur im Verlauf der vergangenen vierhundert Jahre hatte die Verachtung für Ronin die Oberhand gewonnen. Dies ging so weit, daß jedes Interesse an den Spielen auf Solaris offiziell verurteilt und in etwa so betrachtet wurde wie eine Vorliebe für Pornographie in anderen Nationen.
›Kai-sama‹ war ein Titel, den Kai erhalten hatte, als er auf dem Weg an die Spitze den besten draconischen Kämpfer, Theodore Cross, besiegt hatte. Cross hatte vor dem Kampf gehörig mit seinem Können und seiner Unbezwingbarkeit angegeben, und die Werbung hatte den Kampf als Duell zwischen einem erfahrenen Arenaveteran und einem gelangweilten Dilettanten hingestellt, der eine Lektion nötig hatte. Niemand erwähnte die Tatsache, daß Kai seinem Gegner zwanzig Tonnen Gewichtsvorsprung zugestand, und als Kai Cross innerhalb von dreißig Sekunden besiegte, hatte seine stille Entschlossenheit ihm augenblicklich eine Fangemeinde unter den Draconiern gesichert. Und Feinde, nicht zuletzt Thomas DeLon, den Stalleigner, für den Cross gekämpft hatte.
Kai lächelte höflich. »Ich komme auf Einladung von Kurita Omisama.«
Der ältere Mann nickte. »Wir wurden auf Ihr Erscheinen vorbereitet. Bitte folgen Sie mir, Herr.«
Kai folgte dem Posten. Unterwegs ließ er sich von der Art, wie die gestärkte und gebügelte Uniform des Mannes steif von dessen Körper hing und ihm gestattete, sich in ihr zu bewegen, ohne daß seine Kleidung daran teilnahm, ablenken und leicht amüsieren. Der Posten sagte kein Wort, während er Kai durch das Landungsschiff führte, aber die Tatsache, daß sie niemandem begegneten, deutete darauf hin, daß ihr Weg überwacht wurde und Kais Anwesenheit geheimgehalten werden sollte.
Die Einladung war über die normalen diplomatischen Kanäle erfolgt, und die waren alles andere als direkt oder offen. Omis Bitte um seinen Besuch war von der Taizai an die ComStar-Relaisstation auf Tetersen und von dort aus über das Außenministerium des Planeten an Kai auf der Zhangshi gegangen. Augenscheinlich ging es nicht darum, Kais Besuch vor dem Universum geheimzuhalten, aber vor dem Ableger des Kombinats an Bord dieses Landungsschiffes – und das machte in gewisser Weise auch Sinn.
Wenn man bedachte, daß das Kombinat im großen und ganzen fest davon überzeugt war, daß die Solaris-Spiele und ihre Anhänger alles andere als respektabel waren, wäre es unehrenhaft gewesen, Kai zuzugestehen, offen an Bord der Taizai zu kommen. Die Tatsache, daß Omi nach Solaris VII unterwegs war, mußte für die Draconier, die damit beauftragt waren, sie an ihr Ziel zu bringen, endlose innere Konflikte mit sich gebracht haben, denn eigentlich war ein solcher Auftrag eine Schande. Kai bezweifelte stark, daß sie diese Mission als Bestrafung für ein Vergehen gegen ihren Vater Theodore Kurita erhalten hatte, aber andererseits kannte er die Gedanken des Koordinators natürlich nicht.
Aber ich kenne Omi, und sie würde mich niemals mit einem Hauch ihrer Schande belasten.
Aus dieser Tatsache zog Kai einen gewissen Trost, und er mußte sich das angedeutete Lächeln, das auf sein Gesicht getreten war, verkneifen, als der ISA-Posten am Ende eines Ganges vor Shoji-Wänden aus Holz und Papier anhielt. »Sie werden hier auf Ihre Hoheit warten.«
Kai nickte und zog die gummibesohlten Schuhe aus, die er auf dem Weg getragen hatte. Der Posten holte ein Paar elastische Pantoffeln aus einer Wandnische und reichte sie Kai. Die Spitze der Pantoffeln war so überbetont und langgezogen, daß sie Kai bis zum Knie reichte. Er zog den rechten an und band sich das mit Velcropflastern versehene Gummiband, das die Pantoffelspitze festhielt, ums Knie.
Als er den zweiten Pantoffel überstreifte, stellte er zweierlei fest. Auf den
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