BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
Stillstand gekommen war und sein riesiges Solarsegel ausgebreitet hatte, um die Sonnenenergie aufzufangen, die das Hypersprungtriebwerk benötigte. Ohne Schwerkraft trieb alles, was nicht befestigt war, schwerelos durch das Schiff, sobald seine Massenträgheit überwunden war, und genau das erreichte Kai, indem er sich in Richtung Sprungschiff abstieß.
Er glitt durch einen kurzen Korridor und in einen zweiten Andockschlauch. Er packte eine Strebe, zog sich aufs Deck hinab und hangelte sich an der Haltestange des Geländers vorwärts. Dadurch wurde er zwar langsamer, aber dieses Opfer brachte er gerne. Auch wenn er auf eine freundliche Einladung hin an Bord des Kurita-Landungsschiffes kam, war die Einladung doch formell abgefaßt gewesen, und seine Anwesenheit war nicht als Champion von Solaris sondern als Präsidentschaftsanwärter des St. Ives-Paktes erbeten worden.
Als er um die Biegung des Andockschlauchs kam, erhaschte er den ersten Blick auf die Posten der draconischen Internen Sicherheitsagentur, die den Schleuseneingang zur Taizai bewachten. Einer der Männer hatte ein Gesicht ähnlich dem Kais, mit den dunklen Mandelaugen und der gelblichen Haut, die von altterranisch-asiatischer Abstammung kündeten. Auch der andere Posten hatte Schlitzaugen, aber seine dunklere Haut und das krause schwarze Haar deuteten auf einen starken schwarzafrikanischen Anteil in seinen Erbanlagen hin.
Kai zog sich den Gang entlang, bis er noch etwa zwei Meter von der Schleuse entfernt war, dann packte er die Stange fester und hielt an. Er setzte die Füße auf den Boden und hielt sich durch verstärkten Druck auf das Geländer in Position. Dann führte er vorsichtig eine tiefe Verbeugung aus.
»Konnichi-wa.« Er kam langsam wieder hoch und riß sich zusammen, damit man die Anstrengung nicht sah, die notwendig war, um die Füße am Boden zu halten.
Beide in lose schwarze Dienstmonturen gekleidete ISA-Posten erwiderten seine Geste, mußten sich anschließend jedoch mit einem kleinen Hüpfer wieder in Position bringen.
»Konnichi-wa, Kai-sama«, erwiderte der jüngere der Posten mit einem Nicken, was ihm den mißbilligenden Blick seines dunkleren Partners eintrug.
Kai ging davon aus, daß sich das Stirnrunzeln des älteren Posten nicht auf die vertrauliche Anrede seines Kollegen bezog. Der Name Allard-Liao war durch die Häufung von Ls und Rs für jemand, dessen Muttersprache Japanisch war, nur schwierig auszusprechen. Und da er auf diese Weise einen Teil der Nervosität in der draconischen Gemeinde von Solaris VII reduzieren konnte, zog er es vor, mit seinem Vornamen angesprochen zu werden. Von größerer Bedeutung war in diesem Zusammenhang die Verwendung des Ehrentitels »Kai-sama«, denn er brachte zum Ausdruck, daß die beiden ISA-Mitglieder auf verschiedenen Seiten einer Bruchlinie standen, die sich derzeit quer durch das Draconis-Kombinat zog.
Solaris VII, die Spielwelt, zog MechKrieger aus allen Sternenreichen der Inneren Sphäre an. Solaris City, die Hauptstadt des Planeten, war in fünf Hauptdistrikte unterteilt, die jeweils mit einem der Großen Häuser identifiziert waren. Die Krieger der verschiedenen Staaten neigten dazu, unter ihresgleichen in ihrem jeweiligen Sektor der Stadt zu wohnen und in den örtlichen Arenen zu kämpfen. Solaris war neben dem neutralen Terra, das von ComStar verwaltet wurde, eine der wenigen Welten in der Weite des von Menschen besiedelten Weltraums, auf denen die Bewohner verschiedener Nationen zusammenlebten.
Die meisten Krieger erfreuten sich durch die Verbreitung von Kampfaufzeichnungen in ihren Heimatnationen großer Beliebtheit, aber bei den Draconiern lag die Situation anders. Die Kuritas hatten niemals eine freie Verbreitung von Kampfholovids gestattet und behandelten geschmuggelte Aufnahmen ebenso wie verbotene Waffen, Sprengstoff oder Drogen. Selbst Holovids im Besitz von Privatpersonen wurden beim Eintritt in den Kombinatsraum beschlagnahmt. Um die Gefühle der Besucher nicht übermäßig zu strapazieren, geschah dies in der Regel mit der unzutreffenden Behauptung, die beschlagnahmten Artikel würden ihnen bei der Ausreise aus dem draconischen Reich zurückerstattet.
Aus der Sicht der das Kombinat dominierenden japanischen Kultur war dieses harte Vorgehen berechtigt. Es ging zurück auf den mittelalterlichen Ehrencodex des Bushido, des Weges des Kriegers. In dieser Weltsicht waren alle Bürger schlußendlich Leibeigene des amtierenden Koordinators, und jede ihrer Handlungen
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