BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
Vereinigtes Commonwealth
30. März 3056
»Hier stirbt niemand.« Deirdre stand dem Bewaffneten direkt gegenüber, die nassen Hände locker an den Seiten.
»Deirdre, er hat eine Waffe!« rief Rick Bradford.
Sie ignorierte ihn und sah sich den Eindringling an. Er ist nur ein Kind, und außerdem nervös. »Leg die Waffe weg. Es braucht niemandem etwas zu geschehen.«
Der Junge trat einen Schritt auf sie zu und stieß ihr den qualmenden Gewehrlauf in den Bauch. »Sie bring ich auch um!«
Als er ein zweites Mal zustieß, bewegte Deirdre sich etwas zur Seite und machte mit dem linken Fuß einen Schritt auf ihn zu. Sie ließ die linke Hand auf das rechte Handgelenk des Bewaffneten fallen, während sie sich auf der linken Ferse drehte, und plötzlich standen sie Schulter an Schulter. Ihre Rechte schloß sich um die seine, als er versuchte, sich zu ihr umzudrehen. Sie drehte seinen rechten Arm nach hinten und außen, und der Gewehrlauf wurde nach oben gerissen. Ihr Griff hätte dem Burschen den Ellbogen ausgerenkt, aber er verlor das Gleichgewicht und stürzte mit einem Schmerzensschrei zu Boden.
Deirdre ließ nicht locker. Mit der freien Linken entriß sie dem Angreifer das Gewehr. Der Bursche versuchte sich zu drehen, um den Druck zu lockern, aber sie änderte die Drehrichtung ihres Griffes und zwang ihn in die Bauchlage. Als sie ihm das Knie in den Rücken bohrte, wurde sie mit einem lauten Stöhnen des Terroristen belohnt.
»Eine Beruhigungsspritze, schnell!« Deirdre sah zu Cathy hoch. »Ich habe gesagt, schnell!« Die anderen bellte sie an: »Wir haben immer noch eine Operation durchzuführen. Seht zu, daß Hsing unter Narkose kommt. Na los! Bewegung!«
Cathy rammte die Nadel in eine pulsierende Ader am Arm des Terroristen und pumpte eine volle Spritze Trophamin in seinen Blutkreislauf. »Das wird ihn für lange Zeit außer Gefecht setzen.«
Deirdre nickte. Sie fühlte bereits, wie die Spannung in den Muskeln des Knaben nachließ. Sie wartete, bis er völlig schlaff war, bevor sie ihn freigab. Inzwischen waren auch zwei uniformierte Wachmänner eingetroffen. Sie trat das Gewehr zu ihnen hinüber. »Bringen Sie das Ding und diesen Kerl hier raus. Schaffen Sie ihn in ein Zimmer und schnallen Sie ihn ans Bett. Und lassen Sie jemand seine Lebenszeichen überwachen. Er ist vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln. Ich werde ihn mir später ansehen, und wenn er auch nur einen blauen Fleck hat, wo keiner sein dürfte, dreh ich Ihnen den Hals um. Verstanden?«
»Laut und deutlich, Doktor.«
Deirdre ging zurück ans Waschbecken und wusch sich noch einmal. »Lebenszeichen?«
Sie erhielt keine Antwort. Ihr wurde klar, daß sie es laut hinausgeschrien hatte. Das Adrenalin hatte sie im Griff. Sie drehte sich um. Alle starrten sie an. »Was ist? Wir haben eine Operation durchzuführen.«
Der ruhigere Tonfall schien Rick Bradford aus seiner schockierten Starre zu reißen. »Himmel, Deirdre, Sie sind ein unglaubliches Risiko eingegangen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, bin ich nicht. Machen wir uns an die Arbeit, wir haben ein Leben zu retten.«
»Deirdre, er hatte ein Gewehr!«
Deirdre schüttelte das Wasser von den Händen und drehte sich zu ihm um. »Hören Sie, Rick. Er hatte ein normales Stoner-BrowningAutomatikgewehr. Der Bolzen war zurückgezogen und arretiert. Das Gewehr war leer, und der Bursche war viel zu nervös, das zu sehen. Ich kenne diese Waffe, weil ich auf Alyina damit jemanden erschossen habe, okay? Können wir uns jetzt wieder auf die Operation konzentrieren? Cathy, ich brauche Handschuhe.«
Anne schauderte. »Aber wie Sie ihn überwältigt haben. Sie haben mir zwar gesagt, daß Sie sich mit Kampfsport auskennen, aber… Sie sind gut.«
»Sonst hätte ich auch keinen schwarzen Gürtel. Wie sehen seine Lebenszeichen aus?« Sie bewegte die Finger, während Cathy ihr die Latexhandschuhe überstreifte.
Anne bekam sich wieder unter Kontrolle. »Blutdruck dreiundsechzig über zweiundvierzig, sinkend, Puls achtundachtzig, fahrig, Atmung vierzig, ungleichmäßig.«
Deirdre streifte einen OP-Kittel über und näherte sich dem Patienten. »Na schön, machen wir ihn auf.«
Bradford sah sie von der anderen Seite des Tisches an. »Sind Sie sicher, daß Sie das nach dem, was Sie gerade getan haben, können?«
Deirdre schloß die Augen und hob das Gesicht zur Decke. Gib mir Kraft! »Hören Sie, alle: Ich habe keine Zeit, mir über das Gedanken zu machen, was eben geschehen ist. Dieser Kerl stirbt uns weg! Ich habe schon
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