BattleTech 24: Auge um Auge
ablief.
Abdulsattah betrachtete einen Augenblick lang das Hologramm, als könnten seine verschatteten dunklen Augen hinter den Horizont dieser Phantasiewelt blicken, als wäre sein Blick nicht eingeschränkt durch die Reichweite der Laser, die das Bild eingefangen hatten.
»Was bedeutet Mirza, Peter-sama?« fragte sie hinter ihm stehend.
»Auf meiner Heimatwelt bedeutet es ›Prinz‹«, sagte er und drehte sich wieder zu ihr um.
»Sie sind ein Arkaber?«
»Gewissermaßen.« Er lächelte. Es wirkte ziemlich echt. »Jetzt erzählen Sie mir, warum eine Unteroffizierin ein Treffen hinsichtlich unserer Sicherheitsvorkehrungen verlangt und nicht ihr LeutenientKolonel des Nachrichtendienstes.«
Weil im Falle Gordos Nachrichtendienst leider nichts mit Intelligenz zu tun hat, dachte sie. Aber wieder äußerte sie ihre Gedanken nicht. Es gab nur wenige Regeln bei den Caballeros. Don Carlos erlaubte seiner Truppe, sich weitgehend so zu verhalten, wie sie wollte, solange die Leistung stimmte. Diejenigen, bei denen sie nicht stimmte, mußten sehr schnell feststellen, daß sie mit einer eiskalten Skrupellosigkeit, bei der sie nur noch keuchen konnten, gefeuert wurden. So war die Einheit schon immer geführt worden, es war kein Ergebnis von Kolonel Camachos innerer Emigration als Folge von Patsys Tod. Es kam Cassie sehr gelegen.
Aber es gab Regeln, in erster Linie ungeschriebene. Und die beachtete Cassie – meistens. Die wichtigste war das eherne Gesetz des Dreibundes: Wenn der Hammer fällt, heißt es, wir gegen das Universum. An dieses Gesetz glaubte Cassie leidenschaftlich. Weil es bedeutete, daß sie keine Gringa mehr war, wenn der Hammer fiel, sondern ein Caballero. Sie mochten sie Abtacha nennen, aber sie gehörte dazu. Es war ein Gefühl, das sie nicht kannte, außer aus der Zeit mit Guru Johann. Sie klammerte sich daran wie eine Ertrinkende.
Das Gesetz bedeutete unter anderem, daß man einen anderen Caballero nicht vor Außenstehenden kritisierte. Egal, was für ein Riesenhaderlump er sein mochte.
»Leutenient-Kolonel Baird ist ein vielbeschäftigter Mann«, sagte sie in sorgfältig neutral gehaltenem Tonfall. »Und er kümmert sich in erster Linie um elektronische Informationsgewinnung.«
Die dunklen Augen des Mirza fraßen sich wie Laserbohrer in die ihren. Sie zuckte vor der Inaugenscheinnahme nicht zurück; sie wußte, daß selbst die durchdringendste Untersuchung immer nur ein Stück weit in ihren Schädel eindringen konnte und nicht weiter. Aber diese Wahrheit war so tief nicht vergraben.
»In der Tat«, sagte Abdulsattah und nahm wieder Platz. »Worüber genau wollen Sie mit dem Chef sprechen, Leutenient?«
»Ich höre, HTE besitzt die Gebäude, die an den Komplex angrenzen.«
»So ist es. Der Chef meinte, sie könnten sich als gewinnbringende Investition erweisen.« Flackerte da ein Funken Heiterkeit ganz hinten in diesen anthrazitfarbenen Augen?
»Mir scheint«, sagte Cassie, »daß es Vorbereitungen gibt, die man in diesen Gebäuden treffen könnte. Einige Überraschungen für die schlimmen Jungs, nur falls jemand mit feindlichen Absichten zufällig vorbeikäme. Sensoren, Sprengladungen – ich bin sicher, das muß ich Ihnen nicht erzählen.«
Der Mirza lachte – nicht das nervös wirkende Gekicher, das Cassie mit den paar Arkaben, die sie kannte – oder im übrigen auch mit den meisten Masakkos, denen sie begegnet war -, in Verbindung brachte. Es war ein lautes Lachen, das aus seiner Mitte emporzuquellen schien. »Ganz bestimmt nicht, Leutenient«, sagte er, als das Lachen verebbte. Er beugte sich vor und umklammerte den Schreibtisch mit den Händen. »Es wird Sie vielleicht überraschen, aber weder Mr. Kurita noch ich selbst haben die Möglichkeit gänzlich übersehen, daß sich der den Komplex umgebende Grund und Boden zur Schädigung derer mit bösen Absichten eignen könnte. Die Investition, von der ich sprach, war nicht ausschließlich finanzieller Natur.«
Cassie zuckte die Achseln. Nein, das war keine Überraschung. Aber sie hatte nicht so lange überlebt, indem sie irgend etwas als gegeben vorausgesetzt hatte.
»Dennoch«, sagte der Mirza, »weder Chandrasekhar Kurita noch ich meinen alles zu wissen, so unglaublich das auch klingen mag. Ich würde gerne hören, welche ›Überraschungen‹ Sie im Sinn haben, Leutenient.« Wieder diese Spur von Erheiterung in fast undurchdringlichen Augen. »Ich hörte, daß das Überraschen von Feinden fast so etwas wie eine berufliche Spezialität von Ihnen
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