BattleTech 24: Auge um Auge
ist.«
11
Masamori, Hachiman
Distrikt Galedon, Draconis-Kombinat
2. September 3056
»Leftenant Suthorn?«
Cassie verließ ihr Treffen mit dem Mirza – die Hände in den Taschen, den Kopf gedankenvoll gesenkt – und hatte nicht bemerkt, daß der Nachrichtenheini vom Vereinigten Commonwealth hinter ihr hertrottete. Toll, tadelte sie sich. Versink in deinen Gedanken und vergiß die Umwelt. Unter genau solchen Umständen hätte sie erwartet, daß Guru Johann aus dem Nichts auftauchte und ihr wegen Unaufmerksamkeit eine klebte.
Der hübsche junge Reporter schritt mit in der Nachmittagssonne golden schimmerndem Haar auf sie zu. Seine stämmige schwarze Kamerafrau trottete hinterher.
»Was kann ich für Sie tun, Mr. Westin?« fragte sie.
Er strahlte, ein echtes Zahnpastareklamelächeln.
»Archie bitte. Ich habe mich gefragt, ob Sie so freundlich wären, mich herumzuführen.«
Cassie nickte zu der Kamerafrau hin, einer schüchternen jungen Frau mit breiten, angenehmen Zügen. »Sie wollen wohl unsere getroffenen Vorkehrungen festhalten, wie?«
Er blinzelte, kicherte nervös. »Nichts dergleichen. Ich tue nur meinen Job.«
Sie schnaubte. »Ja. Nun, ich gehe rüber, um mir die Montechs anzusehen. Kann nicht schaden, wenn Sie mitkommen.«
Sie brachen auf. Der Komplex war erfüllt von geschäftigem Treiben, die große Einrichtung allein war wohl mehr wert als manch eine Peripheriewelt. Eine der Auswirkungen ihrer Größe war, daß HTEArbeiter nicht gezwungen waren, unter den drangvoll engen Bedingungen zu arbeiten, unter denen die meisten ihrer Kollegen im Kombinat litten. Die Montageetagen und Produktionsbereiche waren geräumiger als üblich, und in gelegentlichen Ruhepausen konnten HTEAngestellte tatsächlich nach draußen gehen und sich die Beine vertreten.
Die Arbeiter, die in pastellfarbenen HTE-Uniformen an ihnen vorbeigingen, deren Farben die feinen Unterschiede zwischen Abteilungen und Schichten verrieten, die Cassie erst noch unterscheiden lernen mußte, trugen den Kopf hoch und bewegten sich wie alle Arbeiter des Kombinats – zumindest wollte die Stimme des Drachen Außenstehende das glauben machen: Sie alle glühten vor aisha seishin, FirmenKampfgeist. Normalerweise war das nur Propaganda. Hier nicht.
»Merkwürdigen Akzent haben Sie da, Archie«, sagte Cassie beiläufig, obgleich sie die Frage eigentlich nur als abstrakte Neugier betrachtete. Informationen über den Hintergrund einer Person gaben Hinweise auf sie, halfen einzuschätzen, inwieweit sie eine Bedrohung darstellte. Und für Cassie war jeder eine Bedrohung, der nicht zum Regiment gehörte. Nicht, daß niemand im Siebzehnten eine gewesen wäre; bei den Draco-Flüchtlingen daheim auf Larsha hatte sie oft das Epigramm gehört: ›Nattanin – feindliche Fremde – beginnen bei den eigenen Geschwistern.‹
Er lachte wieder, diesmal entspannter. Mariska Savage ließ sich zurückfallen, diskret unbeteiligt an der Unterhaltung, eher so, als wolle sie wirklich nicht einbezogen werden, als meine sie, es gehe sie nichts an.
»Northfield wurde von Leuten von den Britischen Inseln gegründet, wissen Sie«, sagte er.
»Sie sind also Davioner.« Northfield lag in der Nähe von New Avalon, der Hauptstadt der früheren Vereinigten Sonnen.
»Ich bin ein loyaler und selbstverständlich glücklicher Bürger des Vereinigten Commonwealth.«
Sie warf ihm einen Seitenblick aus diesen großen, rauchigen Augen zu, die Art von Blick, die das Herz eines Mannes aus dem Rhythmus geraten läßt, selbst wenn sie bar jeder herkömmlichen Koketterie ist. »Davon gibt es heutzutage nicht mehr allzu viele.«
Ein Ausdruck, der Schmerz gewesen sein könnte, huschte über Westins gemeißelte Züge wie eine Klapperschlange. »Vielleicht nicht. Dennoch dienen die Westins schon seit Generationen dem Haus Davion loyal, ob es nun gerade in Mode war oder nicht. Und jetzt dienen wir dem Haus Steiner-Davion – auf unsere Weise.«
Sie gingen eine Weile schweigend. »Wenn ich das sagen darf«, sagte Archie, verzweifelt um einen fliegenden Themenwechsel bemüht, »ist auch Ihr eigener Akzent zwar sehr charmant, aber wohl kaum orthodox. Diese nasalen amerikanischen Westernvokale, die leicht stakkatohafte Kadenz Ihrer mexikanischen Kameraden, gemischt mit einer Art… nun, Musik.«
Nun war es an ihr zu lachen – ein Klang, den Archie ziemlich bezaubernd und in der Tat musikalisch fand.
»Ich bin im Regiment aufgewachsen«, sagte sie. »Da ist es nicht überraschend, daß ich spreche wie
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