BattleTech 24: Auge um Auge
bezwingen, hatte er immer gesagt. Sie konnte sie nicht vertreiben, aber sie konnte verhindern, daß sie sie beherrschte.
Sie versuchte, Unbehagen mit Leichtfertigkeit abzutun. »Ich glaube, ich habe dir einiges unterstellt, Kali«, sagte sie. »Ich dachte, du seist eher wie, nun – Leutenient Hurd.«
Kali lachte. »Ich weiß, was du meinst. Annie Sue wirkt manchmal irgendwie naiv, aber sie ist ein ziemlich braves Mädchen.« Sie nippte an ihrem Saft. »Hmm, ich nenne sie Mädchen, dabei ist sie älter als ich. So ist das eben. Aber sie hat diesen alten Kampfschützen ziemlich gut im Griff, und das ist weiß Gott nicht einfach.«
Mit sechzig Tonnen galt der Kampfschütze als schwerer BattleMech. Die meisten modernen MechPiloten betrachteten ihn auch als Todesfalle. Er besaß große Schlagkraft, besonders auf mittlere Reichweite, und seine beiden großen Imperator-Autokanonen boten höchst wünschenswerte Langstrecken-Feuerkraft bei geringer Hitzeentwicklung. Aber ihm hafteten auch die schlimmsten Sünden sowohl schwerer als auch mittlerer Mechs an: die Panzerung eines mittleren gepaart mit der Geschwindigkeit eines schweren. Das machte ihn zur Unterstützungswaffe, wie eine altmodische Selbstfahrlafette; in dichtem Getümmel konnte er nicht überleben. Da sie eine Caballera war, hatte die Rächende Annie in mehr als einem Dutzend Schlachten das Beste aus ihrem kleinen treffsicheren Bastard herausgeholt.
»Yeah«, sagte Cassie. »Auf Distanz holt sie ziemlich viel aus ihrer Maschine heraus. Aber sie hat auch immer diesen Teddybär im Cockpit dabei.«
»Bärchen«, sagte Lady K und zuckte die Achseln. »Ich habe auch einen Teddybär. Heißt Albert. Natürlich habe ich ihn nicht in der Dunklen Lady dabei, aber du weißt ja, was immer dich durch die Nacht bringt…«
Cassie zog ein Gesicht, nickte aber. Was immer dich durch die Nacht bringt – das war so eine Art inoffizielles Credo des freigeistigen, lebensfrohen Siebzehnten. Für die Heros war die Art, wie jemand lebte, verdammt noch mal seine Sache, solange er da war, wenn es galt – wie die verdammt clevere MacDougall Cassie gerade ins Gedächtnis gerufen hatte. Es lag noch etwas in der Art, wie Kali sie ansah, nicht drohend, aber auf eigentümliche Weise beunruhigend.
Sie hatte nicht viel Zeit zum Überlegen, denn genau in diesem Augenblick öffnete sich die Tür zur Straße, und es roch plötzlich nach nassem Asphalt und Auspuffgasen. Die Kneipe lag in einer Seitenstraße abseits der vielbefahrenen Hovercraftstraße, und sie befand sich zwar im Keller, doch die kurze Treppe führte gerade und ohne Geländer direkt von der Straße nach unten, so daß die Kunden jedesmal in die Musikbox geblasen wurden, wenn ein Schweber vorbeirauschte. Draußen regnete es.
Eine Gestalt schlüpfte herein und trat schnell nach links weg, um den Durchgang freizumachen. Es war eine verblüffende Erscheinung: ein junger Mann mit einem Wolfsgesicht und mit einer schwarzen Augenklappe, einem schwarzen Haarschopf und einer Lederjacke, die achtlos offenstand und komplizierte Tätowierungen freigab, die sich um seine unter dem Pullunder sichtbare rechte Schulter wanden. Er sah sich in der Bar um, schob den Zahnstocher, auf dem er herumkaute, zur Oberlippe hoch und lächelte.
»Uh-oh«, sagte Cassie. Sie versicherte sich, daß Bluttrinker unter ihrer eigenen Jacke locker in der Scheide steckte.
»Wen haben wir denn da?« murmelte Kali und bewegte sich gerade so weit in ihrem Stuhl, daß sie aus dem Augenwinkel die Tür beobachten konnte, ohne allzusehr aufzufallen. »Sieht aus wie ein Mann, der auf seine Tattoos stolz ist.«
»Das sind irezumi«, sagte Cassie. »Er ist Yakuza.«
Lady K schürzte die Lippen. »Ärger?«
Mit besorgtem Gesichtsausdruck huschte Mr. Krishnamurti hinter der Bar hervor. Cowboy erhob sich von seinem angestammten Barhocker und stieß den Besitzer freundschaftlich gegen das Brustbein, worauf dieser rückwärts gegen die Flaschen auf ihren Regalen torkelte.
»Laß mich das machen, Falkenauge.« Die Jungs hatten ohne ersichtlichen Grund begonnen, den Barbesitzer ›Falkenauge‹ zu nennen.
»Könnte sein«, sagte Cassie auf Kalis Frage.
Die Daumen in den Gürtel verhakt, schob sich Cowboy mit übertrieben säbelbeinigem Gang auf den Neuankömmling zu, ungeachtet der Tatsache, daß er seit Jahren auf keinem richtigen Pferd mehr gesessen hatte.
»Howdy«, sagte er. »Schätze, Sie wissen mittlerweile, daß Sie am falschen Ort gelandet sind. Dies ist ein Etablissement von
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