BattleTech 24: Auge um Auge
und Mädels drillen, solange ich weg bin.«
Die versammelten Kommandanten sahen zu Don Carlos. Der Kopf des Kolonel war wieder herabgesunken, die Augenlider hingen tief, als würde er gleich einschlafen.
Tat er aber nicht. Cassie wußte, was er auf der Innenseite seiner Augenlider sah.
Wie lange können wir so weitermachen, fragte sie sich, wo er nur noch wenig mehr ist als eine Galionsfigur? Sie fürchtete, die Sache könne für das Siebzehnte gerade im Augenblick übel ausgehen – das Nichtstun, der Entschlossenheitsverlust, der damit einherging. Doch das Geld, das Onkel Chandy zahlte, bot die Aussicht auf Erholung von den schrecklichen Verlusten, die die Nebelparder den Caballeros zugefügt hatten. Zumindest von den materiellen Verlusten.
Die anderen gingen tiefer. Und sie würden wesentlich schwerer zu verkraften sein.
Es war eine richtige Entscheidung des Kolonel gewesen, diesen Auftrag inmitten ihrer alten Feinde anzunehmen, und sein Urteilsvermögen hatte nicht nachgelassen. Er gab dem Regiment noch immer, was er konnte. Aber es wurde immer weniger.
Cassie kniff den Mund zusammen und starrte blicklos auf die Tischplatte. Ihre Welt war in Gefahr, und sie konnte nichts dagegen tun. Sie konnte sich nur auf die Dinge konzentrieren, die sie seit ihrer Kindheit am Leben und am Laufen hielten: ihre Kunst und ihre Arbeit.
Der Kolonel hob den Kopf und sah sie an. Die Tränensäcke unter seinen Augen schienen mit Blei gefüllt.
»Tun Sie, was Sie wollen, Leutenient«, sagte er. »Sie sind unsere Späherin. Beschützen Sie uns.«
»Leutenient? Kann ich Sie kurz sprechen?«
Cassie entfernte sich den weißen hallfreien Gang entlang vom Besprechungszimmer und spürte, wie sich beim Klang dieser Stimme mit dem Cowboyakzent ihr Kiefer und die Muskeln zwischen ihren Schulterblättern verspannten. Sie hielt an.
»Sicher, Kapitän«, sagte sie, ohne sich umzudrehen.
Lady K trat neben sie und stelzte auf ihren verdammten langen Beinen locker neben ihr her. Sie sah mit vorsichtigem Lächeln auf die kleinere Frau hinab und vergewisserte sich dann, daß niemand in Hörweite war.
»Sie scheinen Probleme mit mir zu haben, Leutenient«, sagte sie ruhig. »In der Vergangenheit war das in Ordnung – mich muß nicht jeder liebhaben. Aber jetzt, wo Suavecito zur Liga zurückgekehrt ist und ich Bronco habe, müssen wir zusammenarbeiten. Ich will keine Störungen in der Leitung zwischen uns, wenn ich daran etwas ändern kann.«
Kali hielt inne. »Lassen Sie sich von mir zu einem Drink einladen, und wir können reden«, sagte sie und schenkte Cassie dieses strahlende Lächeln, das im Dreibund sicher so manches Männerherz zerschmolzen hatte.
Cassie zog den Kopf ein und kochte. Tu mir das nicht an, dachte sie wütend. Du bist eine MechKriegerin und eine blonde Tussi. Laß es dabei.
Lady Ks Lächeln verblaßte zu einem besorgten Blick. »Bitte?«
Cassie seufzte. »Ja, Ma'am.«
»Kali. Oder Lady K.«
Cassie nickte nur. Sie traute sich nicht zu sprechen.
TEIL III
TRÜGERISCHER GRUND 13
Masamori, Hachiman
Distrikt Galedon, Draconis-Kombinat
2. September 3056
Die blauen Flecken, die sich Cowboy von Cassie eingefangen hatte, verblaßten langsam. Zusammen mit seinen Saufkumpanen Buck und Reb war er an seinem Stammplatz an der Bar, als Cassie und Lady K in die Verdiente Erholung kamen – die ehemalige Verdiente Erholung. Die Heros hatten Mr. Krishnamurti, den Besitzer, endlich dazu gebracht, das Lokal umzubenennen: Zum Salbeibusch sollte es nun heißen. Sie sammelten schon für ein neues Schild.
Cowboy erhob sich und prostete den beiden Frauen zu, als sie auf den Tisch an der Musikbox in der Ecke der weitgehend leeren Bar zugingen. »Abend, die Damen«, rief er aus. »Fühlt ihr beiden Hübschen euch heute nacht ein bißchen einsam, hier auf dieser fremden Welt unter all diesen Schlangen?«
»Einsam ja«, sagte Lady K, »aber nicht verzweifelt. Setz dich auf deinen Hintern, Cowboy.«
Seine Kumpel lachten. Nach einem Augenblick grinste er und nahm wieder Platz.
Kali blieb beim Tisch stehen. Überrascht stellte Cassie fest, daß ihre Begleiterin ihr den Eckstuhl überließ, von dem aus sie ein Auge auf das gesamte Etablissement werfen konnte. Dankbar nahm sie den Platz ein, während Lady K einer von Mr. Krishnamurtis Töchtern, die in dieser Nacht servierte, zuwinkte. Das Mädchen nahm die Bestellung auf, verbeugte sich und huschte davon, wobei sie darauf achtete, einen möglichst weiten Bogen um die Cowboys an der Bar zu machen.
Aus der Box,
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