BattleTech 24: Auge um Auge
einziger Wunsch zu dienen.«
Er seufzte wie ein Vulkan. »Aber leider kann der Lächelnde das von niemandem außer sich selbst glauben. Und vielleicht von seinem Adoptivsohn, der unseren Planeten mit seiner Anwesenheit beehrt.«
Chandrasekhar befingerte sein oberstes Kinn, und sein Blick schweifte in die Ferne. Wartend ließ sich Cassie auf den Hacken nieder. Geduld fiel ihr nicht leicht, aber sie hatte geübt, bis sie sie vortäuschen konnte.
Die Umstände jedoch machten es ihr nicht leicht, die Füße stillzuhalten. Sie empfand das dringende Bedürfnis, aufzuspringen und hinauszurennen, um Don Carlos und den Rest ihrer Kameraden vor der bevorstehenden Gefahr zu warnen. Hatte sie sich nicht mit dem Fanatismus eines Akoluthen des Ordens der Fünf Säulen der Sicherheit des Regiments verschrieben? Dies war die größte Bedrohung für die Caballeros, seit sie den Nebelpardern entkommen waren.
Gerade als sie kurz davor stand, nervös zu zappeln, kehrte Onkel Chandys Aufmerksamkeit zurück, und er blinzelte ihr mit seinen Amphibienaugen zu. »Sie sind so vielseitig, wie Ihr Kolonel behauptet hat«, sagte er. »Und so geschickt der Mirza und seine Agenten auch sein mögen, ich fürchte, daß die ISA schon lange fette Dossiers über sie alle zusammengestellt hat. Sie wird jedoch nicht viel Zeit gehabt haben, viel über Sie zu erfahren. Sie müssen diese Angelegenheit weiter untersuchen.«
Cassie verbeugte sich wieder bis zum Boden. »Vergebung, Herr, aber ich muß meinen Kolonel über alles, was ich erfahre, auf dem laufenden halten.«
Diesmal bewölkte sich sein Gesicht merklich. Er war zwar der nachsichtige Onkel Chandy, aber kein Kurita erwartete Widerspruch. Besonders nicht von einem weiblichen Unterleutenient einer GaijinSöldnertruppe.
Die Leidenschaft erlosch. Sein Gesicht glättete sich wieder, bis es fade war wie ein Pudding.
»Sie riskieren viel, Tochter«, sagte er mit leicht rauher Stimme. »Vielleicht sollten Sie über den Unterschied zwischen Tapferkeit und Wahnsinn meditieren.«
»Wie Eure Exzellenz schon sagte, mein Regiment ist meine Familie«, antwortete sie ihm und erhob sich, um ihm in die Augen zu blicken. »Sicher weiß Chandrasekhar Kurita es zu schätzen, wenn jemand für seine Familie alles riskiert.«
Wieder lachte er, sein dicker Bauch bebte. »Ich mag Sie – der Lächelnde möge mich in Säure tauchen, wenn ich Sie nicht mag. Wir werden gemeinsam viel erreichen, Leutenient, wenn ich nicht gezwungen bin, Sie zu töten.«
Oder ich dich, dachte Cassie und verbeugte sich erneut, als der große Mann ihr mit einer Handbewegung erlaubte, sich zurückzuziehen. Trotz seiner abschließenden Bemerkung fühlte sie in ihrer Magengrube eine ungewohnte Wärme, als sie in den Aufzug trat, der sich öffnete, als sie näherkam.
Sie vertraute dem alten Mann. Natürlich innerhalb enger Grenzen – aber dennoch vertraute sie ihm.
Vertrauen war etwas, das ihr nicht leichtfiel. Seit Guru Johann gestorben war, hatte sie nur wenigen Leuten vertraut – dem Kolonel, Patsy Camacho und jetzt zähneknirschend dieser glatten blonden Schlampe von Atlaspilotin.
Paß auf, warnte sie eine Stimme in ihr. Vertrauen macht dich verwundbar.
Cassie schauderte, als der Aufzug sie aufwärtstrug. Sie hatte ein Leben lang darum gekämpft, sich gegen alle denkbaren Schwächen zu wappnen. Doch sie war nicht gewillt, ihr Vertrauen in Don Carlos, Lady K oder Onkel Chandy aufzugeben.
Werde ich weich? fragte sie sich.
Die ComStar-Akoluthin, die Ninyu Kerai das Blatt mit der Botschaft übergab, verbeugte sich so tief, wie es das Dictum Honorium nur vorschreiben konnte. Nichtsdestotrotz wirkte sie abgelenkt und wäre fast davongerannt.
Ninyu Kerai Indrahar konnte man nicht unbedingt als verständnisvollen Mann beschreiben, aber er kannte das Problem der Akoluthin: Der technologische Fortschritt erschütterte ComStars Monopol bei überlichtschneller interstellarer Kommunikation, während die Dissidentensekte Blakes Wort – mit Thomas Marik, dem Herrscher der Liga Freier Welten, als Hauptunterstützungsquelle – sie als Ketzer zu vernichten drohte. Bisher bedienten sich die Spalter in erster Linie sporadischer Terrorakte, aber wie ComStar selbst verfügten sie über eine mächtige moderne Armee. Eine Armee, die bald Rückendeckung von Mechs der Freien Welten bekommen konnte – wenn nicht gar der Streitkräfte von Mariks zukünftigem Schwiegersohn, Sun-Tzu Liao.
Die Sorge der Akoluthin war wohl eher abstrakt als unmittelbar; das Kombinat hatte
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