BattleTech 25: Die Kriegerkaste
nicht mehr im Schußfeld seiner Waffen befand.
Auf dem Sichtschirm sah er den Jadefalken-Mech die Autokanone auf Andrews wuchtige Nemesis richten, die ebenfalls auf die Knie gesunken war. Der Henker nahm sorgfältig Maß, dann spie der schlanke Lauf, der seinen linken Unterarm ausmachte, Feuer. Der Granatenstrom donnerte in das Cockpit der Nemesis und warf den Mech wie einen Enthaupteten zu Boden.
Vlad riß den Waldwolf hoch und wirbelte ihn herum zu Chistus Henker. »Du verräterisches Stück Dreck. Du bist so tief gesunken, wenn du nach oben schaust, siehst du nur noch Freigeburtsohlen!«
»Ulric hat sie umgebracht, nicht ich. Ich wollte keine Zeugen.« Der Henker schwenkte den Arm in Richtung des Waldwolf. »Ich hatte gehofft, dich als Anführer der restlichen Wölfe benutzen zu können, Vlad vom Haus Ward, aber Ulric hat dafür gesorgt, daß ich das nicht mehr kann.«
»Ich werde dafür sorgen, daß du das nicht mehr kannst!« Vlad zielte auf den Henker und preßte sämtliche Feuerknöpfe. Die Hitzeentwicklung drohte ihn bei lebendigem Leib zu kochen, aber das war ohne Bedeutung. Er war ein Wolf, und er würde seinen Khan rächen und die Ehre seines Clans wiederherstellen, selbst wenn es ihn das Leben kostete.
Von meiner Hand wirst du sterben!
Eine der beiden PPKs verfehlte ihr Ziel und zertrümmerte die Fassade des Justizministeriums hinter Chistu. Der zweite Partikelstrahl brannte zusammen mit den beiden verbliebenen Impulslasern tiefe Furchen in die Torsopanzerung des Henker. Die BlitzKurzstreckenraketen des Waldwolf schlugen in Arme und Beine des Henker ein, sprengten aber nur Panzerung ab.
Die Autokanone des Henker verschoß eine doppelte Salve, die den Waldwolf mitten in den Torso trafen. Die Urangranaten pulverisierten die Stahlfaserpanzerung und fraßen sich in die interne Struktur, die den Omni-Mech zusammenhielt. Funken stoben aus den Cockpitkonsolen. Qualm füllte die brutheiße Kanzel und drohte Vlad zu ersticken.
Schlimmer noch als der von den Granaten angerichtete Schaden war die pure Wucht ihres Aufschlags. Sie hob den Waldwolf vom Boden und schleuderte ihn davon. Vlad wollte den Mech im Gleichgewicht halten, aber die riesige Maschine taumelte nach hinten. Sie drehte sich halb zur Seite, um sich am Finanzministerium abzustützen, aber die Raketensalven hatten das Gebäude schwer beschädigt. Vlads Waldwolf brach durch die Wand und krachte rücklings auf den Marmorfußboden. Ringsum stürzten die Säulen zusammen wie Kegel.
Ich muß aufstehen! Chistu muß sterben!
Vlad schüttelte den Kopf, aber in der Hitze und dem Qualm, mit gellenden Sirenen auf allen Seiten, konnte er sich nicht konzentrieren.
Ich muß aufstehen! Ich muß.
Er kämpfte noch verbissener, dann sah er durch das Kanzeldach nach oben. Eine ganze Sekunde lang sah er den Nachthimmel und die Sterne. Dann wurden sie von einer schwarzen Leere verschluckt. Sekundenbruchteile schienen Stunden, als Vlad die Wände und das Dach des Gebäudes nach innen kippen und immer schneller herabstürzen sah. Als sie den Mech trafen, schüttelte der Aufprall die Maschine härter durch, als es das Raketenbombardement oder Chistus Autokanonenfeuer geschafft hatte.
Irgendwann während dieser Erschütterungen griff die Leere nach Vladimir aus dem Hause Ward, und so verbissen er auch gegen sie ankämpfte, sie war zu stark für ihn.
44
Die Perser jedoch litten unter jener gefährlichsten Neigung in einem Kriege: sie hatten den Wunsch zu töten, ohne dabei selbst sterben zu müssen.
- HERODOT
Frostleidpaß, Australarktika
Morges
Tamardomäne, Lyranische Allianz
13. Dezember 3057
In der Pilotenkanzel seines Wolfhund fühlte sich Khan Phelan Ward nicht minder trostlos, als es die eisige Weite war, die ihn umgab. Die Gefühle durchströmten ihn ebenso ungestüm wie die eisigen Windböen des Frostleidpasses, die wogende Wolken aus Eis und Schnee dicht über dem Boden dahin peitschten. Ringsum sah er alte gefrorene Berge, die vom Wind zu bizarren Formen ausgebildet waren, Formen, die zu den verqueren Erinnerungen und Gefühlen in seinem Inneren paßten.
Es gibt nur einen Unterschied zwischen da draußen und hier drinnen: Draußen ist alles weiß, während in mir nichts als Dunkelheit herrscht.
Vor zwei Tagen hatte er die Nachricht von Nataschas Tod auf Twycross erhalten. In dem Augenblick, als er die kurze ComStar-Meldung gelesen hatte, war ihm klargeworden, daß sie bei ihrem Abschied beide gewußt hatten, daß sie den Kampf nicht überleben würde. Aber
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