BattleTech 26: Robert Thurston - Ich bin Jadefalke
nächsten Gang vorbei und bog in den ein, den sie als Aufbewahrungsort für die Tukayyid-Leichen vermutete. Als sie sich umblickte, sah sie Bailly vorbeigehen. Er schien in einen anderen Teil der Anlage unterwegs zu sein und genau zu wissen, wohin er wollte.
»Das war Bailly«, teilte sie Karlac mit, die zusammenschreckte.
»Wie…«
»Später«, schnitt Joanna ihr das Wort ab. »Wir haben Arbeit.«
Karlac nickte stumm. Sie schien abgelenkt, besorgt.
Dafür habe ich jetzt keine Zeit, dachte Joanna. Jetzt galt es, die Lagertanks der Tukayyid-Krieger zu finden.
Sie mußten fast zwei Drittel des Gangs durchqueren, bis sie schließlich die Tukayyid-Sektion dieses seltsamen Komplexes erreichten. Unterwegs kamen sie an ein paar arbeitenden Techs vorbei. Einer stellte ein Ventil nach, das ohne Zweifel Einfluß auf einen Aspekt der Konservierungsflüssigkeit hatte. Ein anderer polierte einige der Tanks. Andere Techs kletterten wie die Affen an den Gerüsten umher, wobei sie an die Träger geschweißte Sprossen als Leitern benutzen. Andere steigeisenähnliche Griffe waren an den Querstreben angebracht und sie sahen einen Tech sich daran entlanghangeln.
»Nicht schlecht«, murmelte Joanna.
»Wie? Was?«
Joanna machte sich nicht die Mühe, ihr zu antworten. Sie hatte kaum noch Verwendung für Karlac und behielt sie nur in ihrer Nähe, damit sie nicht in Schwierigkeiten geriet.
Sie untersuchte die Zahlen an den Seiten der Tanks und stellte fest, daß sie nach Einheiten gruppiert waren. Sie schaute in einen der Tanks und sah einen MechKrieger, dessen Gesicht auch im Tod noch wildverwegen war – wie es sich für einen Jadefalken-Krieger gehörte. Aber dieser Teil des Gerüsts war einem Jäger-Sternhaufen vorbehalten. »Wo ist die Falkengarde?« fragte sie sich laut.
»Warum?« fragte Karlac.
»Sterncommander Jula Huddock«, erklärte Joanna. »Ich habe Seite an Seite mit ihr gekämpft.«
Es dauerte nicht lange, bis Joanna anhand der Zahlensequenzen die Falkengarde-Sektion gefunden hatte. Unglücklicherweise waren alle Tanks in den oberen Etagen untergebracht. Als sie unten im Gang stand und nach oben blickte, schienen ihr die Regale höher als je zuvor. »Na gut. Was sein muß, muß sein.«
»Du willst da rauf?«
»Pos.«
»Bist du sicher?«
»Warum? Hältst du mich für zu alt, um so hoch zu klettern?«
»Nein, ich schätze nicht. Aber mir wird schwindlig bei solchen Höhen.«
»Wieso überrascht mich das nicht? Hier, halte mein Klemmbrett. Ich kenne Jula Huddocks Kennziffer auswendig. Warte hier und denke daran beschäftigt auszusehen. Vergiß nicht, daß du eine Tech bist.«
Ohne auf Karlacs traurige Antwort zu warten, packte Joanna die nächste Sprosse und zog sich hoch. Augenblicklich schoß ein stechender Schmerz durch ihre Schulter.
Ich werde zu alt für solche Spielchen, stöhnte sie innerlich, unterdrückte den Gedanken aber sofort wieder. Nein, ich war nur zu lange mit dieser Stravag Karlac zusammen.
Joanna ignorierte den Schmerz und kletterte weiter, eine Sprosse um die andere, mit einer gewissen spröden Effizienz – genauso, wie sie es bei den anderen Techs beobachtet hatte. Als sie für einen Moment anhielt um sich zu orientieren, bemerkte sie einen Tech auf gleicher Höhe, ein paar Abteilungen weiter, der erstaunt zu ihr herübersah. Sie winkte ihm zu und kletterte weiter.
Schließlich hatte sie die Falkengarde-Sektion erreicht. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, in den ersten der Tanks hineinzusehen, aber er enthielt keinen Falkengardisten, an den sie sich erinnern konnte. Sie war nicht einmal sicher, ob sie das Gesicht jemals gesehen hatte. Vielleicht hatte der Tod sein Aussehen verändert.
Etwas Kopfrechnen ergab, daß Jula Huddocks Tank drei Etagen höher und eine Abteilung weiter den Gang hinab liegen mußte. Mühsam, zu erschöpft, um noch Eleganz und Können eines typischen Techs vorzutäuschen, arbeitete Joanna sich weiter hoch. Dann hangelte sie sich müde seufzend an der Strebe entlang. Sie dachte zurück an den Tag ihres Duells mit den Prydelingen, an dem sie sich vom Fabrikdach geschwungen hatte, und fragte sich, wie oft sie derartige akrobatische Übungen wohl noch würde vollführen müssen.
Sie zog sich auf die Höhe des Lagertanks und überprüfte die Kennzahl an dessen Seite. Es war dieselbe, die sie sich für Jula Huddock eingeprägt hatte.
Sie schluckte, beugte sich über die Vorderseite des Tanks und blickte durch das Plexiglasfenster. Was sie sah, raubte ihr fast den Atem. Sie
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