BattleTech 27: Highlander Gambit
jemand hätte erwarten können«, meinte er und beugte sich vor, um auch dem müden Prinzen nachzuschenken. »Wir haben mehrere Berichte durchzugehen.«
Victor Davions Miene war ungeachtet der Festtagsstimmung in Stadt und Palast düster. Die ganze Last der Regierung hinterließ ihre Spuren bei dem jungen Prinzen. Er lehnte sich zurück in seinen Sessel, öffnete die lose Jacke der Ausgehuniform ein Stück weiter und trat die Sporen von den Stiefeln. »Ich nehme an, nichts davon kann bis morgen warten.«
»Vielleicht«, meinte Cox schüchtern, und studierte nach einem kurzen Blick zu Victor angestrengt seinen Cognacschwenker. »Aber sie betreffen Sun-Tzu und die Geschehnisse auf Northwind. Ich denke, wir sollten sie wenigstens besprechen.«
Victor zuckte zusammen, als er Sun-Tzu Liaos Namen hörte, und nahm einen tiefen Schluck Brandy.
»Jerry, bitte, nicht noch einen Bericht mit schlechten Nachrichten«, sagte er mit müder, angespannter Stimme.
Jerrard Cranston verstand genau, was er meinte. Die letzten Monate waren für das Vereinigte Commonwealth alles andere als günstig verlaufen. Victors Schwester Katherine hatte das einst mächtige Reich gespalten. Sie hatte ihrer Hälfte des Staates den Namen Lyranische Allianz gegeben und sich geweigert, Victor zu helfen, als Liao und Marik zeitgleich in die Mark Sarna eingefallen waren. Mit dieser Invasion hatten sie fast alle Systeme zurückerobert, die Victors Vater vor fast dreißig Jahren im 4. Nachfolgekrieg erbeutet hatte. Was bis vor kurzem noch als Mark Sarna eine Provinz des Vereinigten Commonwealth gewesen war, hieß heute nur noch ›die Chaos-Marken‹. Liao hatte einige Systeme erobert, Marik alle Welten zurückerlangt, die er im 4. Krieg verloren hatte, und andere Welten der Mark hatten ihre Unabhängigkeit erklärt. Jetzt saß Victor am selben Schreibtisch, an dem vor Jahrzehnten die Eroberung geplant worden war, und mußte zusehen, wie sich der Traum seines Vaters in Luft auflöste.
Cranston hob das Glas wie zu einem Trinkspruch, dann nahm er ebenfalls einen langen Schluck.
»Es sind weniger Nachrichten als Neuankömmlinge. Ich habe gerade gehört, daß Marschall Bradford und sein Adjutant im System eingetroffen sind. Laut der Mitteilung, die wir von Oberst MacLeod erhielten, haben sich die Highlanders entschlossen, ihn nicht vor Gericht zu stellen, sondern als Geste guten Willens an uns zu übergeben. Er kam an Bord eines langsamen kommerziellen Sprungtransporters und befindet sich jetzt an Bord eines Landungsschiffes im Anflug auf New Avalon. Er wird in etwa einer Woche eintreffen. Er hat um eine Audienz gebeten.«
Victor schüttelte frustriert den Kopf. »Northwind… was könnte dieser Idiot mir darüber schon erzählen? Er und dieser dreimal verfluchte MGUO-Agent… wie hieß er?«
»Catelli, Sir«, meinte Cranston leise. Er hörte die kaum kontrollierte Wut aus der Stimme des Prinzen wohl heraus.
»Ja, Catelli. Die beiden haben diese kleine Operation mit dem Ziel, die Highlanders zu zerschlagen ohne jede Genehmigung ausgebrütet. Ich habe ihn nicht zum Northwind geschickt, um die Highlanders zu besiegen. Ich habe ihn hingeschickt, damit er für Ordnung sorgt. Nur ein Schwachsinniger käme auf die Idee, die Highlander-Familien als Geiseln zu nehmen und ihre Regimenter auslöschen zu wollen. Verflucht noch einmal, wir hatten diese Truppen nötig, um den Terranischen Korridor intakt zu halten. Jetzt erklärt sich Northwind für unabhängig, und mit allen vier Regimentern im System kann ich mir auf lange Zeit den bloßen Gedanken abschminken, diese Welt wieder zu beanspruchen.«
»Den Berichten zufolge, die ich von unserem zweiten Agenten auf Northwind, Lepeta, erhalten habe, scheint dieser Catelli auf eigene Rechnung agiert zu haben. Sicher werden wir das aber wahrscheinlich nie wissen, denn beide sind spurlos verschwunden, und die Highlanders schweigen sich darüber aus, was aus ihnen geworden ist.«
Victor war unbeeindruckt.
»Diese Schwachköpfe haben mich Northwind gekostet. Was mein Vater erobert hat, verliere ich durch die Machtträume größenwahnsinniger Winzlinge. Der Marschall soll sich in seinem Quartier einfinden und sich bis auf weiteres als unter Hausarrest stehend betrachten. Das Allerletzte, was ich bei diesem Tumult brauchte, war ein machtgeiler Truppenkommandeur, der einen Plan ausheckt, wie er seinen Einfluß und seine Karriere fördern kann. Er soll ein paar Monate schmoren und darüber nachdenken, was er sich geleistet hat. Er
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