BattleTech 29: Pflichtübung
geradewegs ins Herz des Burgfrieds. Wilmarth verfügte über mindestens vier Mechs. Wahrscheinlich waren sie irgendwo in einem Mechhangar hinter diesen Karbonstahltoren untergebracht und würden jeden Augenblick auftauchen. Es war eine Weile her, seit Alex irgendeine Bewegung aus dieser Richtung gesehen hatte. Einige Tote in der Toröffnung markierten den letzten Versuch von Wilmarths Truppen, von dort heraus ins Freie zu stürmen.
Es würde Zeit kosten, einen Mech in Gang zu setzen, um mit den Eindringlingen abzurechnen. Seit dem ersten Schuß waren erst knapp zehn Minuten vergangen – im Gefecht eine Ewigkeit, aber zu kurz, um an Bord eines abgeschalteten Mechs zu gehen und ihn einsatzbereit zu machen. Sofern Wilmarth keinen Kampfkoloß in Bereitschaft hatte – angesichts der mangelnden Professionalität seiner Truppen eine äußerst fragwürdige Annahme, aber Alex und McCall hatten die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen – würden die beiden Angreifer längst wieder abgerückt sein, bevor die Krieger des Verwalters in ihre Maschinen klettern, sie hochfahren und die Stahlriesen in Bewegung setzen konnten. Trotzdem, mit jeder verstreichenden Sekunde wurde es wahrscheinlicher, daß in Kürze ein Bloodspiller-Mech auf die Szene trat. Alex schaute auf die Zeitanzeige der Sichtprojektion. 23:16… nein, jetzt 23:17.
Komm schon, McCall! Wo, zum Teufel, steckst…
»Schädel Zwo! Schädel Zwo!« erklang abrupt McCalls Stimme in Alex' Helm. »Wirr kommen rrauf. Wie sieht's aus da oben?«
»Kommandanthauptmann!« rief er erleichtert. »Gott sei Dank! Hier ist es ziemlich heiß hergegangen, aber im Moment ist nicht viel los. Vorwerk und Torverteidigung sind neutralisiert.«
»Gut gemacht! Ich habe etwa achtzig Leute hierr. Schaffen wirr es bis zum Torr?«
»Im Moment ist der Weg frei«, erwiderte Alex, und sah sich noch einmal um. »Aber das Haupttor des Bergfrieds ist offen, und vermutlich wird da ziemlich bald etwas wirklich Angsteinflößendes auftauchen.«
»Verrstanden. Halt dich bereit, Laddie. Wirr kommen raus! Jetzt!« Alex hob den Granatwerfer und zielte geradewegs ins offene Hangartor. »Ich gebe euch Deckung. Los! Los!«
McCall stieß die Küchentür auf und trat über die noch immer dort liegende Soldatenleiche. Sein Arm war erhoben und bewegte sich schnell nach links und rechts, als er jede Ecke, jeden Schatten nach einem Hinterhalt oder unerwarteten Schwierigkeiten absuchte. Der Innenhof vor ihnen war rauchverhangen, so dicht, daß der Eingangsturm und die Mauern der Zitadelle nur als vage schwarze Schatten hinter dem blendenden Glanz ein paar verbliebener Scheinwerfer und brennender Fahrzeuge zu erahnen waren. Die Szenerie unterschied sich grundlegend von der einige Minuten zuvor, als McCall die Tür in die andere Richtung durchquert hatte. Alex Carlyle war nicht untätig geblieben…
Er sah keine Bewegung, überhaupt kein Anzeichen von Leben. »Derr Mann sagt los«, teilte McCall den Leuten hinter ihm im Gang mit. »Du!« Er deutete auf Angus. »Siehst du den Eingangsturrm, gerradeaus vorr dirr?«
»Ja, Davis, ich seh ihn.«
»Setz dich in Bewegung, und halt auf keinen Fall an. Du!« Er zeigte auf die Frau, die hinter Angus stand. »Folg ihm. Ihrr anderren, folgt eurrem Vorrderrmann, einerr nach dem anderren. So schnell ihrr könnt. Los! Los! Los!«
Alex sah den ersten befreiten Gefangenen aus den Schatten am Fuß des Bergfrieds auftauchen, dicht gefolgt von einem weiteren und noch einem… eine lange Kette zerlumpter, stolpernder Menschen, die sich über das rauchverhangene Schlachtfeld des Stahlbetonplatzes zog. Sie kamen von links nach rechts an ihm vorbei, genau zwischen seiner Stellung neben dem Pegasus und den offenen Haupttoren des Gebä udes.
Das war ein Fehler. Wenn Wilmarths Soldaten jetzt aus dem Hauptgebäude stürmten, waren die befreiten Caledonier im Kreuzfeuer gefangen. Aber jetzt ließ sich daran nichts mehr ändern. Alex sprang auf das Heck des Schwebepanzers, um besser sehen zu können.
Es war nahezu unmöglich, irgend etwas zu erkennen. Alex schaltete von IR auf Lichtverstärkung auf Normaloptik, aber außer der Menschenkette und dem pulsierenden Rotlicht im Eingang zum Bergfried war nichts zu sehen. Von seinem neuen Beobachtungsposten aus hatte Alex eine gute, freie Sichtlinie zum Tor der Zitadelle, aber der Rauch der brennenden Fahrzeuge war zu dicht.
Eine Bewegung…
Er schaltete zurück auf Infrarot, verzog das Gesicht, schaltete weiter, versuchte mit Hilfe des
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