BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
begraben worden.
Er dachte an Diana und ihren Jungen, fünfhundert Kilometer ostwärts in den Eiglophen, und war froh, daß er sie und die anderen Zivilisten aus der Schußlinie geschafft hatte.
Ansonsten wäre die Schlacht um Port Howard keine Katastrophe, sondern eine Verheerung gewesen.
Die Caballeros hatten wenig genug retten können. Von den fünfunddreißig Mechs des Ersten waren achtzehn beschlagnahmt worden, acht vernichtet. Nur neun waren entkommen. Auf einen Schlag hatte das Siebzehnte ein Viertel seiner Maschinen verloren.
Gott sei Dank waren weniger Menschenleben gefordert worden – etwas weniger. Neun MechKrieger und fünf Zuarbeiter hatten ihr Leben gelassen. Nach Jahren als Kommandant einer Einheit, die häufig in Aktion war, hatte Don Carlos noch immer nicht das Gefühl, es gäbe so etwas wie eine akzeptable Verlustziffer. Aber er mußte die Verlustzahlen auch damit vergleichen, wie schlimm es hätte kommen können, und er wußte, daß sie noch gut davongekommen waren.
Aber die Situation konnte möglicherweise noch schlimmer werden
– viel schlimmer. Sieben Heros waren gefangengenommen worden. Unter ihnen war Kali MacDougall, die betäubt und ausgeschaltet worden war, als ein zerschmolzener Hüftaktivator ihren Atlas zu Fall brachte.
Den Zeigefinger an der gewellten Klinge entlang ausgestreckt, den pistolenartigen Griff fest in der Hand, drehte sich Cassie, als wolle sie sich im Gegenuhrzeigersinn in den Granitblock schrauben, wobei sie ihren alten Kris über ihren Körper schwang.
Zu ihren Füßen gähnte ein fünfhundert Meter tiefer Abgrund. Sie mußte sich nie zum Üben zwingen; und besonders mußte sie sich nie zum Üben von pentjaksilat zwingen. Wenn sie nicht krank oder verwundet war, versäumte sie es nie, auf die Meisterschaft der Kunst hinzuarbeiten, in die Guru Johann sie als kleines, verirrtes Mädchen eingeführt hatte. Lady K nannte es Cassies Lieblingsdroge. Sie lächelte zwar, scherzte aber nicht.
Kali… Vielleicht machte Cassie deshalb dem Tod den Hof, übte auf einem Felsen, der über dem Nichts hing: Sie brauchte eine besonders starke Dosis ihrer Droge. Sie brauchte die Leere sehr.
Ganz konzentriert auf Atem, fließende Bewegungen und vor allem Balance. Guru Johanns pentjak-Stil hatte die Balance über alles andere gestellt. Ohne Balance konnte man nicht richtig zuschlagen, und richtige Verteidigung wurde auch schwierig. Cassie hatte geübt, auf verstreuten Murmeln, ölnassen Böden und wackligen Tischplatten zu kämpfen. Es war ein Kinderspiel, auf diesem Felsvorsprung zu trainieren, der fest in der Klippe verankert war, auch wenn das Risiko sicher hoch war und die unvorhersehbaren Winde der Westflanke der Gunderlandberge ein weiteres Risikoelement darstellten.
»Du übst Kampfsport, hm?«
Cassies Herz schlug bis zum Hals, und sie riß die Augen auf. Das war sowohl die Gefahr als auch die Anziehungskraft ihres pentjakSpiels; es war der eine Umstand in ihrem Leben, unter dem sie sich völlig von der Außenwelt löste, sie vergaß. Zu allen anderen Zeiten, selbst wenn sie schlief, war sie zumindest bis zu einem gewissen Maß bei Bewußtsein und auf ihre Umgebung eingestimmt. Das Üben bot ihr eine Fluchtmöglichkeit.
Die wiederum ein Risikoelement darstellte. Der Guru hatte sie dafür verprügelt; es war ihr einziger Fehler. Und nun hatte es dazu geführt, daß sie überrascht worden war…
Ein Mädchen in einem blauen Mantel mit hellroten Mustern kauerte auf einem Felsen über ihr. Sie hatte ein Jagdgewehr in erreichbarer Nähe über den Knien liegen, sah aus wie etwa vierzehn.
»Ja«, sagte Cassie. Wie üblich, wenn sie aus ihrer Übungstrance zurückkehrte, klang ihre Stimme rostig, als hätte sie seit Tagen nicht mehr gesprochen.
»Das Wolfsmädchen übt nackig im Schnee«, sagte das Mädchen. »Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich würde frieren.«
Cassie trug einen blauen Body aus einer Kunstfaser namens Dünnhaut. Sie selbst mochte keine Kleidung – sie mochte nichts, was sich wie Fesseln anfühlte –, trug aber zum Üben immer etwas, wenn sie nicht sicher sein konnte, ungestört zu bleiben. Die Südwestler, die in so vieler Hinsicht so freigeistig waren, neigten dazu, mit Nacktheit ein Problem zu haben.
Sie wollte gerade fragen, woher sie die Trainingsgewohnheiten des Wolfsmädchens kannte, doch das Mädchen fuhr fort: »Was für eine Art Kampfsport ist das? So wie das, was Johnny Tchang macht? Magst du ihn? Ich finde ihn traumhaft.«
Langsam richtete sich Cassie
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