BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
auf und holte tief Luft. »Die Kunst heißt pentjaksilat. Sie stammt von Indonesien auf Terra. Ich sehe nicht viele Holovids, aber ich glaube, was Johnny Tchang im Tank macht, ist mehr Kickboxen als alles andere. Ich glaube, er ist sehr hübsch.«
Ob Cassie nun Actionholos sah oder nicht, sie mußte einfach wissen, wer Johnny Tchang war. Tchang, der beliebteste Kampfsportstar der Inneren Sphäre, hatte noch mehr Aufsehen mit seiner Desertion aus der Konföderation Capella erregt, wo er geboren war und wo seine Karriere begonnen hatte. Kurz nach der Schlacht von Tukayyid war er zum Vereinigten Commonwealth übergelaufen. Aber wenn er bei den meisten Sphärenbewohnern schon beliebt war, so war er für die Caballeros ein Gott. Die einzige Frage für sie war, ob er oder der singende vaquero Tino Espinosa, ein Mann von Cerillos, der größte Actionstar im Kosmos war.
»Oh«, sagte das Mädchen. »Ich vergesse ganz meine guten Manieren. Ich bin Marly Joles.«
»Hi. Ich bin Cassie Suthorn.«
»Oh, ich weiß, wer du bist. Man hat mir gesagt, ich solle mit dir reden, und jemand sagte, du seist hier oben.«
»Man hat dir gesagt, du sollst mit mir reden?«
»Nun, du wirst Widerstandskämpfer ausbilden, nicht? Ich will Scout werden. Das bist du doch auch, oder?«
»Ja«, sagte Cassie, »ich bin Scout. Du sagtest etwas über das Wolfsmädchen?«
Marly nickte. Ein paar kastanienbraune Locken lugten unter dem Pelzsaum ihrer Kapuze hervor und fielen ihr in die Stirn. »Sie macht Tae Kwon Do. Sie hat es mir erzählt. Interstellarer TKD-Bund. Sie hat den schwarzen Gürtel.«
»Hat sie, ja? Du scheinst viel über sie zu wissen.« Außer der Tatsache, daß sie tot ist.
»Oh, klar. Sie hat viel mit der Volksmiliz zu tun. Sie war sogar ein paarmal draußen auf der Ranch meines Papas. Er treibt Slomos nach Bear Creek hinunter…«
Cassie hob den Finger. »Moment mal, Ms. Joles. Es gibt ein paar Dinge, über die man nur mit Vorbehalt sprechen sollte. Wenn man wirklich Scout werden will, dann lautet die erste Regel: Laß dich nicht sehen. Das bedeutet, man sollte immer seine Sicherheit mitbedenken.«
Das Mädchen sank in sich zusammen. »Oh. Ich schätze, das habe ich in den Sand gesetzt, hm, indem ich einfach alles so ausplaudere. Vielleicht bin ich nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem man Scouts macht.«
Sie schien gleich in Tränen ausbrechen zu wollen. Cassie, die eine Schwäche für Kinder hatte, sagte rasch: »Das habe ich nicht gesagt, Ms. Joles…«
Das Mädchen strahlte. »Marly.«
»…Marly. Aber bist du nicht ein bißchen jung?«
»Ich bin zwölf…«
Cassie runzelte die Stirn. Marly sah zwar jung aus, aber älter als zwölf.
»…das bedeutet, ich bin fast vierzehneinhalb Standardjahre alt. Ich kann schießen, häuten und einen ausgewachsenen Springal oder Doobie ganz allein aufzäumen. Ich bin alt genug, um für mich selbst zu sorgen, Ms. Suthorn.«
»Das glaube ich gern. Aber denk daran, zum Scout-sein gehört viel mehr, als nur für sich sorgen zu können. Es bringt eine Menge Risiken mit sich, und viele Leute hängen von dir ab.«
Das Mädchen nickte.
Cassie sah auf Bluttrinker hinab und bereute es ein wenig, daß sie da mit dem Dolch in der Hand Lektionen erteilte, als sei er ein Laserzeigestock. Sie steckte ihn wieder in die Scheide, die an ihrem Oberschenkel hing. »Hilfst du mir mal hoch?«
Marly grinste. Sie stützte den Gewehrkolben mit einer Hand auf den Stein und streckte die andere aus, um Cassie von dem Steinblock herabzuhelfen. »Du mußt ziemlich tapfer sein, um so an einem Klippenrand herumzutanzen«, bemerkte Marly Joles, völlig die Tatsache außer acht lassend, daß sie selbst nicht sehr viel weiter vom Abgrund entfernt gekauert hatte.
»Das ist Teil der Ausbildung. Jetzt sag mir, Marly…«
»Cassie!«
Sie sah an dem Mädchen vorbei und erblickte eine Gestalt, die, eine Bugwelle von Schnee hinter sich aufwirbelnd, den Weg heraufhüpfte. Ihre Kapuze war zurückgeworfen und enthüllte ein vertrautes, braungebranntes Gesicht und wirre, dunkelgoldene Locken.
»Tim!« schrie sie.
Er umarmte sie, als wolle er sie erdrücken, hob sie hoch. »Ich kam, sobald ich körnte. Der Python-Stützpunkt war in VierundzwanzigStunden-Alarmbereitschaft, bis klar wurde, daß die Dracos eher daran interessiert waren, Port Howie zu plündern, als dort weiteren Ärger zu suchen.«
Er küßte sie auf die Lippen. »Ist es nicht schrecklich, was mit unserer lieben Kali passiert ist?«
Sie packte seinen Kopf und zog seinen Mund wieder
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