BattleTech 35: Höhenflug
bevor Dooley sich bewußt wurde, daß sie den Feuerknopf gedrückt hatte, und jagte an der Spitze einer weißen Rauchspur auf den feindlichen Jäger zu. Dooley stieß ein zufriedenes Knurren aus. Hinter dem Foxbat flammten die winzigen, sonnenhellen Punkte der Leuchtkugeln auf, ein verzweifelter Versuch des Piloten, die Sidewinder abzulenken. Aber solange die Nachbrenner arbeiteten, blieb die MiG die stärkste IR-Quelle am Himmel. Ein Blinder hätte die Hitze auf hundert Schritt fühlen können. Dooley ließ ihre Rakete nicht aus den Augen und beobachtete, wie sie schnurgerade durch das Leuchtkugelfeld schoß und im rechten Triebwerk des Foxbat explodierte. Wieder flammten sekundäre Explosionen auf, als der Treibstoff des Ziels Feuer fing. Sie schrie ihren Triumph hinaus.
Der Falcon bockte wie ein Auto, das mit Highwaytempo in ein Schlagloch fährt. Auf dem Kontrollbrett blitzten die Warnlichter, und Alarmsummer gellten. Dooley überprüfte sofort ihre Heckzone, obwohl sie schon wußte, wer an sechs Uhr aufgetaucht war.
Ja! Einer der Fulcrums hatte sich in Stellung gebracht und hing nun in bester Angriffsposition wenig mehr als eine Meile hinter ihr. Viel zu nah für Raketen, aber in idealer Entfernung für das 30-mm-Geschütz des Jägers ... das bereits vollauf damit beschäftigt war, Dooleys Maschine schrottreif zu schießen.
Sie schaltete die Warnsummer aus und warf gleichzeitig einen Blick auf die Warnanzeigen an der rechten Seite der Kontrollen. Warnlämpchen brannten über NAV und WEP ARM. Shit! NAV bedeutete, das Trägheitsnavigationssystem des Falcon war ausgefallen - nicht so schlimm, zumindest nicht akut. Aber die Warnleuchte bei WEP ARM schien ein herber Schlag: der Zentralmechanismus, der die Waffensysteme der F-16 scharf machte, war beschädigt und nicht mehr funktionsfähig. Ihr Jäger trug noch drei Luft-Luft-Raketen unter den Tragflächen, aber Dooley konnte sie nicht mehr abfeuern. Zeit, die Kanone zu ziehen.
Mit einer Daumenbewegung machte sie das M61A1-Geschütz des Falcon scharf. Du willst spielen? Dann wollen wir mal sehen, wie heiß du wirklich bist.
Aber das war sinnlos. Dooley stand allein gegen drei Gegner - vier, falls der zerstörte Foxbat einen Flügelmann hatte, der darauf wartete, einzugreifen. Ein Luftkampf gegen eine derartige Übermacht war Selbstmord, gleichgültig, wie gut ein Pilot war. Die einzige logische Alternative bestand darin, die Flucht zu ergreifen, den Nachbrenner voll aufzudrehen und zu beten, daß die MiG-Jockeys auf eine Verfolgung verzichteten.
Nicht, daß die Fulcrums Dooley eine günstige Gelegenheit geboten hätten, sich davonzumachen. Der Falcon wurde erneut durchgeschüttelt, als ein zweiter 30-mm-Feuerstoß seinen Rumpf aufriß. Wieder schrillten die Warnsummer, und rote Lämpchen flakkerten ihre Alarmmeldungen von den Kontrollen. Die HUD-Symbole verschwanden von der halbverspiegelten Scheibe über der Konsole. Rauch? dachte Dooley, als die Feuermelder aufheulten. Oder bilde ich mir das nur ein?
Sie trieb den Knüppel nach vorne, richtete die Nase des Falcon auf den tief unter ihr liegenden Boden und stieß gleichzeitig den Schubhebel bis zum Anschlag durch. Die F-16 sprang nach vorne...
Zu spät. Die Rückenlehne des Pilotensitzes rammte Dooleys Nieren mit der Gewalt eines austretenden Maulesels. Das Cockpit kippte zur Seite, Dooleys Helm schlug mit betäubender Gewalt gegen das Kanzeldach. Alle Warnlichter auf den Kontrollen blinkten blutrot. »Achtung! Achtung!« krähte die synthetische Stimme des Bordwarnsystems - ›Bitching Betty‹ wurde sie von den Piloten genannt - dann verstummte sie.
Raketentreffer. Was könnte es sonst sein? Der Falcon war außer Kontrolle, scherte wild, wurde von der Wucht der Explosion herumgewirbelt. Die Welt auf der anderen Seite des Kanzeldachs drehte sich in einem wilden Reigen - Himmel, Erde, Himmel. Dooley kämpfte mit dem Knüppel, versuchte verzweifelt, die F-16 wieder in ihre Gewalt zu bekommen. Die Fluggeschwindigkeit fiel rapide, das Triebwerk war ausgefallen. Die Überziehungswarnung heulte kurz auf, dann verstummte sie, als der Strom ausfiel.
Dooleys Instinkt übernahm die Führung. Ihre Hände zuckten zu den Schleudersitzgriffen, zerrten hart. Keine Reaktion.
...Natürlich nicht. »Shit!« Während über dem Kanzeldach die ganze Welt sich weiter in einem hypnotischen Tanz drehte, löste Samantha Dooley den Kinngurt ihres Helms, hob die Acrylschale von ihrem Kopf und schüttelte das lange braune Haar
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