BattleTech 39: Heimatwelten
»Allerdings sehe ich nicht, wie diese Geschichtsstunde Ihren Standpunkt unterstützen soll.«
»Mein Standpunkt ist folgender...« Victor seufzte und sammelte seine Gedanken. »Als ich von dem Schwert durchbohrt wurde, bin ich, äh, gestorben, oder dachte es zumindest. Ich weiß auch, daß ich wieder unter die Lebenden zurückgekehrt bin, aber bevor es soweit war, habe ich einiges über mich selbst erfahren. Ich bin zuallererst, durch Vererbung, Charakter und Ausbildung, ein Krieger. Ich lebe als Krieger, ich bin ein Krieger, und zwar ein guter Krieger. Ich bin ein Vollblut, das seinen Auslauf braucht. Und damit will ich keineswegs behaupten, ich wäre ein Soziopath, der Kriege anzettelt, nur um in seinen Mech steigen und töten zu können. Ich habe das Bedürfnis und akzeptiere die Verantwortung dafür zu tun, was nötig ist, um die Freiheit meines Volkes zu erhalten. Hören Sie, Sie haben völlig recht damit, daß Planung und Urteilsfindung ein lebenswichtiger Bestandteil dieser Operation sind. Ich habe Spaß daran, ich gehe darin auf, und ich glaube, meine Sache gut zu machen.«
»Das tun Sie allerdings.«
»Aber das Problem bei der Sache ist, daß es alles Theorie bleibt. Ich brauche es, unten auf der Planetenoberfläche zu stehen, meinen Mech zu steuern, den Kontakt mit der Wirklichkeit des Kriegs zu halten. Ohne diesen Kontakt werde ich irgendwann Fehler begehen, die ich mir nicht leisten kann.« Er sah zu Focht hoch. »Sie haben in Ihrem Leben genug Erfahrung gesammelt, um möglicherweise nicht mehr kämpfen zu müssen. Sie haben die Schule durchlaufen, die mir noch fehlt.«
»Und wenn der Unterricht Sie umbringt?«
»Dann war ich offensichtlich von vornherein nicht gut genug für die Aufgabe.« Victor öffnete die Hände und preßte sie auf die Tischplatte. »Außerdem muß ich selbst kämpfen, um den Respekt meiner Truppen zu behalten. Machen wir uns nichts vor, meine bisherigen Leistungen sind so berauschend nicht. Meine erste Einheit wurde auf Trellwan aufgerieben. Auf Twycross wäre ich gefallen, hätte Kai mich nicht gerettet. Auf Alyina wäre ich fast wieder gestorben, aber Kai hat mich auch da rausgepaukt. Sicher, auf Tentiente haben die Untoten Hohiro befreit, aber die Intervention seiner Einheit hat mich aus einer kitzligen Lage gerettet. Bleibt schließlich Coventry, wo es nicht zur Schlacht gekommen ist, glücklicherweise, denn selbst wenn wir gewonnen hätten, die Verluste an Menschen und Material hätten es zu einem Pyrrhussieg gemacht.«
»Kai, Hohiro, Phelan und die anderen respektieren Sie, und die Truppen spüren das«, meinte Focht.
»Aber das kann sich ändern.« Victor zuckte die Achseln. »Mag sein, daß ich es mir einbilde, aber ich fühle mich wie ein Hochstapler. Ich habe reichlich Verantwortung und gleichzeitig jede Menge Zweifel. Ich warte ständig darauf, daß mich jemand entlarvt und beweist, daß ich meine Stellung nicht verdiene. Wenn ich in den Kampf ziehe, gibt mir das die Möglichkeit, meinen Wert unter Beweis zu stellen. Ergibt das einen Sinn?«
»Natürlich.« Der Präzentor Martialum sah ihm in die Augen. »Glauben Sie etwa, der erste Fürst zu sein, der solche Zweifel hat? Alle wirklichen Menschenführer zweifeln an sich selbst. Ich vermute, daß Ihr Vater wegen einiger seiner Entscheidungen schlaflose Nächte hatte. Von Ihrer Großmutter weiß ich es. Sie wußten, wann es Zeit war, zu kämpfen und wann, zu führen.«
Victor nickte. »Sie wollen mir damit sagen, für mich sei es Zeit, zu führen und nicht, zu kämpfen?«
»Noch nicht.« Der Präzentor Martialum schenkte Victor ein wärmendes Lächeln. »Ich wollte nur sichergehen, daß es Ihnen darum geht zu kämpfen und nicht, gekämpft zu haben. Wenn Sie nur auf Schuyler abgeworfen werden wollten, um in Ihrem Mech zum Parder-Hauptquartier zu marschieren und den Sieg zu verkünden, hätte ich Sie nicht weggelassen.«
»Das würden Sie mir zutrauen?«
»Nicht, solange der Krieger in Ihnen die Oberhand über den Politiker hat.« Focht verschränkte die Arme vor der Brust. »Na los, sehen Sie nach Ihrer Einheit. Ich werde die Befehle geben, die unsere Reserve umgruppiert, um auf die Parder-Offensive zu antworten. Bis wir fertig sind, werden die Parder gemerkt haben, daß wir Ernst machen, und weitere Truppen hier herunter schicken. Diana wird schutzlos zurückbleiben. Sie werden feststellen, daß wir unseren Scipio Africanus auch kennen, und daß sie weit mehr mit den Karthagern gemein haben, als sie sich jemals hätten
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