BattleTech 43: Der Kriegerprinz
den Clans zu beweisen, daß es kein unabänderliches Schicksal ist, sondern eine Entscheidung, und zwar eine Entscheidung, die man wann immer möglich ver- meiden sollte. Und jetzt und hier habe ich eine Chance, diese Entscheidung zu treffen. Ich bin mit den besten Kriegern der Freien Inneren Sphäre ausgezogen. Wir haben die Clans besiegt. Ich habe meine Arbeit getan und jetzt die Gelegenheit, mich ins Zivilleben zurück- zuziehen.« Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Und Theodore, bitte glauben Sie mir, daß ich damit die draconischen Kriegertraditionen nicht beleidigen will. Ich ehre sie und bin gelegentlich so arrogant, mir einzubilden, daß ich sie verstehe. Ein Punkt, den ich sehr gut verstehe, ist, daß ein Krieger seine Laufbahn manchmal aufgibt, um ein anderes Leben zu führen. Er zieht sich in ein Kloster zurück - wie Yorinaga Kurita.«
»Oder Ihr eigener Morgan Kell.«
»Stimmt.«
»Aber beide sind ins Kriegerleben zurückgekehrt, als man sie brauchte.«
Der jüngere Mann lächelte. »Vielleicht werde ich das ja auch tun.«
»Was würden Sie statt dessen tun?«
»Nun, Sie haben mir die Gastfreundschaft Ihres Pla- neten angeboten, und Omi hat einen Garten, der Pflege benötigt.« Victor senkte den Kopf. »Klingt es seltsam, daß ich in einem Garten herumstochern und Leben heranzüchten möchte, statt es irgendwo anders zu zer- stören?«
»Keineswegs, und sogar äußerst ehrenhaft.« Auch Theodore beugte sich über den Tisch. »Sie stehen vor einer Wahl, zu der ich niemals eine Gelegenheit hatte. Sie sind meinem Vater nie begegnet, aber er ähnelte sehr Ihrem eigenen. Er hat mich gedrängt, der Erbe zu werden, den er sich wünschte, weil ich sein einziges Kind war, und weil er wußte, in welcher schwierigen Lage sein Reich steckte. Er hatte keinen so beschwich- tigenden Einfluß wie ihre Mutter. So wie ich meinen Vater und auch den Ihren kannte, schätze ich, daß die beiden zwar ihre Probleme mit dieser Entscheidung hätten, sie aber doch respektieren würden. Der Krieg ist zu entsetzlich, um ihn als Hobby oder Berufung zu verstehen. Daß Sie allein schon erkennen, daß es eine Wahl gibt, eine Gelegenheit, sich für etwas anderes zu entscheiden, macht Sie zu etwas ganz Besonderem.«
»Domo arigato.« Victor reckte sich und gähnte in die vorgehaltene Hand. »Verzeihung, aber der Tag war doch recht anstrengend.«
»Ja, das kann ich mir vorstellen.« Der Koordinator stand auf und ging zur Tür. »Ich werde einen Wagen rufen, der Sie zu Omis Palast bringt.«
»Noch einmal, danke.« Victor lächelte Theodore an. »Und ich haben Ihnen noch gar nicht dafür gedankt, daß Sie Omi und mir diese Gemeinsamkeit gestatten. Auf Grund Ihrer Wünsche hatten wir uns damit abge- funden, getrennte Leben führen zu müssen. Ich habe sogar ...« Victor lachte »...mit dem Gedanken gespielt abzutreten, damit die Politik uns nicht länger trennen kann.«
Der Koordinator schmunzelte. »Ich habe mich zu Be- ginn wegen der Spannungen zwischen unseren Nationen gegen Ihre Verbindung gestellt, aber ich bin immer davon ausgegangen, daß eine wahre Liebe zwischen Ihnen beiden diese Schwierigkeiten überwinden würde.«
»Ihre Tochter hat sich immer treu an Ihre Befehle gehalten.«
»Das weiß ich.« Theodore winkte Victor durch die Tür in den Gang. »Ich weiß nicht, ob Sie davon wissen, aber ich habe meine Frau heimlich geheiratet, und sehr gegen die Wünsche meines Vaters. Ich bin froh, daß Omi eine Möglichkeit gefunden hat, ihren unabhängi- gen Geist und ihr Pflichtbewußtsein unter einen Hut zu bringen.«
»Sie ist eine ganz besondere Frau. Sie ist die einzige, die ich je geliebt habe, und die einzige, die je zu lieben ich mir vorstellen kann.«
»Dann danke ich Ihnen, Victor. Ich weiß jetzt, daß die Zukunft meiner Tochter gesichert ist.« Der Koordi- nator deutete eine kurze Verbeugung an. »Ich schicke Ihnen einen Fahrer. Gute Nacht. Schlafen Sie gut.«
Victor erwiderte die Verneigung und sah Theodore nach. Als das Geräusch seiner Schritte verklang, wurde dem Prinzen plötzlich klar, daß er zum erstenmal seit einer scheinbaren Ewigkeit allein war. Er lächelte. Aber seine Freude erstarb jäh, als ein kalter Schauer sein Rückgrat entlanglief. Ich bin wirklich allein. Meine Na- tion ist verloren.
Der Gedanke an Omi, die auf ihn wartete, verdrängte das Schaudern, aber eine andere, seltsame Empfindung nahm dessen Platz ein. Er drehte sich um und starrte auf einen tiefen Schatten links von sich.
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