Battletech 46: Die Natur des Kriegers
Reserve, die sich einen Kilometer nördlich zu einer Schlachtreihe formiert hatten. Zwischen den beiden Linien leitete Aris Sung mit einem einzelnen Zug HiritsuHausinfanteristen den Gefangenenaustausch und fühlte sich dabei wie eine Zielscheibe auf dem Schießstand. Während er auf die Stellungen der St.Loris-Heimatmiliz zu marschierte, bedauerte er einen Augenblick lang die Entscheidung, ihnen fast das Doppelte an Truppen zuzugestehen. Jeder von uns mag zwei von ihnen wert sein, aber es ist trotzdem kein angenehmes Gefühl, ins Fadenkreuz so vieler Sturmgewehre zu laufen.
Der Befehl über BattleMechs hat mich weich werden lassen, nahm Aris sich zusammen. Dieser Einsatz hier im Feld heute ist eine notwendige Erinnerung.
Ursprünglich hatte Ty Wu Non vorgeschlagen, Li Wynn sollte den Gefangenenaustausch überwachen. Aris hatte seinem Schützling in seiner Eigenschaft als dessen Sifu einen anderen Auftrag erteilt und den Befehl über den Austausch selbst übernommen. Er hatte diesen Austausch arrangiert, um seinen Schwur umzusetzen, an einer Verringerung der blindwütigen Gewalt zu arbeiten, die beide Seiten in diesem Konflikt an den Tag legten. Falls irgend etwas dabei schiefging, verdiente er es, die vollen Konsequenzen zu tragen. Außerdem legte Li Wynn in jüngster Zeit eine Haltung an den Tag, die ihn nicht gerade für eine diplomatische Mission geeignet erscheinen ließ. Dieser Gefangenenaustausch, so hoffte Aris, sollte der nächste Schritt bei dem Versuch sein, eine Eskalation des Konflikts auf St. Loris in eine ganz und gar unkontrollierte Vernichtungsschlacht zu verhindern. Die Nervengasanschläge haben die Spannungen bis an den Zerreißpunkt erhöht, auch wenn sie fast alle abgewendet werden konnten. Das hier muß gelingen.
Aris hielt den Infanteriezug am vereinbarten Punkt an und wartete auf die Paktsoldaten, die mit ihren nächsten fünf Gefangenen die letzten zehn Meter zurücklegten. Aris erkannte Jasmine Troy unter den Gefangenen, eine seiner MechKriegerinnen. Das Bein provisorisch eingegipst. Bleich, mit etwas eingefallenem Gesicht. Viele der Gefangenen zeigen ähnliche Spuren der Vernachlässigung, dachte Aris. Aber sie sind gesund und kommen nach Hause. Dies ist nicht der Zeitpunkt, sich deswegen zu ereifern. Er war so mit dem Auftauchen einer seiner vermißten Kriegerinnen beschäftigt, daß er die Pakt-Kriegerin, die kurz vor Erreichen des Austauschpunktes die Eskorte verließ, fast übersehen hätte.
»Sie, Kapitän. Sind Sie Aris Sung?«
Fast hätte er die Frage ignoriert, überzeugt, daß die bewußte Anrede mit einer Rangbezeichnung der Vor-Xin-Sheng-Ära - und dazu noch der regulären Armee - eine bewußte Beleidigung darstellte. Die Regeln dieses Austausches erfordern keine Unterhaltung. Sie bringen je fünf Gefangene an den Übergabepunkt, und wir tun das gleiche. Nicht mehr. Aber ein verstohlener Blick auf die aufmüpfige Kriegerin, während er sich schon abwandte, ließ ihn noch in der Bewegung innehalten. Aris verbarg seine Überraschung und ruckte ihr kurz zu.
»Majorin Allard-Liao«, begrüßte er sie. »Ich hatte nicht erwartet, Ihnen hier zu begegnen.«
Sie ignorierte selbst die einfachsten Höflichkeitsregeln. »Ich wollte den Konföderationskrieger mit soviel Qiù sehen, daß er an einem Tag mit drei Schwarzer-Lenz-Anschlägen einen Gefangenenaustausch vorschlägt.« Ihr Ton war grob und feindselig und ließ keinerlei Vergebung erwarten.
Aris spürte die wachsende Anspannung unter seinen Infanteristen, als diese Cassandra Allard-Liaos herausfordernden Tonfall hörten. Mehr als einer von ihnen überlegt sich, ob es den Zorn Ty Wu Nons wert ist, sie zu erschießen. Der Shiao-zhang hatte sicheres Geleit garantiert, und unter den meisten Umständen hätte das auch genügt. Aber Aris wußte aus eigener Erfahrung, daß manche Krieger zu weit getrieben werden konnten.
»Operation weiterführen«, sagte er knapp und vertraute darauf, daß Ban-zhang Chess den Austausch überwachte. Cassandra gegenüber zuckte er nur die Schultern. »Wir koordinieren unser Vorgehen nicht mit verbrecherischen Thugee-Fanatikern«, stellte er mit leiser, ruhiger Stimme fest. Er ging zwar nicht davon aus, daß sie ihm das geglaubt hätte, aber die Nervengasanschläge widerten ihn an. Er fand sie erbärmlich. Ein Anzeichen des Verlustes an Moral, der auf beiden Seiten dieses Krieges stattfand, den auszutragen Aris' Pflicht war. Daß ihn das in Konflikt mit seiner Nation, mit seinem Haus brachte, war etwas,
Weitere Kostenlose Bücher