Battletech 46: Die Natur des Kriegers
Klippen und Tälern schon auf Distanzen von nicht mehr als fünfhundert Metern geschehen konnte. »Diesen Treffer stecke ich ein, Sang-shao.« Das war die Stimme von Sao-shao Evans, Tahos Kommandeur. »Ich habe sein Feuer hier herunter gezogen, um mir beim Abschuß eines hübschen neuen Kosak zu helfen. Die FreiCaps stecken immer nur für einen kurzen Moment den Kopf aus dem Loch, und ich wollte sichergehen, daß wir ihn erwischen. Außerdem erwarten wir einfach nicht, daß Sie unsere Hilfe brauchen«, schloß Evans, und selbst die schlechte Funkverbindung konnte den Humor in seiner Stimme nicht verbergen.
Der Kommandeur der Hustaing-Rabauken nahm das versteckte Kompliment mit einem Zähneknirschen entgegen. Das Schlachtfeld ist nicht der Ort für Belehrungen oder Predigten, erinnerte er sich, sondern für harschere Lektionen. Aber im Stillen versprach er Evans eine gehörige Standpauke, wenn dieses Gebiet erst sicher war. Nicht, daß er sich davon viel versprochen hätte.
Es fiel schwer, gegen den Erfolg anzureden. Die desorganisierten und nachschublosen FreiesCapella-Truppen auf Indicass waren in die Flucht geschlagen, und jetzt kämpften Dohs HustaingRabauken um Ambergrist. Die Rabauken waren von ihrem Sieg in Hochstimmung versetzt worden. Solche Gelegenheiten waren selten in der Geschichte des Capellanischen Heers, aber nicht völlig unbekannt, und er wollte seinem Regiment den Augenblick nicht trüben.
Unglücklicherweise gingen seine Kinder-Krieger viel zu nachlässig mit seinen Ratschlägen um. Sie gingen weiter Risiken ein, die einen Krieger gewöhnlich schnell zum Entrechteten gemacht hätten. Aber spielte das eine Rolle, solange sie damit noch Erfolg hatten? Wenn die FreiCaps jemals Zeit bekamen, zu erkennen, wie waghalsig Dohs Leute agierten, konnten sie deren Siege sicherlich sehr viel kostspieliger machen. Der Trick bestand darin, das Regiment auf den Moment vorzubereiten, von dem an ihr Widerstand zäher wurde.
Zumindest war das die Lehre, die der Sang-shao aus seiner langen Karriere gezogen hatte, eine harte Lektion aus den dunkleren Tagen der Konföderation. Aber trotz des holprigen, unorthodoxen Starts der Einheit hatten die Hustaing-Rabauken noch keine wirkliche Niederlage erfahren. Keine stahlharte, knochenbrechende Niederlage, die neuen Rekruten den Irrglauben austrieb, unsterblich zu sein.
Ni Tehn Dho konnte nur hoffen, daß seine Rabauken sie nie erleben würden, um ihrer selbst und des größeren Ruhms der Konföderation willen; aber er hielt die Wahrscheinlichkeit, daß sich diese Hoffnung erfüllte, für mehr als gering. Der Krieg hatte seine Zyklen, wie alles im Leben. Wenn unsere Zeit gekommen ist, kann nichts die Katastrophe aufhalten.
Ich kann nur hoffen, dann noch hier zu sein, um beim Aufsammeln der Scherben zu helfen.
* * *
Treyhang Liao haßte Ambergrist. Kein Gesellschaftsleben, das der Erwähnung wert gewesen wäre, keine guten Urlaubsziele, keine großen Sportereignisse. Dieser Planet besaß absolut nichts, was ihn den Besuch wert gemacht hätte. Auf seinen Reisen hatte er niemals irgend jemanden eine Saison auf Ambergrist erwähnen hören, und jetzt wußte er auch, warum nicht. Er kippte mit geübter Drehung aus dem Handgelenk seinen Gibson, so daß die winzige Zwiebel im Glas blieb, während die Flüssigkeit sich einen warmen Weg durch seinen Hals bahnte. Na, wenigstens produziert dieser Dreckball einen trinkbaren Wermut.
Indem er sich auf die Bewegung Freies Capella berufen hatte, war Treyhang zum zeitweiligen Besitzer eines Landguts weitab des Kampfgeschehens geworden. Auf dem vertrauten Weg vom Sessel zur Bar des Arbeitszimmers kam er an etwas anderem vorüber, das er beinahe schon zum Mobiliar zählen konnte. »Wollen Sie wirklich nichts zu trinken, Major?«
Warner Doles stand kurz davor, zu einem weiteren Punkt auf Treyhangs Haßliste zu werden. Beide Männer waren auf Ambergrist, weil die Bewegung Freies Capella überall auf dem Planeten Anhänger hatte und nach der Flucht von Indicass alle Sprungschiffe Kurs hierher genommen hatten. Zunächst hatte Treyhang die Gesellschaft des Lancier-Offiziers begrüßt, weil es ihn störte, wie die übrigen Soldaten des Freien Capella ihn anhimmelten, genau wie sie zuvor... andere angehimmelt hatten. Treyhang war ein Genußmensch und legte großen Wert auf Anerkennung in den richtigen Kreisen, aber Speichellekker gingen ihm auf die Nerven.
Der Major irritierte ihn allerdings auf eine andere Weise. Der hünenhafte Offizier der
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