Battletech 46: Die Natur des Kriegers
Steuersignale reagiert, und eine durch die Nervenschäden hervorgerufene Veränderung seiner Hirnwellenmuster hatte die Steuerung über den Neurohelm nicht nur gebremst, sondern dem jungen MechKrieger auch Kopfschmerzen von einer stechenden Intensität eingetragen, die ihn fast in den Wahnsinn getrieben hatten. Degenerative Feedbackanomalie lautete der Fachausdruck für diese Symptome. Sie waren dank verbesserter Neurosignalschaltkreise seltener geworden, konnten aber nach Gefechtsverletzungen immer noch auftreten. Meistens war eine Schädelverletzung die Ursache, aber das von Wei stammende Nervengas hatte eine ganz ähnliche Wirkung. »Geduld«, hatte der Arzt ihn ermahnt, der die DFA festgestellt hatte. »Sie müssen Geduld haben.«
Doch seine Augen hatten ihn verraten, und Cassandra war sicher, daß Tamas die Wahrheit ebenso darin gelesen hatte wie sie. Es war gut möglich, daß er nie wieder einen Mech steuern würde. Schon die Erinnerung an diesen Augenblick genügte, daß Cassandra sich schüttelte. Das hätte ich sein können.
»Da fliegen sie«, sagte Tamas und senkte sein Fernglas. Unter dem Overlord stieg eine Rauchwolke auf, als Flammenzungen aus den riesigen Triebwerksdüsen schlugen und den Boden verbrannten. Dann löste sich der Wolkenkratzer auf einer Feuersäule von der Oberfläche St. Loris'. Die beiden kleineren Schiffe der Union -Klasse folgten in perfektem Synchronstart, und als letztes Schiff hob der Sucher Infanterietransporter ab.
Die vier Schiffe nahmen eine lockere Rautenformation ein, während sie ins All stiegen. Der Overlord drehte sich, und das Konföderationswappen auf seinem Rumpf kam in Sicht. Selbst auf diese Entfernung konnte Cassandra das Damdao erkennen, das aus dem fünfzig Meter hoch auf den schlachtschiffgrauen Rumpf gemalten, auf der Spitze stehenden Dreieck ragte. Das mußte die Dainwu sein, Ty Wu Nons Flaggschiff. Sie fragte sich kurz, in welchem der beiden kleineren Union -Schiffe wohl Aris Sung mitflog, dann strich sie ihn aus ihren Gedanken.
Auf Nimmerwiedersehen, verabschiedete sie die Haus-Krieger. Sie bedauerte nur, daß der Abflug Haus Hiritsus nicht in größerem Maße auf die Leistungen ihrer Lanciers und der Leichten Reiter zurückging, aber wenigstens waren sie fort.
»So, Haus Hiritsu hat St. Loris verlassen«, stellte Tamas fest, als hätte er Cassandras Gedanken gelesen. Er ließ das Fernglas langsam zurück auf seine Brust sinken. »Zwei Kriegerhäuser mit Zerstörereskorte. Spica?« fragte er mit Blick auf das nächstgelegene Paktsystem, dessen Siedlungswelt sich der Pakt mit dem Vereinigten Commonwealth teilte. »Oder Tantara?«
Cassandra hatte sich dieselbe Frage gestellt. »Das Kriegsschiff würde einen Sinn ergeben, wenn sie beim Angriff auf Spica mit VerCom-Gegenwehr rechnen.« Sie seufzte. »Aber auch für Tantara, weil es tief im Paktraum liegt und uns als Logistikzentrum für die Teng-Front dient.« Sie kaute nachdenklich auf der Unterlippe. Dann schüttelte sie den Kopf. Sun-Tzus Pläne erraten zu wollen, ist, als würde man versuchen, Ordnung aus Chaos zu erzielen. Er hat es sogar geschafft, Kai eine Falle zu stellen, was eine gehörige Leistung ist. »Mit einem Doppelsprung können sie von hier aus jedes System des St. IvesPaktes angreifen. Wir werden früh genug erfahren, wo sie zuschlagen.«
»Früher als uns lieb ist«, stimmte Tamas zu, und seine Worte spiegelten Cassandras Gedanken wider. Er drehte sich mit undurchschaubarer Miene zu ihr um. »Du verläßt uns?«
Nach kurzem Zögern nickte Cassandra. »Ja. Das 1. Regiment der Kosaken kehrt nach St. Loris zurück, und damit seid ihr der Panzerbrigade gewachsen. Der Nachrichtendienst hält es für unwahrscheinlich, daß das 151. Geschwader sich weit über die Grenzen Pardrays hinauswagt. Wir sind zur Überholung nach Tantara beordert und dann nach Ambergrist, wo wir gehörig einstecken müssen.« Letzteres hatte sie eigentlich für sich behalten wollen, weil es zu verbittert klang. Sie wußte wohl, daß sie in Tamas' Nähe zu entspannt war. Aber bei den Göttern, ich brauche hier draußen jemanden, der mich bei Verstand hält. Und bis sie jetzt gerade zugegeben hatte, daß sie abflog, war ihr nicht klar geworden, wie sehr sie ihn vermissen würde.
Ihre offensichtliche Niedergeschlagenheit rang Tamas ein dünnes, humorloses Lächeln ab. »Immer noch müde, immer nur zu reagieren?« fragte er.
Sie nickte. »Mehr denn je«, gab sie zu. »Jetzt, da Kai nach der Schlacht um Capella nach Hause
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