Battletech 46: Die Natur des Kriegers
humpelt, müssen wir eine neue Offensive gegen den Konföderationsraum ankurbeln. Kalis Todesherrschaft hat die Anstrengungen auf beiden Seiten dieses Krieges zurückgeworfen.« Sie bedauerte ihre Bemerkung kurz, als Tamas zusammenzuckte, aber dann sprach sie weiter: »Und jetzt liegt es daran, wer die Initiative zurückgewinnt.«
Unwillkürlich schauten sie beide nach oben, den hellen, kleiner werdenden Lichtpunkten nach, die Haus Hiritsus Landungsschiffe auf dem Weg zu einem Kriegsschiff der Konföderation Capella ausmachten. Keiner von ihnen sprach es aus.
»Du hast an der Teng-Front Wunder vollbracht, Cassandra«, sagte Tamas nach einem tiefen Atemzug. »Falls du vergißt.«
Cassandra konnte an dem stärker werdenden slawischen Akzent und daran, wie er unwichtige Satzteile verschluckte, erkennen, wie sehr ihn das Gespräch erschöpfte. Sie versuchte, sein Lob abzuwehren, ihm Gelegenheit zur Erholung zu geben, aber Tamas schüttelte den Kopf. »Ohne dich wären auf Indicass viele Leichte Reiter gefallen. Wir vergessen das nicht. So wenig wie andere, denen du hilfst.« Er machte eine Pause, um mehrere Male tief einzuatmen. Ein leichtes Röcheln ließ die Anstrengung erkennen, die es ihn kostete. »Du hast viel gutes...« Er stockte, suchte erkennbar nach dem richtigen Wort, »...viel gutes Karma aufgebaut. Du wirst deinen Wunsch bekommen.«
Cassandra wußte Tamas' Anstrengung zu schätzen, auch wenn sie nicht viel dazu beitrug, die Sorge zu vertreiben, die ihr deutliches Magengrimmen verursachte. »Dann wünsche ich mir einen Angriff auf Sian.« Jetzt seufzte sie. »Irgendwann. Aber erst einmal heißt es Tantara und dann Ambergrist.«
Tamas nickte. »Wenn du in Offensive gehst, komm mich erst abholen«, sagte er.
Sie blinzelte überrascht. »Dich abholen?« fragte sie.
»Mich und meine Kompanie. Du brauchst manchmal einen Aufpasser.« Tamas' Ton klang lokker, aber sein Gesicht war ernst. »Sind wir einig, Cassandra Allard-Liao?«
Noch ein Jahr zuvor - noch einen Monat zuvor hätte Cassandra die Andeutung, daß sie nicht selbst auf sich aufpassen konnte, möglicherweise als Beleidigung aufgefaßt. Allermindestens hätte sie das Gespräch auf ein anderes, lockereres Thema gelenkt. Aber Tamas hatte sich das Recht, sie auf ihre Schwächen anzusprechen, mehr als verdient, und sie wollte seine Sorge um ihr Wohlergehen nicht leichtfertig abtun.
»Wir sind uns einig, Tamas Rubinsky«, erklärte sie förmlich und mit leichter Verneigung.
Bei ihren Worten verrutschte Tamas' ernste Maske etwas. »Gut. Nun gehen wir zu deinem Mech. Ich habe Flasche und Gläser dort.«
Von seinem Akzent und der eigenen Müdigkeit benebelt brauchte Cassandra mehrere Sekunden, um zu verstehen, was er gesagt hatte. »Du hast was?«
»Wodka«, erklärte Tamas. »Und zwei Gläser. Versteckt in Cestus. Bei Leichten Reitern, wir trinken auf Versprechen. Du erinnerst dich.«
Cassandra hätte nicht sagen können, warum sie über seine Vorbereitungen hätte überrascht sein sollen. Genau diese Aufmerksamkeit war sie von Tamas Rubinsky gewohnt. »Ich erinnere mich«, stellte sie fest. »Dankbar.« Sie deutete zur Baumlinie und reichte ihm den Arm. Wenn schon nichts anderes, ermahnte sie sich, dann nimm wenigstens diese Lektion von den Kosaken an und lerne, den Augenblick mit einem Freund zu genießen. Laß die Sorgen von Morgen für Morgen.
Ein guter Rat, wenn es ihr nur gelungen wäre, die nagenden Zweifel zu verdrängen, die sie plagten.
Ein letzter Blick nach oben, aber von Haus Hiritsu war nichts mehr zu sehen.
STURMREITER
Dein Ziel muß es sein, Alles-unter-dem-Himmel intakt zu erobern. Dann sind deine Truppen nicht erschöpft, und dein Sieg ist vollkommen. Das ist die Kunst der offensiven Strategie.
- Sun Tzu, Die Kunst des Krieges
Falls es unmöglich erscheint, die militärischen Vorteile zu erringen, die zuvor so offensichtlich schienen, muß sich ein Herrscher zwei schweren Fragen stellen, wenn er nicht auf Dauer seine Ruhe verlieren will. Was ist das Ziel? Ist es den zu zahlenden Preis wert?
Was mich betrifft, ich kann beide beantworten und schlafe daher tief und fest.
- Sun-Tzu Liao, Tagebucheintrag vom 8. Oktober 3062, Sian
20
Matawan Fiats, Distrikt Jersey, Nashuar Xin-Sheng-Kommunalität, Konföderation Capella
19. Juni 3062
Die Luft flimmerte in der Hitze der unerbittlich auf das Schlachtfeld herabstrahlenden Sonne Nashuars, und die Außentemperaturen stiegen auf kaum erträgliche vierzig Grad Celsius. Bei den noch höheren
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