BattleTech 49: Gezeiten der Macht
auf.
»Also dann«, sagte er sich, als das Warnlicht grün aufblinkte. Dann leuchtete es stetig und Arthur sprach live zu vierzigtausend Menschen. Seinen letzten Gedanken konnte er nicht mehr aussprechen, nicht vor der aktiven Holokamera und den eingeschalteten Mikrofonen. Aber er war da.
Verzeih mir, Victor.
* * *
Tancred Sandoval stand neben seinem Vater und beobachtete das Geschehen aus der privaten Stadionloge der Sandovals, in der sie sich mit anderen Familienmitgliedern und zahlreichen adligen Freunden versammelt hatten. Selbst hinter dem schützenden Panzerglas konnte er die Energie der abertausend Menschen unter ihnen spüren. Sie war wie eine statische Ladung, unter deren Einfluss sich die Haare in seinem Nacken aufstellten.
Er hatte noch nie ein so volles Stadion erlebt. Übervoll sogar. Menschen verstellten die Aufgänge, und Tausende drängten sich auf dem Spielfeld, nur von leuchtend gelben Sperrseilen und viel zu wenig Posten zurückgehalten. Angesichts der zunehmenden Gewalt bei den kombinatsfeindlichen Kundgebungen der letzten Zeit war das Stadion ein Pulverfass, das auf den Zündfunken wartete.
Es wartete auf Arthur Steiner-Davion.
Heute würden weder Tancred noch James Sandoval reden. Tancred hatte sich geweigert, die Kundgebung über seine unvermeidliche Anwesenheit hinaus zu unterstützen, und Herzog Robinson legte Wert darauf, dass dieser Tag ganz Arthur gehörte. Ein paar Verwandte würden später noch kurz auftreten, obwohl Tancred besorgt um ihre Sicherheit war. Commander General Mai Fortuna stand bereits auf der Spielfeldbühne, an ihrer Uniform mit den messerscharfen Bügelfalten und Orden aus dreiundvierzig Dienstjahren [deutlich zu erkennen. Aber sie war eine der Heldinnen Robinsons. Tancred hatte keine Bange, dass sie von dieser Menge irgendetwas zu befürchten hatte. Mit Fanfarenschall füllte plötzlich Arthurs Bild den riesigen Magnavisionsschirm, der an der Westseite des Stadions über den rund vierzigtausend Besuchern aufragte. Das laute Hintergrundgemurmel erstarb und machte gespenstischem Schweigen Platz, wobei sich allerdings nicht sagen ließ, ob die Menge verschreckt oder gebannt war.
Die blauen Augen des jungen Herzogs leuchteten mit einer inneren Kraft, die Tancred an den furchtlosen Blick Hanse Davions erinnerte. Aber sein stolzes, beinahe trauriges Lächeln... das war Melissa, Arthurs Mutter.
Tancred war sich sicher, dass auch Tausende von Zuschauern diese Ähnlichkeiten bemerken würden, bewusst oder unbewusst. In Arthurs Zügen spiegelte sich das Beste beider Welten.
»Die Geschichte lehrt uns«, begann Arthur seine Rede, »dass selbst in den finstersten Zeiten das Licht der Hoffnung und der Zukunftsträume den Weg voran weist, während selbst die hehrsten Glücksmomente lange Schatten werfen, die drohen, sich zu neuer Finsternis auszuweiten. Solche Geschehnisse, ob gut oder schlecht, sind von Bedeutung für die Menschheit. Denn am Gipfel der Geschichte, an jenen Scheitelpunkten der Entwicklung, wenn grosse Ereignisse sich anbahnen und selbst die größten Fürsten zwingen, über sich hinauszuwachsen, ist der Weg des Einzelnen, der Masse, des Commonwealth um Nichts leichter.«
Tancred ertappte sich dabei, dass er nickte, fing sich aber und zwang sich, stattdessen auf die Gedanken hinter den mitreißenden Worten zu achten. Was auch immer er sich von Arthurs Eröffnung erwartet hatte mit dem, was er hier und jetzt hörte, hatte es nichts zu tun. Arthurs frühere Reden hatten mitten im Geschehen eingesetzt, um die Gefühle seiner Zuhörer zu packen und zustimmend mitzureißen. Diesmal schier es ihm darum zu gehen, das Fundament für etwas anderes zu legen. Etwas Größeres.
»Solche Zeiten«, fuhr er fort, »fordern große Opfer in allen Schichten. Das Erdulden von Härten. Eine selbstlose Bereitschaft, jedes Opfer zu ertragen. Aber gekoppelt mit den Forderungen der Geschichte ist die unumgängliche und unveräußerliche Freiheit der Meinung. Das Recht, unseren Ängsten und Sorgen eine Stimme zu geben, unsere Wünsche und Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen, wird umso unentbehrlicher. Denn kein Fürst kann sich anmaßen, seine Ansichten über die der Menge zu stellen.«
Tancred bemerkte den verkniffenen Mund seines Vaters und dessen ständigen Blick auf die Uhr. Und mit gutem Grund. Arthur hatte eine vierzigminütige Rede versprochen, und schon nach einer knappen Minute hatte keiner der beiden Sandovals auch nur einen Schimmer, worauf Arthur hinauswollte.
Aber wo
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