BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
noch gab. Und Sterncolonel Dirk Radick war der radikalste der Wölfe.
Als Kommandeur des 7. GefechtsSternhaufens hatte er sich einen Ruf als absolut skrupelloser Killer erworben. Zu seinen Zielen gehörten auch die Freigeburtskrieger seines Clans genau wie aller anderen. Er hatte Freigeburten abgeschlachtet, wo immer sich die Gelegenheit bot, und seiner Einheit den Beinamen die Blutsäufer eingetragen, einen Spitznamen, den er wie eine Auszeichnung trug.
Radick genoß seinen Ruf besonders deshalb, weil er andere dazu verleitete, ihn als unkontrolliert und waghalsig zu sehen, mehr von seiner Wut gesteuert als von klarem Verstand. Die Wahrheit sah ganz anders aus. Dirk Radick war verschlagen und berechnend. Er hatte Spaß daran, seine Feinde und sogar einige seiner Anhänger glauben zu machen, er sei impulsiv und überhastet. Das verschaffte ihm einen Vorteil beim Bieten und im verschachtelten Labyrinth der internen Clanpolitik.
Er blätterte um und las konzentriert weiter. Der Ausdruck in seiner Hand war ein Bericht der Clanwache, des Geheimdienstes der Clans. Jeder der Clans unterhielt seine eigene Wache, die Freunde und Feinde gleichermaßen beobachtete. Vor der Invasion der Inneren Sphäre hatten die Clans keinen Bedarf für verdeckte Ermittlungen und Geheimdienste gehabt. Aber jetzt, wo sich die Clans in der Inneren Sphäre aufhielten und ständig in Auseinandersetzungen untereinander verwickelt waren, war es nötig geworden, sich darüber zu informieren, was in den anderen Lagern vor sich ging. Radick stockte einen Moment und las einen Eintrag, der seine Aufmerksamkeit erregt hatte, nochmal. Dann noch zwei weitere Male. Sein Mund verzog sich gerade zu einem Lächeln, als jemand an die Tür klopfte. Er sah auf die Uhr. 7 Uhr morgens. Sie war pünktlich wie immer.
»Herein.« Die Tür öffnete sich, und Sterncaptain Jergan trat mit der militärischen Präzision ein, die nur genetische Zuchtauswahl so perfektionieren konnte. Jergan war eine großgewachsene Frau mit dunklem Haar, das von roten Strähnen durchsetzt war. Sie befehligte den Trinärstern Schwert des Wolfs. Er hatte sie zu seiner Stellvertreterin herangezogen, auch wenn sie sicher nichts von seiner Absicht ahnte. Heute bot sich eine gute Gelegenheit, ihr Verständnis auf die Probe zu stellen.
»Guten Tag, Sterncolonel«, begrüßte sie ihn, salutierte und setzte sich ihm gegenüber.
»Ob es ein ›guter Tag‹ ist, hängt vom Standpunkt ab«, brummte Radick. Sie sollte Zweifel bekommen, in welcher Stimmung er war.
»Enthalten die Geheimdienstberichte heute beunruhigende Neuigkeiten, Sterncolonel?«
»Möglicherweise.« Er schob ihr den Bericht über den Schreibtisch zu. »Lies Seite zwei. Sag mir, was dir auffällt.«
Sie nahm das Dokument, warf ihm einen mißtrauischen Blick zu, dann las sie, zweimal.
»Die Geisterbären gruppieren sich um, frapos?« meinte sie schließlich.
»Pos. Das ist das eine.« Radick nahm langsam einen Schluck aus seiner morgentlichen Tasse Kaffee. »Sieh dir den Eintrag für Toffen an.«
Sie überflog die betreffende Passage. »Wie es scheint, ziehen sie die 8. Bärkürassiere von Toffen ab.«
»So ist es. Und sieh dir an, wer sie ersetzt.«
Wieder sah sie mißtrauisch auf den Ausdruck. »Ein frisch ausgehobener Trinärstern.«
Radick grinste breit. »Aye, Sterncaptain.« Er erhob sich und trat um den Schreibtisch. »Ein frisch ausgehobener Trinärstern. Eine unerprobte Einheit ohne direkte Kampferfahrung.« Er deutete auf den Bericht in ihrer Hand. »Sieh dir die nächste Seite an. Lies dir durch, was wir über diese Einheit wissen, und was die Wache über Toffen zu sagen hat.« Sie blätterte um und überflog hastig den Text. Radick beugte sich über den Schreibtisch und aktivierte den eingebauten Holoprojektor. Über der Schreibtischplatte entstand mit kurzem Flackern eine auf das Geisterbären-Dominium zentrierte Karte des ClanInvasionskorridors. An dessen unterstem Punkt leuchtete rot hervorgehoben Toffen.
Jergan schüttelte verhalten den Kopf. »Ein Sterncaptain namens Angela Bekker leitet die Garnison.«
»Ja«, bestätigte Radick und betrachtete konzentriert die Karte. »Ich erinnere mich, ihren Namen schon vor ein paar Monaten in einem Bericht gesehen zu haben. Sie ist bei den Geisterbären recht bekannt. Ein Komet.« Der Begriff bezeichnete in der Terminologie der Clans aufstrebende Kriegerpersönlichkeiten. Radick wußte, daß er von den radikaleren Kreuzrittern selbst so tituliert wurde. Die Tatsache, daß er
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