BattleTech 57: Ein guter Tag zum Sterben
Angaben des Nachrichtendienstes hatte der Archon den Kreuzer Simon Davion zum Schutz dieses wichtigen Systems abgestellt. Um mit diesem Monster fertig zu werden, waren Kampfschiffe notwendig. Doch es gab noch einen zweiten Grund für die Anwesenheit der bewaffneten Sprungschiffe. Sie sollten alle Transportsprungschiffe im System kapern oder vernichten, um die Verteidiger an der Flucht zu hindern und auszuschließen, dass die interstellaren Raumschiffe nach dem Fall der HPG-Station Hilfe alarmierten.
Ein Angriff auf Sprungschiffe war in der modernen Kriegsführung äußerst selten. Selbst beim Kreuzzug gegen Clan Nebelparder war nur eine Hand voll Transporter beschossen worden. Auf ein Sprungschiff zu schießen, geschweige denn, es zu zerstören, wurde von der gesamten Inneren Sphäre als ein Akt krimineller Barbarei angesehen. Aber Hesperus II war ein Ziel von zu überragender Bedeutung.
Die gesamte Operation schien ein Glücksspiel zu sein, aber der Preis war das Risiko wert: Unabhängigkeit für Skye.
6
Myuberge, Hesperus II
Provinz Skye, Lyranische Allianz
22. Juni 3065
»Bewegung, Boxer Drei. Aufschließen«, drängte Hauptmann Daniel Brewer mit leicht vorwurfsvoller Stimme. Roger Karn, der junge MechKrieger im Cockpit des - der KampfLanze von Brewers Kompanie zugeteilten - Apollo, trödelte schon den ganzen Tag. Brewer fragte sich, warum der junge Soldat heute solche Probleme machte. Normalerweise konnte er sich auf Karn verlassen, aber heute schien irgendetwas dessen Leistung zu hemmen. Brewer nahm sich vor, mit dem Mann zu reden, sobald die Streife vorbei war.
Brewers Kompanie war am Tag nach dem ›Fehlalarm‹ der Raumüberwachung zum Streifendienst eingeteilt worden. Das war jetzt sechs Tage her, und seitdem war nichts weiter vorgefallen. Der Oberst hatte planmäßigen Dienst angeordnet, allerdings mit erhöhter Bereitschaft.
Es nagte noch etwas an Brewer, er wusste aber nicht, was es war. Möglicherweise der Sommeranfang, der eine unerwartete Hitzewelle gebracht hatte. Die ungewöhnlichen Wetterbedingungen sorgten für Tagestemperaturen von über dreißig Grad Celsius, auf der sonst eher kühlen Welt geradezu eine Sensation. Die ungewohnte Hitze in Verbindung mit der völlig normalen, aber unter diesen Umständen besonders drückenden Luftfeuchtigkeit ließen Brewer mit dem Gedanken spielen, seine dicken Zöpfe abzuschneiden. Die Haartracht war früher unter lyranischen Kriegeradligen sehr beliebt gewesen, aber das war lange her. Brewer trug sie teilweise als Verbeugung vor der Vergangenheit, aber auch, weil sie ihm gefiel. Letztere Einschätzung schien eine ganze Reihe attraktiver junger Damen zu teilen. Doch in der Hitze eines Mechcockpits waren die schweren Zöpfe fast so schlimm wie ein Schal.
Aber das war es nicht wirklich, gestand er sich ein. Es war mehr, irgendetwas, das über den Krieg und die Rebellion hinausging, und über die drückende Hitze. Oder möglicherweise lag es auch darunter.
Dann fand er ihn, den unbequemen Gedanken, der sich wie ein Splitter in seinen Geist gebohrt hatte.
Daniel Brewer war unmittelbar nach dem letzten Besuch der Gray Death Legion auf Hesperus II der Einheit beigetreten. Damals hatte er auf der anderen Seite gestanden und gegen den Grauen Tod gekämpft. ›Angeheuert‹ hatte er auf Drängen des Archons, als eine Art Friedensangebot, ganz ähnlich der Art, auf die Grayson Carlyle zum Baron von Glengarry geworden war.
Im Laufe der Jahre hatte er weiter als Firmenchef von DefHes fungiert und auch seine Rolle als Herzog von Hesperus II erfüllt. Aber trotz dieser weiter bestehenden Verbindungen hatten seine Loyalitäten sich verlagert. Er empfand noch immer Verantwortung für Defiance und für Hesperus, aber jetzt schien er vorrangig der Legion verpflichtet. Nach Grayson Carlyles Tod fragte er sich, was aus dem Grauen Tod werden und wie seine zukünftige Rolle in der Einheit aussehen würde? Mehr noch, würde es ihm gelingen, unparteiisch zu bleiben, wenn es zu einem Konflikt zwischen der Legion und DefHes kam? Einige der Aufsichtsratsmitglieder waren ganz und gar nicht erfreut gewesen, als er dem Grauen Tod beigetreten war. Kommandanthauptmann Goree, der als Kommandeur der Defiance-Schutztruppe nicht stimmberechtigtes Mitglied des Aufsichtsrats war, hatte mit seinem Missfallen ganz sicher nicht hinter dem Berg gehalten. Würden die stimmberechtigten Direktoren versuchen, ihn als Firmenchef abzuwählen? Bisher hatte es keine derartigen Versuche gegeben, doch
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