BattleTech 58: Drohendes Verhängnis
der George im Grunde seines Herzens zu scheitern glaubte. Es spielte keine Rolle, dass Ereignisse jenseits seines Zugriffs sich verschworen hatten, das Werk seines Vaters zu zerstören, das er jetzt übernommen hatte. Aber es spielte eine Rolle, dass die Menschen in seiner Obhut für seine Unfähigkeit bezahlten, dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten, der das Vereinigte Commonwealth erfasst hatte. Wie eine heimtückische Infektion breitete sich der Bürgerkrieg unkontrolliert im Körper des interstellaren Reiches aus. Seit dem furchtbaren Auftakt drei Jahre zuvor hatte George sein Bestes gegeben, die Bewohner der Mark aus den Kämpfen herauszuhalten, doch es war einfach nicht möglich gewesen. Da gab es zu viel Hass. Zu viel Misstrauen. Zu viel ...
Darüber hinaus empfand er es als zusätzlichen Verrat an seinem Vater, dass er nicht sofort nach der Rückkehr von der Sternenbund-Konferenz hierher gekommen war. Er hatte seine private Zeremonie am Todestag Morgans ausfallen lassen, weil er es nicht über sich gebracht hatte, sich so kurz nach der Konfrontation mit Katherine dem Schatten seines Vaters zu stellen. Er wusste, sie würde schon bald darauf reagieren, und wenn er diese Prüfung ruhigen Gewissens angehen wollte, musste er seinem Vater das Herz ausschütten.
Während seine Gedanken weiterrasten, erinnerten seine Füße sich an den Weg und kamen langsam zum Stehen. Eine nur vom Wind gebrochene Stille senkte sich über den Park, als der letzte Schritt verklang. Minuten vergingen. Weitab dieses Ortes, in der Welt des Duke Hasek, durfte George keine Schwäche zeigen. Hier, vor seinem Vater, in der Majestät und endlosen Gleichgültigkeit der Natur, konnte er den Panzer abstreifen, so dass Zweifel und Unsicherheit an die Oberfläche stiegen. Hier konnte er George sein.
Aber nur für einen Moment. Sein Vater hatte ihn zu gut erzogen. Langsam hob er die in Handschuhe gehüllten Hände und nahm die Sonnenbrille ab, um das Eis wegzuwischen, das sich vor seine Augen gelegt hatte. Dann, in einer Zeremonie, die er bei jedem Besuch einhielt, schlug er die Kapuze zurück und den Bärenfellmantel über die Schultern. Barhäuptig und schutzlos trat er seinem Vater gegenüber. Nichts sollte zwischen ihnen sein - im Tod ebenso wenig wie im Leben.
Mit 190 cm war George Hasek kleiner, als sein Vater es gewesen war, aber die volle Haarmähne und die stechend blauen Augen betonten sein robust gutes Aussehen und ließen ihn jünger erscheinen, als er war. Mit fünfunddreißig Jahren war er nur halb so alt wie die drei anderen Feldmarschälle des VerCom, ihnen an Autorität aber ebenbürtig. Manche hielten ihn für jung und unerfahren, George aber betrachtete es als Vorteil, unterschätzt zu werden. Ein Vorteil, den er vor kurzem erst ausgespielt hatte, als er ohne Einladung auf der Sternenbund-Konferenz erschienen war.
Unter dem Pelzmantel trug er seine Ausgehuniform, die dunkelgrüne Jacke und Hose mit goldenen Manschetten und einem roten Seitenstreifen an den Hosenbeinen. Er trug auch die schwarzen Stiefel, allerdings ohne die traditionellen Sporen. Ein einziges Mal hatte er versucht, mit ihnen über das Eis zu gehen. Goldene Epauletten mit weißem Rand und einer silbernen Sonne verkündeten seinen Rang: Feldmarschall. In einem fast drei Jahre alten Bürgerkrieg machte die Uniform seine Loyalitäten deutlich, und sie galten nicht dem Thron auf New Avalon und der Archon-Prinzessin, die auf ihm saß.
Vor sich, im Eis der Gruft eingeschlossen, sah er den zylindrischen Metallsarg, in dem Morgans Leichnam von den Clan-Heimatwelten zurückgekehrt war. Gigantische krallenbewehrte Füße aus Eis flankierten ihn, und über ihnen erhoben sich Beine und Rumpf des riesigen Mechs, der über dem letzten Ruheplatz eines der größten Helden der Nation ewige Wache hielt.
»Mein Vater«, sagte George. Die Worte verklangen schnell, wie jedes Geräusch in dieser Weite. Morgan war ein gläubiges Mitglied der New-Avalon-katholischen Kirche gewesen, ein Glaube, der ihm große innere Kraft gespendet hatte. George aber teilte diesen Gottesglauben nicht. Er hatte noch nie einen Beweis für die Existenz eines allmächtigen, allwissenden Gottes gesehen. Im Gegenteil, das Universum schien eine gewaltige, gleichgültige Leere zu sein, in der Mensehen und Monster sich äußerlich nicht unterschieden, und in der Liebe, Hass und Gewalt in gleichem Maße existierten. Am Fuß der Grabstätte seines Vaters konnte er nicht daran glauben, dass Morgan im Jenseits
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