BattleTech 59: Stuerme des Schicksals
vornübergebeugt, als wolle er jemandem ein Geheimnis verraten. Die Hände auf den Armlehnen des Stuhls zitterten. Doch niemand konnte an der Kraft des Verstandes zweifeln, der hinter den schiefergrauen Augen lauerte. Deren Blicke drangen durch Rudolf Schakow wie zwei Diamantbohrer.
»Einer Eurer Schoß-Guardisten?«, fragte Snord Victor, aber Schakow hörte heraus, dass es als Witz gemeint war, und fasste es nicht als Beleidigung auf. Der alte Mann schien nur herausfinden zu wollen, wie es bei seinem Gegenüber um den Humor bestellt war. Tiaret allerdings wirkte über die angedeutete Beleidigung ihres Kameraden erbost, eine für sie ungewöhnliche Zurschaustellung von Gefühlen. Sie und Schakow hatten in den letzten sechs Monaten reichlich Zeit zusammen verbracht, und er wertete ihre Reaktion als ein gutes Zeichen. Für sich.
Andererseits konnte es natürlich auch sein, dass sie nur auf Cranston Snord und seine berüchtigte Vergangenheit als Clan-Deserteur reagierte.
Victor lächelte den alten Mann gönnerhaft an. »Demi Schakow ist einer meiner wertvollsten Offiziere, Oberst Snord. Und ich vermute, seine Ankunft kündigt unsere Abreise von Clinton an.« Er wandte sich an Schakow. »Die letzten Nachrichten sind eingetroffen?«
Schakow hob den Notizcomp und reichte ihn Jerrard Cranston. »Drei Tage später als vorgesehen«, bemerkte er. »Aber ja. Wir sind der Post noch immer einen Sprung voraus. Ich vermute stark, einige der örtlichen Präzentoren auf Alarion und Halfway lassen sich bewusst Zeit mit unseren Mitteilungen. Wahrscheinlich auf direkte Anweisung Gavin Dows.«
Dass Victor Dow als seinen Ersatzmann auf dem Posten des Präzentors Martialum ausgewählt hatte, behagte Schakow und noch einer ganzen Reihe anderer unter Des Prinzen Mannen ganz und gar nicht. Politisch war diese Wahl ein Meisterstück gewesen - Katherine konnte ComStar schlecht vorwerfen, Victor zu bevorzugen, wenn in seiner Abwesenheit ihr eigener Präzentor Tharkad befördert wurde. Aber Dow war ein Politiker mit eigenen Zielen und Absichten. Schakow stellte sich lieber nicht vor, wie er diesen zeitweiligen Machtzuwachs ausnutzen würde.
»Alles der Reihe nach«, erinnerte ihn Victor. »Prima Mori wird Dow daran hindern, in meiner Abwesenheit zu weit aus der Reihe zu tanzen. Und jetzt wollen wir uns mal ansehen, was Sie mitgebracht haben.«
Schakow öffnete die Weste und holte den Verigraphleser hervor. Er bemerkte die aufkeimende Hoffnung in den Augen des Prinzen.
»Es tut mir Leid, aber es ist keine Nachricht aus dem Kombinat dabei. Die Nachrichtensperre hält noch immer an. Diese Nachricht stammt von Skye. Ich vermute, es ist eine Antwort Eures Vetters.«
»Dritten Grades«, bemerkte Victor geistesabwesend, wie um eine Verwandtschaft mit dem problematischen Robert Kelswa-Steiner von sich zu weisen. Er drückte den Daumen auf die Sensorplatte des Verigraphlesers, damit das Gerät seine DNS testen konnte. Verigraphbotschaften waren die sicherste Art der Nachrichtenübermittlung, wenn man dem Empfänger seine Botschaft nicht persönlich ins Ohr flüstern konnte. Das Gerät gab die verschlüsselte Botschaft nur gegen die DNS des autorisierten Empfängers frei.
Während Victor die codierte Nachricht las und Cranston den Rest der Mitteilungen durchsah, hatte Schakow Gelegenheit, sich das Ausstellungsstück anzusehen, das die kleine Gruppe bei seiner Ankunft so interessiert betrachtet hatte. Tiaret trat zu ihm, und neben ihren zwei Metern fünfzehn Körpergröße fühlte er sich wie ein Zwerg. Er schaute zu ihr hoch, ihre Blicke trafen sich, und er zwinkerte ihr schelmisch grinsend zu. Der Ausdruck der Verwirrung, der über ihre dunklen Züge huschte, bevor er einem wütenden Blick wich, amüsierte ihn königlich.
»Und, Demi Schakow?«, unterbrach Cranston Snord das wortlose Geplänkel. »Was halten Sie von unserem Prunkstück?«
Schakows Blick kehrte zu dem Schaustück zurück, und er verzog unwillkürlich das Gesicht. Der Thron, dessen Unterkante aus dichtem Wurzelwerk ragte, schien eher gewachsen als geschnitzt. Fundament und Rückenlehne wirkten wurmstichig und halb verrottet. Falls dieses Stück so etwas wie künstlerischen Wert besaß, beruhte der allein auf seiner Schockwirkung. Dieses Machwerk zu betrachten, war das visuelle Äquivalent eines herzhaften Bissens fauligen Käses.
»Es ist ... hässlich«, stellte er wahrheitsgemäß fest.
»Gelbholz, Cladrastis lutea«, erklärte Snord mit keuchender, aber kräftiger Stimme. »Außerdem ist
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