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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Stirn hast, wieder in die Schlacht zurückzukehren, oder ob du nicht lieber gleich zu deinen verhungerten Kindern läufst.«
    Der Mann streifte sich die Hose ab und rannte so schnell er konnte über die Felder davon, nicht so sehr aus Scham, sondern weil er fürchtete, ein feindlicher Reiter könnte ihn von hinten sehen, könnte denken, er zeige ihm aus Verachtung das blanke Gesäß, und könnte ihn nach Türkenart pfählen.
    Baudolino war froh, dass er niemanden hatte töten müssen, aber nun kam ihm ein Reiter entgegengesprengt, der wie ein Franzose gekleidet und daher sichtlich kein Lombarde war. So entschloss er sich, seine Haut teuer zu verkaufen, und zog das Schwert. Der Reiter kam an seine Seite galoppiert und rief: »Was machst du denn, Blödmann, siehst du nicht, dass wir's euch Kaiserlichen heute mal richtig gezeigt haben? Geh nach Hause, da hast du's besser!« Rief's und galoppierte weiter, ohne Händel zu suchen.
    Baudolino saß wieder auf und fragte sich, wohin er jetzt reiten sollte, denn von dieser Schlacht begriff er nun wirklich gar nichts, und bisher hatte er nur Belagerungen erlebt, bei denen man klar wusste, wer auf dieser und wer auf der anderen Seite stand.
    Er ritt um eine Baumgruppe herum und erblickte mitten in der Ebene etwas, das er noch nie gesehen hatte: einen großen offenen Karren, rot und weiß angemalt, mit einer langen Fahnenstange, die mittendrauf gepflanzt war, und einem Altar, umringt von Bewaffneten mit langenTrompeten, die denen der Engel glichen und offenbar dazu dienten, die Truppen der Liga zum Kampf anzufeuern. » Oh basta là! « knurrte Baudolino mit einer in seiner Heimat geläufigen Formel, die so viel hieß wie »Oh, jetzt reicht's aber!« oder »O nein, nicht auch das noch!« Für einen Moment glaubte er, ins Land des Priesters Johannes geraten zu sein oder zumindest nach Sarandib, wo man mit einem von Elefanten gezogenen Karren in die Schlacht zog, aber der Karren, den er sah, wurde von Ochsen gezogen, obwohl die Insassen alle wie Herren gekleidet waren, und rings um den Karren war niemand zu sehen, der kämpfte. Die Trompeter ließen ab und zu eine Fanfare ertönen und verstummten dann abwartend. Einer von ihnen deutete mit dem Finger auf ein Knäuel von Leuten am Flussufer, die noch wild aufeinander eindroschen und dabei so laut brüllten, dass es die Toten aufwecken konnte, ein anderer versuchte die Ochsen anzutreiben, die jedoch, schon von Natur aus störrisch, nicht die geringste Neigung zeigten, sich in jenes Gebrüll einzumischen.
    Was mache ich, fragte sich Baudolino, stürze ich mich zwischen diese Hitzköpfe, bei denen ich, wenn sie nicht sprechen, nicht einmal weiß, welche von ihnen die Feinde sind? Und während ich darauf warte, dass sie sprechen, krieg ich womöglich eins auf die Rübe?
    Während er noch überlegte, kam ihm ein anderer Reiter entgegen, und diesmal war es ein Ministeriale, den er gut kannte. Der Mann erkannte ihn ebenfalls und rief: »Baudolino, wir haben den Kaiser verloren!«
    »Jesus! Was soll das heißen, ihr habt ihn verloren?«
    »Jemand hat ihn kämpfen sehen wie ein Löwe mitten in einer Schar von Fußsoldaten, die sein Pferd zu dem Wäldchen dort drängten, dann sind alle zwischen den Bäumen verschwunden. Wir sind sofort hingeritten, aber da war niemand mehr. Er muss versucht haben, irgendwohin zu fliehen, jedenfalls ist er nicht zum Gros unserer Reiter zurückgekehrt ...«
    »Und wo ist das Gros unserer Reiter?«
    »Tja, das Schlimme ist nicht nur, dass er nicht zum Gros unserer Reiter zurückgekehrt ist, sondern dass auch das;Gros unserer Reiter nicht mehr da ist. Es war ein Gemetzel, sage ich dir, ein verfluchter Tag. Zu Anfang hatte sich Friedrich mit seinen Reitern auf die Feinde gestürzt, die alle zu Fuß zu sein schienen, alle dicht gedrängt um ihren komischen Katafalk. Aber diese Fußsoldaten haben sich gut gewehrt, und plötzlich ist dann die Reiterei der Lombarden aufgetaucht, so dass unsere Leute zwischen zwei Fronten gerieten.«
    »Mit anderen Worten, ihr habt den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches verloren! Und das sagst du mir einfach so, Himmelherrgottsakra?!«
    »Du bist offenbar eben erst angekommen und weißt gar nicht, was wir alles durchgemacht haben! Jemand behauptet sogar, er habe den Kaiser fallen sehen, aber er sei mit einem Fuß im Steigbügel hängen geblieben und von seinem Pferd eine Weile mitgeschleift worden!«
    »Und was machen die Unseren jetzt?«
    »Sie fliehen, schau nur, dort, sie

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