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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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desinteressiert: »Ach, der Priester Johannes. Sicher, ich habe in meinem Kloster viele Berichte von Leuten gelesen, die sein Reich besucht hatten.«
    »Aber grad eben noch hast du doch nicht mal gewusst, wer er war!«
    »Die Kraniche formen bei ihrem Flug Buchstaben, ohne dass sie die Schrift kennen. Dieser Brief spricht von einem Priester Johannes, und da lügt er, aber er spricht auch von einem wahren Reich, das in den Berichten, die ich gelesen habe, als das des Herrn der drei Indien bezeichnet wird.«
    Baudolino war bereit zu wetten, dass dieser Spitzbubenur einen Schuss ins Blaue abgegeben hatte, aber Zosimos ließ ihm keine Zeit für Zweifel.
    »Dreierlei verlangt der Herr von Menschen, die getauft worden sind: von der Seele den rechten Glauben, von der Zunge die Aufrichtigkeit und vom Leib die Beherrschtheit. Diesen Brief kann nicht der Herr der drei Indien geschrieben haben, denn er enthält zu viele Ungenauigkeiten. Zum Beispiel nennt er viele außergewöhnliche Wesen, die dort leben, aber er schweigt ... warte, lass mich überlegen ... ja, er schweigt zum Beispiel über die Methagallinarii, die Thinsiretae und die Cametheterni.«
    »Und was sind die?«
    »Was die sind? Na, also das erste, was einem passiert, wenn man in die Gegend des Priesters Johannes kommt, ist, dass man einem Thinsireta begegnet, und wenn man nicht darauf vorbereitet ist, sich zu wehren, schwupp, hat einen das Biest schon mit Haut und Haaren verschlungen! Tja, das sind Orte, da kannst du nicht einfach so hingehen wie nach Jerusalem, wo du höchstens mal ein Kamel, ein Krokodil oder ein paar Elefanten triffst, und das war's dann ... Außerdem kommt es mir an diesem Brief auch sehr seltsam vor, dass er sich an deinen Kaiser richtet und nicht an unseren Basileus, wo doch das Reich dieses Johannes näher am Reich der Romäer liegt als an dem der Lateiner.«
    »Du redest, als ob du wüsstest, wo es liegt.«
    »Genau weiß ich's nicht, aber ich wüsste schon, wie ich dort hinkäme, denn wer das Ziel kennt, kennt auch den Weg.«
    »Und warum ist dann keiner von euch Romäern jemals dorthin gegangen?«
    »Wer sagt dir, dass es nie einer versucht hat? Ich könnte dir sagen: Wenn unser Basileus Manuel sich in das Land des Sultans von Ikonion gewagt hat, dann eben gerade, um sich den Weg ins Reich des Herrn der drei Indien zu öffnen.«
    »Das könntest du sagen, aber du sagst es nicht.«
    »Weil unser ruhmreiches Heer genau dort vernichtet worden ist, in Myriokephalon, vor zwei Jahren. Also ehe unser Basileus eine neue Expedition versucht, braucht er Zeit. Aber wenn ich viel Geld hätte und eine Gruppe vongut bewaffneten Männern, die es mit tausend Schwierigkeiten aufnehmen, dann wüsste ich schon ungefähr, in welche Richtung ich gehen müsste, und bräuchte bloß aufzubrechen. Unterwegs fragst du dich eben durch, folgst den Wegangaben der Einheimischen ... Es muss viele Zeichen geben, wenn du auf dem richtigen Weg bist, müsstest du immer mehr Bäume sehen, die nur in jenen Gegenden blühen, oder Tieren begegnen, die nur dort leben, wie eben genau die Methagallinarii.«
    »Hoch die Methagallinarii!« rief Baudolino und hob seinen Becher. Zosimos schlug vor, ein Hoch auf das Reich des Priesters Johannes auszubringen. Dann forderte er ihn heraus, auf das Wohl Kaiser Manuels anzustoßen, und Baudolino antwortete, da mache er mit, wenn sie dann auch beide auf das Wohl Kaiser Friedrichs anstießen. Dann tranken sie auf den Papst, auf Venedig, auf die beiden Kurtisanen, die sie wenige Tage vorher kennengelernt hatten, und schließlich war Baudolino als erster mit dem Kopf auf den Tisch gesunken und eingeschlafen, wobei er Zosimos gerade noch mühsam lallen hörte: »Dies ist das Leben des Mönches: keine Neugierde zeigen, nicht mit dem Ungerechten gehen, nicht mit den Händen raffen ...«
    Am nächsten Morgen sagte Baudolino mit noch belegter Zunge: »Zosimos, du bist ein Spitzbube. Du hast nicht die geringste Ahnung, wo dein Herr der drei Indien lebt. Du willst einfach der Nase nach gehen, und wenn einer dir sagt, er habe dort hinten einen Methagallinarius gesehen, dann rennst du los, und in Nullkommanichts kommst du zu einem Palast, der ganz aus Edelsteinen ist, und siehst irgendeinen Knilch und sagst, Hallo Priester Johannes, wie geht's? Sowas kannst du deinem Basileus erzählen, nicht mir.«
    »Aber ich habe eine gute Karte«, sagte Zosimos, während er langsam die Augen aufschlug.
    Worauf Baudolino erwiderte, auch mit einer guten Karte bleibe

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