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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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anstatt ihnen Hilfe zu bringen, er hat die alte unterirdische Wasserleitung erneuert, er hat die Kirche der Vierzig Heiligen Märtyrer restaurieren lassen ...«
    »Also alles in allem ein braver Mann ...«
    »Leg mir nicht Dinge in den Mund, die ich nicht gesagt habe. Ich meine, ein Herrscher kann seine Macht nutzen, um Gutes zu tun, aber um seine Macht zu behalten, muss er Böses tun. Auch du hast bei einem Machthaber gelebt, auch du hast eingeräumt, dass er edel und jähzornig sein konnte, grausam und auf das Gemeinwohl bedacht. Die einzige Möglichkeit, nicht zu sündigen, ist, sich von allem abzusondern, am besten hoch oben auf einer Säule, wie es die heiligen Väter einst taten, aber heute sind diese Säulen zerbrochen.«
    »Ich will nicht mit dir diskutieren, wie man dieses Reich regieren müsste. Es ist euer Reich, oder jedenfalls war es das. Ich fahre in meiner Erzählung fort. Wir quartierten uns hier ein, hier bei diesen Genuesern, denn du wirst dir schon gedacht haben, dass sie meine treuesten Spionewaren. Und kein anderer als Boiamondo entdeckte eines Tages, dass der Basileus sich am selben Abend in die alte Krypta von Katabate begeben würde, um an Praktiken der Wahrsagung und Magie teilzunehmen. Wenn wir Zosimos finden wollten, war das eine gute Gelegenheit.«
     
    Nach Einbruch der Dunkelheit begaben sie sich zur Konstantinsmauer, wo es nicht weit von der Kirche der Heiligen Apostel so etwas wie einen kleinen Pavillon gab. Von da aus, sagte Boiamondo, gelange man direkt in die Krypta, ohne durch die Kirche des Klosters gehen zu müssen. Er öffnete eine Tür, ließ sie ein paar glitschige Stufen hinuntersteigen, und sie fanden sich in einem feucht-muffig riechenden Gang.
    »Da«, sagte Boiamondo, »geht ein Stück vor, und ihr seid in der Krypta.«
    »Kommst du nicht mit?«
    »Ich komme nicht mit an Orte, wo man Sachen mit Toten macht. Um Sachen zu machen, ziehe ich Lebende vor, und zwar weibliche.«
    Sie gingen allein weiter und kamen durch einen Saal mit niedrigem Gewölbe, in dem sich Triklinien, ungemachte Betten, ein paar umgestürzte Kelche und Teller mit Resten eines Gelages befanden. Offensichtlich oblag der Schlemmer Zosimos dort nicht nur seinen Riten mit den Dahingeschiedenen, sondern auch Dingen, die Boiamondo nicht missfallen hätten. Aber diese ganze Orgienausrüstung war offenbar eilig in dunklere Ecken weggeräumt worden, weil Zosimos an jenem Abend eine Zusammenkunft mit dem Basileus hatte, um ihn mit den Toten sprechen zu lassen und nicht mit Dirnen, denn man weiß ja, sagte Baudolino, die Leute glauben an alles, sofern man zu ihnen nur von den Toten spricht.
    Hinter dem Saal waren schon Lichter zu sehen, und tatsächlich traten sie in eine runde Krypta, die von zwei schon entzündeten Glutbecken auf drei Füßen beleuchtet wurde. Umgeben war die Krypta von einer Säulenreihe, und hinter den Säulen sah man die Öffnungen einiger Korridore oder Gänge, die wer weiß wohin führten.
    In der Mitte der Krypta stand ein Becken voll Wasser mit einem kanalartigen Rand, der rings um die Wasserfläche lief und mit einer öligen Flüssigkeit gefüllt war. Neben dem Becken stand eine kleine Säule, auf der etwas Unbestimmtes unter einem roten Tuch lag. Aus dem Gerede der Leute, das ihm zu Ohren gekommen war, hatte Baudolino begriffen, dass Andronikos, nachdem er sich an Bauchredner und Astrologen gehalten und vergebens in Byzanz nach Leuten gesucht hatte, die noch wie die alten Griechen verstanden, die Zukunft aus dem Vogelflug abzulesen (und auch kein Vertrauen zu jenen zwielichtigen Gestalten hatte, die damit prahlten, sie könnten Träume deuten), sich neuerdings an die Hydromanten hielt, das heißt an Wahrsager, die wie Zosimos behaupteten, sie könnten die Zukunft aus dem Wasser lesen, indem sie etwas hineintauchten, was einem Verstorbenen gehört hatte.
    Beim Eintreten waren unsere Freunde an der Rückseite des Altars vorbeigegangen, und als sie ihn nun vor sich hatten, erblickten sie eine Ikonostase, beherrscht von einem Christus Pantokrator, der sie mit strengen, weit aufgerissenen Augen ansah.
    Baudolino drängte darauf, sich zu verstecken, wenn Boiamondos Informationen stimmten, würde sicher bald jemand kommen. Sie wählten einen Abschnitt hinter den Säulen, der ganz im Dunkel lag, und konnten sich gerade noch rechtzeitig dort postieren, denn schon hörte man Schritte nahen.
    Links neben der Ikonostase sahen sie Zosimos hereintreten, in eine Simarre gehüllt, die ganz so aussah

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