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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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sondern auch die Waffenkammern und sogar die Kirchen des Palastes, wo sie die Ornamente von den heiligen Bildern rissen.
    Alle diese Nachrichten ließen Zosimos immer heftiger zittern, denn schon wurde berichtet, dass jeder, den man als Komplizen des Andronikos erkannte, auf der Stelle hingerichtet wurde. Im übrigen hielten es auch Baudolino und die Seinen nicht für geraten, sich gerade jetzt in die Gänge des Bukoleon zu wagen. So verbrachten unsere Freunde, ohne etwas anderes tun zu können als zu essen und zu trinken, noch einige Tage in den Ruinen von Katabate.
    Bis sie dann erfuhren, dass Isaakios aus dem Bukoleon in den Blachernenpalast im äußersten Norden der Stadt umgezogen war. Somit war nun der Bukoleon vielleicht nicht mehr so gut bewacht (weil es dort nichts mehr zu plündern gab) und leer genug. Gerade an jenem Tag war der flüchtende Andronikos an der Küste des Schwarzen Meeres gefangen und vor Isaakios gebracht worden. Der hatteihn der allgemeinen Misshandlung preisgegeben, die Höflinge waren mit Schlägen und Tritten über ihn hergefallen, hatten ihm den Bart gerauft, die Zähne eingeschlagen, die Haare ausgerissen, dann wurde ihm mit einem Beil die rechte Hand abgehackt, und so war er in den Kerker geworfen worden.
    Als die Nachricht kam, dass in der Stadt Freudentänze und Festlichkeiten auf allen Plätzen begonnen hatten, fand Baudolino, dass sie es nun wagen konnten, sich in der allgemeinen Verwirrung zum Bukoleon durchzuschlagen. Zosimos gab zu bedenken, dass ihn jemand erkennen könnte, doch unsere Freunde sagten, er solle sich keine Sorgen machen. Sie bewaffneten sich mit allen verfügbaren Instrumenten und schoren ihm gründlich den Kopf, sowohl Haupthaar wie Bart, während er lauthals klagte und zeterte, dass er sich ohne diese Insignien mönchischer Würde entehrt fühle. Tatsächlich erinnerte Zosimos, als er dann kahl wie ein Ei vor ihnen stand, ganz ohne Kinn, mit einer zu wulstigen Oberlippe, die Ohren spitz wie bei einem Hund, nach Baudolinos Ansicht eher – so sagte er – an Cichinisio, einen Dorftrottel, der durch die Straßen von Alexandria lief und den Mädchen unanständige Dinge nachrief, als an den verruchten Asketen, für den er sich bislang ausgegeben hatte. Um diesen beklagenswerten Eindruck zu korrigieren, bemalten sie ihn mit Schminke, und am Ende sah er aus wie ein Kinaidos , ein ostentativer Päderast, dem in der Lombardei die Jungen nachgelaufen wären, um ihn zu hänseln und mit faulem Obst zu bewerfen, aber in Konstantinopel sah man dergleichen jeden Tag, und so herumzulaufen sei dort ebenso normal, sagte Baudolino, wie wenn man in seiner Heimatstadt als Ricotta- oder Quarkkäsehändler herumlaufe.
    Sie waren bereits ein gutes Stück durch die Stadt gegangen, als sie sahen, wie Andronikos vorbeigeführt wurde, angekettet auf dem Rücken eines räudigen Kamels, noch kahler als sein Reittier, fast unbekleidet, mit einem schmutzigen Bündel blutiger Lappen um den Stumpf des rechten Arms und geronnenem Blut auf den hageren Wangen, denn man hatte ihm gerade ein Auge ausgestochen. Ringsum ihn die verzweifeltsten Bewohner der Stadt, deren Herr und Gebieter er so lange gewesen war, Wurstmacher, Gerber, Krämer, Saufbolde aus allen Tavernen, die sich um ihn scharten wie Fliegenschwärme im Frühjahr um einen Pferdeapfel, ihn mit Knüppeln auf den Kopf schlugen, ihm Kuhmist in die Nasenlöcher stopften, ihm mit Urin und Jauche vollgesogene Schwämme über dem Gesicht ausdrückten, ihm mit Bratspießen in die Beine stachen, die mildesten bewarfen ihn mit Steinen und beschimpften ihn als tollwütigen Hund und Sohn einer läufigen Hündin. Aus dem Fenster eines Bordells goss eine Hure einen Topf kochendes Wasser über ihm aus, aber die Wut dieser rasenden Menge nahm noch zu: Als sie ins Hippodrom kamen, zerrten sie ihn vom Kamel herunter und hängten ihn mit den Füßen an den Balken zwischen den beiden Säulen, die dort neben dem Bildnis der Wölfin mit Romulus und Remus stehen.
    Andronikos benahm sich besser als seine Peiniger. Ohne einen Klagelaut von sich zu geben, murmelte er nur: » Kyrie eleison, Kyrie eleison «, und fragte dann: »Warum zerbrecht ihr ein schon geknicktes Rohr?« Kopf unten hängend, wie er war, wurde er von dem wenigen entblößt, was er noch anhatte, einer trennte ihm mit einem einzigen Schwerthieb die Genitalien ab, ein anderer stieß ihm eine Lanze in den Schlund bis hinab in die Eingeweide, ein dritter trieb ihm am anderen Ende ein Schwert in

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