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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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dieser einen Kreatur machte die Welt zu einem betörenden und strahlenden Ort aller Vollkommenheiten.
    Er konnte nicht widerstehen, ergriff ihre Hand und berührte sie mit einem hingehauchten Kuss. Sie zuckte zusammen, als hätte sie eine bisher unbekannte Erfahrung gemacht. »Auch du bist von einem Gott bewohnt«, sagte sie zuerst. Dann schlug sie sich die Hände vor das Gesicht und murmelte überrascht: »Ich habe ... ich habe die Apathie verloren ...«
    Sie drehte sich um und lief in den Wald, ohne noch etwas zu sagen und ohne sich umzusehen.
    »Kyrios Niketas, in jenem Augenblick wurde mir klar, dass ich liebte, wie ich noch niemals im Leben geliebt hatte, aber dass ich ein weiteres Mal die einzige Frau liebte, die nicht die meine sein konnte. Die erste war mir durch die Erhabenheit ihres Standes entzogen worden, die zweite durch das Elend des Todes, jetzt konnte die dritte mir nicht gehören, weil sie der Erlösung Gottes geweiht war. Ich ging fort, kehrte in die Stadt zurück und dachte, ich würde vielleicht nie wiederkommen dürfen. Ich fühlte mich fast erleichtert, als mir Praxeas am nächsten Tag sagte, in den Augen der Bewohner von Pndapetzim sei ich zweifellos der angesehenste unter den Magiern, ich genösse das Vertrauen des Diakons, und der Diakon wünsche sich, dass ich das Oberkommando jener Armee übernähme, die der Poet inzwischen so gut ausgebildet habe. Ich konnte mich dieser Aufforderung nicht entziehen, eine Spaltung in der Gruppe der Magier hätte unsere Lage in den Augen aller unhaltbar gemacht, und alle waren inzwischen so hingebungsvoll mit der Vorbereitung des Krieges beschäftigt, das ich einwilligte – auch um die Skiapoden, die Panothier, die Blemmyer und all die anderen braven Leute nicht zu enttäuschen, die mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen waren. Vor allem dachte ich dabei, dass ich, wenn ich mich dieser neuen Aufgabe widmete, schneller vergessen würde, was ich im Wald zurückgelassen hatte. Zwei Tage lang wurde ich von tausend Pflichten in Anspruch genommen. Ich erfüllte sie jedoch nur zerstreut, denn mich quälte der Gedanke, Hypatia könnte an den See zurückgekehrt sein und, als sie mich nicht vorfand, gedacht haben, sie habe mich durch ihre Flucht beleidigt und ich wolle sie nicht mehr wiedersehen. Ich war bestürzt bei dem Gedanken, sie könnte bestürzt sein und mich nicht mehr sehen wollen. Wenn es so wäre, würde ich mich auf ihre Spur setzen, würde hoch zu Ross an dem Ort erscheinen, wo die Hypatien lebten, und ... Was würde ich tun, würde ich sie rauben, würde ich den Frieden jener Gemeinschaft zerstören, würde ich ihre Unschuld trüben, indem ich ihr zu verstehen gäbe, was sie nicht verstehen durfte? Oder würde ich sie, im Gegenteil, ergriffen von ihrer Mission sehen, nun freivon einem kurzen, winzigen Anflug irdischer Leidenschaft? Aber hatte es diesen Anflug wirklich gegeben? Ich vergegenwärtigte mir jedes ihrer Worte, jede ihrer Bewegungen. Zweimal hatte sie unsere Begegnung als Beispiel benutzt, um zu sagen, wie Gott war, aber vielleicht war das nur eine kindliche, ganz unschuldige Art gewesen, mir verständlich zu machen, was sie meinte. Zweimal hatte sie mich berührt, aber so, wie sie eine Sonnenblume berührt hätte. Mein Mund auf ihrer Hand hatte sie erzittern lassen, das wusste ich, aber das war ganz natürlich: Kein menschlicher Mund hatte sie jemals gestreift, es war für sie so gewesen, wie wenn sie im Wald über eine Wurzel gestolpert wäre und für einen Moment das Gleichgewicht verloren hätte; der Moment war vorübergegangen, sie dachte bestimmt nicht mehr daran ... Ich diskutierte mit meinen Freunden über Fragen der Kriegführung, ich musste entscheiden, wo die Nubier eingesetzt werden sollten, und ich wusste nicht einmal, wo ich selber stand. Ich musste diese Angst überwinden, ich musste es wissen. Um es in Erfahrung zu bringen, musste ich mein und ihr Leben in die Hände von jemand legen, der die Verbindung zwischen uns hielt. Ich hatte schon viele Beweise für die Ergebenheit von Gavagai bekommen. Ich sprach heimlich mit ihm, ließ ihn viele Eide schwören, sagte ihm sowenig wie möglich, aber genug, um ihn an den See zu schicken und dort auf sie warten zu lassen. Der gute Skiapode war wirklich hilfsbereit, verständnisvoll und diskret. Er fragte nur wenig, ich glaube, er hatte viel verstanden. An den ersten zwei Tagen kehrte er abends zurück und sagte, niemand sei da gewesen, und es betrübte ihn sehr, mich erblassen zu

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