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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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ich will nicht, dass er mich sieht. Wenn ich mich recht erinnere, gibt es da unten doch mehrere Gänge. Kommt man nicht auch auf einem anderen Weg hin?«
    Boiamondo lachte. »Wenn du keine Angst vor den Toten hast ... Man kann auch durch einen anderen Pavillon in der Nähe des Hippodroms hinein, und auch dort kommst du, glaube ich, noch unbehelligt hin. Danach gehst du eine ganze Weile unterirdisch, und dann bist du im Friedhof der Mönche von Katabate, von dem niemand mehr weiß, dass er noch existiert, aber er ist noch da. Die Gänge dieses unterirdischen Friedhofs führen bis zu jener Krypta, aber du kannst auch vorher anhalten, wenn du willst.«
    »Führst du uns hin?«
    »Baudolino, die Freundschaft ist mir heilig, aber die eigene Haut ist mir noch teurer. Ich erkläre dir alles genau, du bist ein gescheiter Bursche und wirst den Weg allein finden. Einverstanden?«
    Boiamondo beschrieb ihm den Weg mit allen Einzelheiten und gab ihm auch zwei gut geharzte Holzstücke mit. Baudolino ging zu Boidi zurück und fragte ihn, ob er Angst vor den Toten habe. Wo denkst du hin, lachte der, ich habe nur Angst vor den Lebenden. »Dann machen wir's so«, sagte Baudolino. »Du nimmst deinen Täuferkopf, und ich begleite dich dort hinunter. Dann gehst du zu eurem vereinbarten Treffpunkt, und ich verstecke mich kurz vorher, um herauszufinden, was dieser Irre im Schilde führt.«
    »So machen wir's«, sagte der Boidi.
    Als sie gerade hinausgehen wollten, überlegte Baudolino einen Moment, kehrte noch einmal um und holte sich ebenfalls seinen Täuferkopf, wickelte ihn in einen Lappen und nahm ihn unter den Arm. Dann überlegte er noch einmal und steckte sich die beiden arabischen Dolche in den Gürtel, die er in Kalliupolis gekauft hatte.

 
    38. Kapitel
    Baudolino bei der Abrechnung
     
    Baudolino und der Boidi erreichten die Gegend des Hippodroms, als die Flammen des Brandes schon nahten und eine Schar verstörter Bürger bedrängten, die nicht wussten, nach welcher Seite sie fliehen sollten, weil einige schrien, die Pilger kämen von rechts, und andere, sie kämen von links. Die beiden fanden den Pavillon, brachen die mit einer schwachen Kette gesicherte Tür auf, stiegen in einen unterirdischen Gang hinunter und entzündeten die Fackeln, die ihnen Boiamondo mitgegeben hatte.
    Sie mussten ein langes Stück wandern, der Gang führte offenbar vom Hippodrom zur Konstantinsmauer. Nach einer Weile ging es ein paar feucht-glitschige Stufen hinauf, und langsam stieg ihnen ein dumpfer, an Tod gemahnender Modergeruch in die Nase, der immer stärker wurde. Es war kein Geruch von kürzlich verstorbenen Toten, es war, wenn man so sagen kann, ein Modergeruch von Vermodertem, ein Geruch von lange schon toten Toten, die verwest und gleichsam zu Mumien geschrumpft waren.
    Sie traten in einen Gang – und sahen rechts und links ähnliche Gänge abzweigen –, in dessen Wänden sich dicht an dicht Nischen auftaten, bewohnt von einer unterirdischen Population fast noch lebendig wirkender Toter. Tote waren es zweifellos, diese vollständig bekleideten Gestalten, die da aufrecht in ihren Wandvertiefungen standen, vielleicht mit Eisenstäben im Rücken gehalten; aber die Zeit schien ihr Zerstörungswerk nicht vollendet zu haben, denn diese eingefallenen, lederfarbenen Gesichter mit leeren Augenhöhlen, oft gezeichnet durch ein zahnloses Grinsen, erweckten einen seltsamen Eindruck von Leben. Es waren keine Skelette, sondern ausgetrocknete Leiber,verdorrt, als hätte eine Kraft von innen heraus die Eingeweide und alles übrige aufgezehrt, um nur die Knochen mit der Haut darüber und vielleicht einen Teil der Muskeln übrig zu lassen.
     
    »Kyrios Niketas, wir waren in einen Katakombenfriedhof gelangt, in dem die Mönche von Katabate jahrhundertelang ihre gestorbenen Mitbrüder beigesetzt hatten, ohne sie zu beerdigen, denn eine wundersame Verbindung des Bodens, der Luft und einer Substanz, die aus den Tuffsteinwänden dieser unterirdischen Gänge tropfte, bewahrte sie vor dem Zerfall.«
    »Ich dachte, das sei schon lange nicht mehr Brauch, und von den Katakomben des Katabateklosters hatte ich keine Ahnung – woran man sieht, dass diese Stadt noch Geheimnisse birgt, die niemand von uns kennt. Aber ich habe davon gehört, wie bestimmte Mönche in früheren Zeiten, um das Werk der Natur zu beschleunigen, die Leichen ihrer gestorbenen Mitbrüder acht Monate lang zwischen den Ausdünstungen des Tuffsteins modern ließen, sie dann herausholten, mit Essig

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