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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Kind und schien bei meinem Anblick keinerlei Unruhe zu verspüren. Da sagte ich mir, dass ich, auch wenn ich mich nicht damit begnügen konnte, Beatrix wie eine Mutter zu lieben, dieses Kind wie einen Bruder lieben würde. Doch als ich dann das kleine Wesen in der Wiegebetrachtete, konnte ich den Gedanken nicht abweisen, dass es, wären die Dinge anders gelaufen, mein Kind hätte sein können. Auf jeden Fall lief ich immer Gefahr, mich als Blutschänder zu fühlen.«
     
    Unterdessen plagten Friedrich ganz andere Probleme. Ein halber Papst, sagte er einmal zu Rainald, garantiere seine Rechte nur wenig, die drei Magierkönige kämen ihm schon zupass, aber sie genügten nicht, denn die Magier gefunden zu haben heiße ja nicht unbedingt, von ihnen abzustammen. Der Papst habe es gut, der könne sich auf Petrus berufen, und Petrus sei von Jesus selbst auserwählt worden, aber was mache der arme Kaiser des Heiligen Römischen Reiches? Solle er sich auf Caesar berufen, der schließlich noch Heide war?
    Hier brachte Baudolino eine Idee vor, die ihm gerade in den Sinn gekommen war, nämlich dass Friedrich seine Würde ja auf Karl den Großen zurückführen könne. »Aber Karl der Große war vom Papst gesalbt worden, das bringt uns nicht weiter«, entgegnete Friedrich.
    »Es sei denn, du lässt ihn heiligsprechen«, sagte Baudolino. Friedrich fuhr ihn an, er solle gefälligst erst nachdenken, bevor er solche Dummheiten sage. »Das ist keine Dummheit«, beharrte jedoch Baudolino, denn inzwischen hatte er nicht nur nachgedacht, sondern sich die Szene, die aus seiner Idee hervorgehen konnte, schon ausgemalt, so dass er sie gleichsam vor Augen sah. »Pass auf: Du gehst nach Aachen, wo Karl der Große begraben liegt, lässt seine sterbliche Hülle exhumieren, tust sie in einen schönen Reliquienschrein in der Mitte der Pfalzkapelle, und in deiner Gegenwart, mit einem Gefolge von treuen Bischöfen, darunter Herr Rainald, der als Erzbischof von Köln auch Metropolit jener Provinz dort ist, und mit einer Bulle des Papstes Paschalis, der dich legitimiert, lässt du Karl den Großen zum Heiligen proklamieren. Verstehst du? Du lässt den Gründer des Heiligen Römischen Reiches zum Heiligen proklamieren: Ist er erst einmal heilig, steht er über dem Papst, und du als sein legitimer Nachkomme bist aus dem Stamm eines Heiligen, also keinerlei Autoritätunterworfen, auch nicht der, die sich anmaßen wollte, dich zu exkommunizieren.«
    »Beim Barte Karls des Großen!« rief Friedrich aus, und seine roten Barthaare stellten sich vor Erregung auf. »Hast du gehört, Rainald? Dieser Junge hat wie immer recht!«
    So geschah es dann, wenn auch erst am Ende des darauffolgenden Jahres, denn gewisse Dinge brauchen Zeit, um gut vorbereitet zu werden.
     
    Als Idee sei es ja schon verrückt gewesen, bemerkte Niketas, und Baudolino antwortete: »Aber es hat funktioniert«, wobei er ihn mit unverhohlenem Stolz ansah. Natürlich, dachte Niketas bei sich, deine Eitelkeit ist grenzenlos, du hast es sogar geschafft, aus Karl dem Großen einen Heiligen zu machen. Von Baudolino durfte man sich nun alles erwarten. »Und wie ging es weiter?« fragte er.
    »Während Friedrich und Rainald sich darauf vorbereiteten, Karl den Großen heiligzusprechen, machte ich mir langsam klar, dass weder er noch die Magier genügten. Die waren jetzt alle vier im Paradies, die Magier bestimmt und hoffentlich auch Karl der Große, sonst würde in Aachen ein schöner Betrug inszeniert, aber wir brauchten noch etwas, das hier auf Erden existierte, einen Ort, wo der Kaiser sagen konnte: Hier stehe ich, und dies bestätigt mein Recht. Das einzige, was der Kaiser, so gesehen, auf dieser Erde finden konnte, war das Reich des Priesters Johannes.«

 
    11. Kapitel
    Baudolino baut dem Priester Johannes
    einen Palast
     
    Am Freitag morgen kamen drei Genueser, Pevere, Boiamondo und Grillo, und bestätigten, was man auch von weitem gut sehen konnte: Der Brand war erloschen, so gut wie von allein, da niemand sich allzu viel Mühe gemacht hatte, ihn zu bekämpfen. Das hieß freilich nicht, dass man nun gefahrlos durch Konstantinopel spazieren konnte. Im Gegenteil, da die Kreuzpilger sich nun leichter durch die Straßen bewegen konnten, verstärkten sie ihre Jagd auf wohlhabende Bürger, und zwischen den noch rauchenden Trümmern zerstörten sie das wenige, was noch stehen geblieben war, auf der Suche nach den letzten Schätzen, die den ersten Razzien entgangen waren. Niketas seufzte

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