Baudolino
ausgedacht hatte.
Als erster reagierte der alte Gagliaudo: »Wenn man dem
länger zuhört, wird man genauso ein Kindskopf wie er. Stellt euch bloß vor, wir sollen dieses Ringelspiel machen, dieses Raus und Rein, du her, ich hin, heißa hopsa trallala... nein danke, fehlt nur noch, daß jemand dazu aufspielt, und wir tanzen Reigen zum Fest von San Baudolino...«
»Nein, die Idee ist nicht schlecht«, sagte der Boidi, »aber nachher müssen wir uns statt Alexandriner womöglich
Caesariner nennen - Cesarini, bitte, wie klingt denn da; wie stehen wir dann da vor denen in Asti!«
»Hört auf, solchen Unsinn zu reden, man wird uns immer
erkennen«, entgegnete Oberto del Foro. »Von mir au kann der Kaiser die Stadt auch umtaufen, aber vor ihn hintreten und ihm huldigen, das will mir nicht runtergehen Schließlich sind wir es, die ihm in den Hintern getreten haben, nicht er uns, also soll er sich nicht so aufspielen.«
Der Cuttica aus Quargnento sagte, er hätte nichts gegen das Umtaufen, ihm sei's egal, ob die Stadt Cesaretta oder Cesarone oder wer weiß wie heiße, von ihm aus könne sie auch Cesira, Olivia, Sophronia oder Eutropia heißen, aber das Problem sei, ob Friedrich dann seinen Stadtvogt hei schicken wolle, oder ob er sich damit begnügen werde, di von ihnen gewählten Konsuln zu legitimieren.
»Geh zurück und frag ihn, wie er's machen will«, sagt Guasco.
Und Baudolino: »Ah ja, das denkt ihr euch so, ich überquere die Alpen hin und her, bis ihr euch geeinigt hab Nein, mein Lieber, ihr bevollmächtigt zwei von euch, mit mir zum Kaiser zu gehen, und wir überlegen uns etwas, das allen paßt. Ich sage
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euch, wenn Friedrich noch einmal zwei Alexandriner vor sich sieht, kriegt er Bauchgrimmen und wird, bloß um sie rasch wieder loszuwerden, ein Abkommen akzeptieren.«
So begleiteten Baudolino zwei Abgesandte der Stadt Anselmo Conanzi und Teobaldo, einer der Söhne des Guasco. Sie trafen den Kaiser in Nürnberg und erreichte ein Abkommen. Auch die Frage der Konsuln wurde sofort geklärt, es ging nur um die Wahrung der Form: Sollten die Alexandriner sie ruhig wählen, es genügte, daß der Kaiser sie dann nominell einsetzte. Was die Huldigung anging hatte Baudolino seinen Adoptivvater beiseite genommen und gesagt: »Mein Vater, du kannst nicht selber kommen du wirst einen Gesandten hinschicken müssen. Also schick mich. Schließlich bin ich Ministeriale, und als solcher bin ich dank deiner unendlichen Güte in den Adelsstand erhoben worden, ich bin ein Ritter, wie man hier sagt.«
»Ja, aber du gehörst bloß zum Dienstadel, du kann zwar ein Lehen bekommen, aber es nicht übertragen, du kannst keine Vasallen haben, du...«
»Und was, meinst du, interessiert das meine Landsleute? Für die genügt es, daß ich auf einem Pferd dahergeritten komme und Befehle erteile. Sie huldigen einem deiner Repräsentanten, also dir, aber dein Repräsentant bin ich, also einer von ihnen, und so merken sie's nicht so genau, daß sie dir huldigen. Danach kannst du sie, wenn du willst, den Treueid und all die anderen Schwüre vor einem deiner Kammerherrn ablegen lassen, der neben mir steht, und sie werden nicht mal merken, wer von uns beiden der Wichtigere ist. Du mußt auch verstehen, wie diese Leute gestrickt sind. Wenn wir diese Sache für immer so regeln, wird es dann nicht für alle das beste sein?«
So wurde die Zeremonie Mitte März Anno Domini 1183
vollzogen. Baudolino hatte sich groß in Schale geworfen, so daß er wichtiger als der Markgraf von Montferrat aussah, und seine Eltern verschlangen ihn mit den Augen, wie er da hoch zu Roß
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einherkam, die Hand am Schwertknauf, auf einem Schimmel, der keinen Augenblick ruhig stand. »Er ist aufgezäumt wie der Hund eines Herrn«, sagte die Mutter tränenblind. Dem Umstand, daß er zwei Bannerträger mit den kaiserlichen Insignien rechts und links neben sich hatte, dazu den kaiserlichen Kammerherrn Rudolf und viele andere Edelleute des Reiches und so viele Bischöfe, daß man sie gar nicht zählen konnte, maß niemand mehr viel Bedeutung bei.
Wohl aber dem, daß auch die Repräsentanten der anderen
lombardischen Städte gekommen waren, namentlich die Herren Lanfranco aus Como, Siro Salimbene aus Pavia, Filippo aus Casale, Gerardo aus Novara, Pattinerio aus Ossona und
Malavista aus Brescia.
Als sich Baudolino direkt vor dem Tor der Stadt aufgebaut hatte, kamen die Alexandriner in langer Reihe heraus, mit den Kleinkindern auf dem Arm und die Alten
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