Baudolino
wilden
Gebirgslandschaft und zugleich im Zentrum einer volkreichen und geschäftigen Stadt, auch wenn diese gewiß nicht so
großartig war, wie unsere Reisenden sie erwartet hatten.
Daß die Stadt geschäftig und volkreich war, sah man an der Menge, die, man kann zwar nicht sagen: ihre Straßen und Plätze, aber die Räume zwischen Kegel und Klippe, Massiv und Zinne belebte. Es war eine bunte Menge, durchmischt mit Hunden, Eseln und vielen Kamelen, jenen Tieren, die unsere Freunde
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schon zu Beginn ihrer Reise gesehen hatten, aber noch nie in so großer Zahl und Vielfalt wie hier, manche mit einem Höcker, manche mit zweien und manche sogar mit dreien. Sie sahen auch einen Feuerschlucker, der sich vor einer Schar von Einwohnern produzierte und einen Panther an der Leine führte.
Die Tiere, die sie am meisten in Erstaunen versetzten, waren sehr bewegliche Vierfüßler, die zum Ziehen von kleinen Karren benutzt wurden: Sie hatten Leiber wie Fohlen, sehr hohe Beine mit Hufen wie Rinder, ein gelbes Fell mit großen braunen Flecken und vor allem einen überaus langen Hals, auf dem sich ein Kamelkopf mit zwei kleinen senkrechten Hörnern erhob.
Gavagai sagte, es seien Kameloparden, sie seien schwer zu fangen, weil sie sehr schnell rennen könnten, so daß nur die Skiapoden imstande seien, sie einzuholen und ihnen eine Schlinge über den Kopf zu werfen.
Tatsächlich war die Stadt, obwohl sie keine Gassen und Plätze hatte, ein einziger großer Markt, und an jeder freien Stelle war ein Zelt oder ein Verkaufsstand errichtet, ein Teppich
ausgebreitet oder ein Brett horizontal über zwei Steine gelegt.
Angeboten wurden Obst und Früchte, Fleischstücke
(bevorzugt offenbar vom Kameloparden), Teppiche mit Mustern in allen Farben des Regenbogens, Kleider, Messer aus
schwarzem Obsidian, Steinäxte, Tonschalen, Halsketten aus Knöchelchen oder aus roten und gelben Steinchen, Hüte in den seltsamsten Formen, Umhängetücher, Decken, zierlich
geschnitzte Holzkästchen, Geräte zur Feldbestellung, Stoffbälle und - puppen für die Kinder, daneben Amphoren mit blauen, grünen, ambra-, rosa- und zitronenfarbenen Flüssigkeiten sowie Schalen voll Pfeffer.
Das einzige, was man auf diesem Jahrmarkt nirgendwo sah, waren Metallgegenstände, und tatsächlich verstand Gavagai, als er nach dem Grund dafür gefragt wurde, auch überhaupt nicht, was Wörter wie Eisen, Metall, Bronze oder Kupfer bedeuteten,
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gleich in welcher Sprache Baudolino es versuchte.
Die Menge bestand aus geschäftig umhereilenden Skiapoden, die vollbeladene Körbe auf den Köpfen trugen, aus Blemmyern, die fast immer in gesonderten Grüppchen gingen oder hinter Verkaufstischen standen und Kokosnüsse anboten, aus
Panothiern, die ihre langen Ohren im Wind flattern ließen (bis auf die Frauen, die sie sich züchtig über den Busen legten und mit einer Hand davor zusammenhielten wie ein Halstuch), und anderen Leuten, die aus einem jener Bücher über die Wunder entsprungen schienen, an deren Miniaturen sich Baudolino einst ergötzt hatte, als er Inspiration für seine Briefe an Beatrix suchte.
Da waren jene, die zweifellos Pygmäen sein mußten, Leute mit sehr dunkler Haut, einem Lendenschurz aus Stroh und jenem Bogen auf dem Rücken, mit dem sie, wie ihre Natur es wollte, in immerwährendem Krieg mit den Kranichen lagen - in welchem sie nicht wenige Siege errungen haben mußten, denn viele von ihnen boten den Passanten ihre Beute an, aufgehängt an einem langen Stock, den sie zu viert umhertrugen, je zwei vorn und zwei hinten. Da die Pygmäen kleiner als die Kraniche waren, schleiften die aufgehängten Vögel über den Boden, und deshalb waren sie am Hals aufgehängt worden, so daß die nachschleifenden Füße einen langen Strich im Staub
hinterließen.
Da waren die Ponkier, und voller Neugier, obwohl sie schon von ihnen gelesen hatten, betrachteten unsere Freunde diese Wesen mit geraden Beinen ohne Kniegelenke, die steif auf Pferdehufen daherstaksten. Am bemerkenswertesten an ihnen war aber, daß bei den männlichen Angehörigen dieser Rasse der Phallus an der Brust hing und bei den weiblichen die Vagina an der gleichen Stelle war, die man jedoch nicht sah, weil die Ponkierinnen sie mit einem hinten zusammengeknüpften
Brusttuch verhüllten.
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Der Tradition zufolge weideten sie Ziegen mit sechs Hörnern, und tatsächlich boten sie einige von diesen Tieren auf dem Markt feil.
»Genau wie es in den Büchern geschrieben stand!« murmelte
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