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Baudolino

Baudolino

Titel: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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die
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    unmittelbare Gefahr auszumalen, sie glauben zu machen, daß die Weißen Hunnen tatsächlich vor den Toren stünden, und so schweiften die Nubier durch die Ebene, angestrengt Ausschau haltend, vor Freude jubelnd über jedes Staubwölkchen, das sie in der Ferne sichteten, die Ankunft der Feinde erwartend in einer Hoffnung, die sie seit Jahrhunderten verzehrte. Und in der Zwischenzeit, da nicht alle wirklich zum Opfer bereit waren, aber lauthals ihren Wunsch nach Martyrium verkündeten, um gut genährt und gut gekleidet zu werden, mußte man sie bei Laune halten, indem man ihnen Leckerbissen und viel burq gab.
    Ich konnte verstehen, wie der Groll der Eunuchen von Tag zu Tag wuchs - gezwungen, über Monster zu herrschen, die sie haßten, und ihr Leben in die Hände exaltierter und ständig betrunkener Schlemmer zu legen.«
    Es war spät geworden, und Praxeas ließ seine Gäste von der nubischen Wache in ihre Unterkünfte bringen - eine Felsenhöhle gegenüber dem Turm, die zwar klein war, aber Platz für alle bot.
    Sie stiegen die schmalen Leitern hinauf, legten sich sofort hin und schliefen, erschöpft von diesem einzigartigen Tag, bis zum nächsten Morgen.
    Geweckt wurden sie von Gavagai, der sich dienstbereit
    meldete. Ihm war von den Nubiern mitgeteilt worden, daß der Diakon bereit sei, seine Gäste zu empfangen.
    Sie kehrten zum Turm zurück, und Praxeas persönlich führte sie den äußeren Rundgang empor bis zum obersten Stockwerk.
    Dort schritten sie durch eine Tür und befanden sich in einem runden Korridor, auf den sich viele andere Türen öffneten, eine neben der anderen wie die Lücken in einem Zahnkranz.
    »Ich habe erst später begriffen, Kyrios Niketas, wie dieses Stockwerk angelegt war. Es ist nicht leicht zu beschreiben, aber ich will es versuchen. Stell dir jenen Korridor als die Peripherie eines Kreises vor, in dessen Mitte sich ein ebenfalls kreisrunder
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    Raum befindet. Jede Tür, die sich auf den Korridor öffnet, führt in einen Gang, und jeder dieser Gänge müßte geradewegs wie ein Radius des Kreises in den zentralen Raum führen. Aber wenn die Gänge gerade wären, könnte jeder Besucher vom
    äußeren Rundgang aus sehen, was in dem zentralen Raum
    geschieht, und jeder, der sich in dem zentralen Raum befindet, könnte sehen, ob jemand durch einen der Gänge kommt. Nun verlief zwar jeder dieser Gänge zunächst gerade nach innen, machte dann aber, bevor er in den zentralen Raum mündete, eine Kurve, so daß niemand aus dem äußeren Rundgang in den zentralen Raum sehen konnte, was den dort Befindlichen vor fremden Blicken schützte...«
    »Aber ihn auch nicht sehen ließ, wer sich ihm näherte, außer im letzten Augenblick.«
    »Genau, das ist mir auch gleich aufgefallen. Stell dir vor, der Diakon, der nominale Herrscher jener Provinz, war vor
    indiskreten Blicken geschützt, aber zugleich konnte er ohne Vorankündigung von einem Besuch seiner Eunuchen überrascht werden. Er war ein Gefangener, der zwar nicht von seinen Wächtern beobachtet werden konnte, aber sie auch seinerseits nicht im Blick hatte.«
    »Diese Eunuchen waren noch gewiefter als unsere. Aber jetzt erzähl mir von dem Diakon.«
    Sie traten ein. Der runde Raum war unmöbliert, bis auf den Thron und einige Truhen ringsum. Der Thron stand in der Mitte, war aus dunklem Holz und hatte einen Baldachin. Auf dem Thron saß eine menschliche Gestalt, in ein dunkles Gewand gehüllt und mit einem Turban auf dem Kopf, das Gesicht unter einem Schleier verborgen. Die Füße steckten in dunklen
    Pantoffeln und die Hände in dunklen Handschuhen, so daß man nichts von den Zügen und Formen des Sitzenden sah.
    Zu beiden Seiten des Thrones, neben dem Diakon, kauerten
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    weitere verhüllte Gestalten. Eine von ihnen reichte dem Diakon ab und zu eine Schale mit glimmenden Duftstoffen, damit er den Rauch einatme. Der Diakon wehrte ab, doch Praxeas drängte ihn durch ein Zeichen, scheinbar flehend, die Gabe anzunehmen, also mußte es sich wohl um eine Medizin handeln.
    »Bleibt fünf Schritte vor dem Thron stehen, verbeugt euch und wartet, bevor ihr euren Gruß entbietet, bis Er euch dazu auffordert«, flüsterte Praxeas.
    »Warum ist er verschleiert?« fragte Baudolino.
    »Das fragt man nicht, es gefällt ihm so.«
    Sie taten, wie ihnen geheißen. Der Diakon hob eine Hand und sagte auf Griechisch: »Seit meiner Kindheit bin ich auf den Tag eurer Ankunft vorbereitet worden. Mein Logothet hat mir alles berichtet, und es wird mir

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