Baudolino
Jünglinge sanft und forderten sie auf, die Schalen auch den Gästen darzubieten. Diese paßten sich den Gebräuchen ihrer Gastgeber an, wobei jedoch der Poet zwischen den Zähnen knurrte, wenn einer von diesen Kerlen ihn auch nur berührte, würde er ihm mit einem einzigen Hieb alle Zähne ausschlagen.
Die Speisenfolge war so: große Portionen Brot
beziehungsweise die ortsüblichen Fladen; eine Riesenschüssel gekochtes Gemüse, vor allem Kohl, der aber nicht allzusehr stank, weil er mit diversen Gewürzen bestreut war; Schalen mit einer brandheißen schwärzlichen Sauce, genannt sorq, in welche die Fladen getunkt wurden, und der Porcelli, der als erster davon probierte, bekam einen solchen Hustenanfall, daß man meinte, er sprühe Feuer aus den Nüstern, so daß seine Freunde sich damit begnügten, nur ganz wenig davon zu kosten (und dann die ganze Nacht lang brennenden Durst hatten); ein trockener magerer Flußfisch, den sie thinsireta nannten (sieh da, sieh da, murmelten unsere Freunde), mit Grieß paniert und buchstäblich ertränkt in einem siedenden Öl, das seit vielen Banketten immer dasselbe gewesen sein mußte; eine Leinsamensuppe, die sie marac nannten und die nach Ansicht des Poeten wie Kacke schmeckte, auf der Geflügelstücke schwammen, die aber so wenig durchgebraten waren, daß sie wie Leder wirkten, und Praxeas sagte voller Stolz, es handle sich um methagallinarius (sieh da, sieh da, stießen sich unsere Freunde erneut an), und schließlich ein Nachtisch namens cenfelec, der aus kandierten Früchten bestand, aber mehr Pfeffer als Früchte zu haben schien.
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Bei jedem neuen Gang griffen die Eunuchen gierig zu, und beim Kauen schmatzten sie laut, um ihr Wohlgefallen auszudrücken, nicht ohne den Gästen verständnisinnig zuzunicken, als wollten sie sagen: »Na, schmeckt's? Ist das nicht eine Gabe des Himmels?« Sie aßen mit den Fingern, auch die Suppe schöpften sie mit bloßen Händen, sie vermengten unterschiedliche Dinge zu einem Happen und steckten sich alles auf einmal in den Mund. Aber nur mit der rechten Hand, denn die linke hielten sie die meiste Zeit auf der Schulter des Jünglings, der sie geflissentlich mit Nachschub versorgte. Nur zum Trinken nahmen sie sie dort weg, um nach Krügen zu greifen, die sie sich über die Köpfe hoben, um sich das Wasser in hohem Bogen durch die Luft in den Mund zu gießen.
Erst am Ende dieses Nabob-Schmauses machte Praxeas ein
Zeichen, und es erschienen Nubier, die eine weiße Flüssigkeit in winzige Schälchen gossen. Der Poet kippte seines in einem einzigen Zug hinunter, lief sofort dunkelrot an, stieß eine Art Röhren aus und stürzte wie tot zu Boden, um liegenzubleiben, bis einige Jünglinge ihm Wasser ins Gesicht spritzten. Praxeas erklärte, leider wachse bei ihnen der Baum des Weines nicht, und das einzige alkoholische Getränk, das sie herstellen könnten, komme aus der Gärung des burq, einer bei ihnen sehr verbreiteten Beerenart. Allerdings sei die Stärke dieses Getränks derart, daß man es nur in winzigen Schlückchen zu sich nehmen könne, indem man gerade nur die Zungenspitze hineintauche. Es sei wirklich ein Jammer, daß sie nicht jenen Wein hätten, von dem in den Evangelien geschrieben stehe, denn jedesmal wenn die Priester von Pndapetzim eine Messe läsen, verfielen sie in die unschicklichste Trunkenheit und hätten Mühe, bis zum Schlußsegen durchzuhalten.
»Aber was sollten wir auch von diesen Monstern anderes
erwarten?« seufzte Praxeas, während er sich mit Baudolino in eine Ecke zurückzog, derweil die anderen Eunuchen quiekend
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vor Neugier die eisernen Waffen der Reisenden musterten.
»Monster?« fragte Baudolino mit gespielter Naivität. »Ich hatte bisher den Eindruck, daß hier niemand die wundersamen Deformationen der anderen überhaupt wahrnimmt.«
»Sicher hast du einen von ihnen reden gehört«, sagte Praxeas mit einem verächtlichen Lächeln. »Sie leben hier seit
Jahrhunderten zusammen, sie haben sich aneinander gewöhnt, und indem sie sich weigern, die Monstrosität ihrer Nachbarn zur Kenntnis zu nehmen, übersehen sie die eigene. Monster, jawohl, Tieren ähnlicher als Menschen, aber fähig, sich schneller als Kaninchen zu reproduzieren. Das ist das Volk, das wir regieren müssen, und zwar mit unbeugsamer Härte, um zu verhindern, daß sie einander gegenseitig umbringen, jeder benebelt von seiner eigenen Häresie. Deshalb hat der Priester sie vor Jahrhunderten hier angesiedelt, an der Grenze des
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