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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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    »Ist es denn weit? Sie können doch wenigstens sagen, ob es weit ist, damit wir wissen, ob wir tanken müssen.«
    Der Mann wirft einen raschen Blick auf die Benzinuhr und sagt: »Es reicht.«
    Die Umquartierung ist fertig, der Führer setzt sich neben den Chauffeur, läßt ihn kehrtmachen, und es geht den Weg, den sie gekommen, zurück.
    Einige Proteste wollen laut werden, aber irgendwie ist die Stimmung gesunken. Der Landbauer da vorn, das Dreckschwein, nimmt alle Lust zum Krakeelen.

    |304| Halbwegs zwischen Stolpe und Altholm geht es linksein, einen Feldweg entlang.
    »Gott sei Dank«, sagt Manzow. »Ich dachte schon, die wollten uns wieder nach Altholm schicken.«
    Feldweg, Sandweg. Dann eine Waldschneise aufwärts, eine links ab, bei einer Gabelung rechts.
    »Hier geht’s zum Forsthaus.«
    »Unsinn, das Forsthaus muß ganz links liegen.«
    »Toleis, wissen Sie, wo wir sind?«
    Toleis grunzt nur.
    Manzow bittet, und seine Stimme hat einen ganz anderen Klang: »Lieber Herr, wollen Sie uns nicht sagen, wohin das geht?«
    Die Graujoppe schweigt.
    Man kommt aus dem Wald. Ein Riesenkartoffelschlag, tief blaugrün, so weit das Auge reicht, einen Berg ansteigend.
    Das Auto mahlt sich langsam durch den Sand.
    Toleis dreht sich um. »Für solche Wege gibt’s aber Aufschlag!«
    Manzow seufzt. »In Gottes Namen, Toleis. Fahren Sie uns nur irgendwohin, wo es zu trinken gibt.«
    Und Toleis: »Ich weiß nur, daß wir irgendwo zwischen Weichsel und Oder sind. Aber wo …«
    Wieder Wald. Eine Lichtung. Der Strohblonde gibt das Haltezeichen. Alle atmen auf. Der Strohblonde steigt aus, auf und ab gehend vertritt er sich die Füße, zündet sich seinen Knösel an.
    Die Herren stehen unschlüssig neben dem Auto und sehen um sich. Eine grade erst aufgeforstete Lichtung, dunkelnder Wald ringsum, sinkende Sonne. Sie haben es aufgegeben, ihren Führer etwas zu fragen, und besprechen sich untereinander. »Die Bauern müssen ja kommen.«
    »Schöne Affen das, uns so in der Welt herumzuhetzen.«
    »Pssst! Da raschelt was.«
    Alle sehen gegen den dunklen Wald, aber es kommt nichts.
    |305| »Irgendein Tier.«
    Toleis ist es, der den Bauern fragt: »Soll ich den Motor abstellen?«
    »Stell man ab.«
    Also ist es hier. Sie sind zufrieden, am Ziele zu sein.
    Aber die Minuten vergehen, zehn Minuten, eine Viertelstunde, eine halbe Stunde.
    Die Herren sind nacheinander gespannt, gelangweilt, ungeduldig, erregt, abgespannt.
    Jetzt geht Lienau auf den Landmann zu.
    »Die Uhr ist nach acht. Was soll das? Werden wir durch den Koks geholt?«
    »Nein«, sagt der Bauer.
    »Was soll das, frage ich. Warum kommen die nicht?«
    »Es ist noch zu früh. Es muß dunkel sein.«
    »Warum sind wir dann um sechs bestellt? Warum läßt man uns so lange warten?«
    »Wir haben seit dem sechsundzwanzigsten Juli warten müssen.«
    »Das ist …« Medizinalrat Lienau bricht aus. »Das ist eine maßlose Bauernfrechheit. Das ist Dummdreistigkeit, verstehen Sie das! Wir sind die Führer von Altholm, hören Sie! Wir sind nicht Ihre Affen, merken Sie sich das. Wir …«
    Es ist tiefe Dämmerung, alle sehen, wie der Bauer mit einem Ruck aufsteht und gegen den dunklen Wald schreitet.
    Verwirrt rufen sie: »Was ist das?« – »Wohin wollen Sie?« – »Ich bitte Sie …!«
    Dr. Hüppchen hastet hinterher und legt seine dünnen Finger auf den Arm des Bauern. »Bitte, mein lieber Herr, Sie werden uns doch jetzt nicht allein lassen? Der Medizinalrat hat es nicht bös gemeint.«
    »Ich führe euch nur, wenn ihr stille seid.«
    Sie schlucken das »Euch«, denn Toleis erklärt, daß er bestimmt den Weg nicht findet. Sie packen sich in den Wagen, sie druseln vor sich hin, in die alkoholverdampften Gehirne senkt sich eine schläfrige Mattigkeit.
    |306| Alle fahren auf, als Toleis plötzlich die Scheinwerfer einschaltet. Der Motor singt los, Toleis springt auf seinen Sitz, der Bauer setzt sich neben ihn.
    Von neuem beginnt die Fahrt.
    Aber eine Erregung sitzt in den Gefahrenen, die nervöse Erwartung von etwas ungewiß Kommendem.
    Dr. Hüppchen flüstert einmal: »Glänzende Regie«, aber das verstehen die andern nicht. Sie finden es einfach gemein. Sie versuchen zu erhaschen von der Gegend, was im Lichtkegel der Scheinwerfer vorüberhuscht, aber das sind nur Bäume, Getreidefelder, Kartoffelbreiten, Wald, ab und zu zwischen Schobern geduckt ein dunkler Hof.
    Immerzu Feldwege. Nie eine Chaussee. Tolle Wege, im raschesten Tempo gefahren, der Toleis zeigt seine Meisterschaft.

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