Bauern, Bonzen und Bomben
seines Bierglases fort: »Niemals!«
»Es muß«, sagt Textil-Braun leise, »auch geklärt werden, was wir über die heutigen Erlebnisse berichten wollen. Wird |312| bekannt, wie man uns mitgespielt hat, kann uns das sehr schaden.«
Und Meisel: »Ich schlage vor, alle Teilnehmer verpflichten sich ehrenwörtlich zu schweigen.«
»Ich würde solch Ehrenwort nicht geben«, erklärt Lienau. »Stuff muß das unbedingt erfahren.«
»Aber warum denn? Stuff darf ja doch nichts bringen, das ist schon ausgemacht.«
»Stuff hat auch den Offenen Brief an die Stadt gebracht.«
»Eine schöne Schweinerei! Das wird ihm noch sauer aufstoßen, Ihrem Stuff! Die Stadt stellt Strafantrag.«
»Bitte, das war ein Inserat.«
»Ein Inserat – Gott, sind Sie naiv!«
»Jedenfalls ist mir Stuff zehntausendmal lieber als die Pflaumenweichen von den ›Nachrichten‹.«
»Und Sie wissen nicht, daß ›Nachrichten‹ und ›Chronik‹ eine Wichse sind? Sie können mir leid tun!«
Manzow beschwört: »Meine Herren, ich bitte Sie, verhandeln wir hier über Herrn Stuff?«
Aber sie hören nicht.
»Und wenn der Gebhardt hundertmal den Stuff kauft, der ist nicht zu kaufen.«
»Sagen Sie das nicht so laut, es gibt Leute, die ihn schon gekauft haben.«
»Und wer, bitte? Klatsch ist kein Beweis!«
»Der Stahlhelm, zum Beispiel.«
»Der Stahlhelm hat nie auch nur einen Pfennig an Stuff gezahlt.«
»Aber an Schabbelt. Bei der Hindenburgwahl.«
»Das ist eine infame Lüge. Unser greiser Herr Reichspräsident braucht keine …«
»Und jetzt liebäugelt Stuff mit den Nazis.«
»Mit den grünen Jungen? Es tut mir leid, Herr Braun, aber Sie sind ein politischer Idiot.«
»Herr Medizinalrat!«
Der Sturm, die Schlägerei womöglich scheint unabwendbar, |313| als Manzow zwei Gläser Bier umwirft. Zugleich stößt er Schreie aus: »Betti! Betti! Betti!«
Und als die Kellnerin erscheint: »Sieh mal, was ich hier angerichtet habe. Ein neues Tischtuch. Und dann, liebes Kind, setz dich doch ein bißchen zu uns. Und da ist noch deine Freundin, die Berta, bring die auch mit. Und wenn du sonst noch ein paar nette Mädel weißt …«
»Ich will mal sehen, Franz«, erklärt Betti. »Aber Wein müßt ihr ausgeben, sonst erlaubt es Frau Wendehals nicht. Wir setzen uns dann ins Klubzimmer …«
Betti entschwindet, und energisch erklärt Manzow: »In fünf Minuten sind die Mädchen hier. Bis dahin müssen wir einig sein.«
»Was sollen wir eigentlich mit den Mädchen?«
»Bezahlen Sie den Wein? Ich habe für so was kein Geld.«
»Diese gemeinen Nutten.«
»Ruhe! Der Ausdruck ›Nutten‹ stimmt gar nicht. Das sind alles hochanständige Mädchen, die längst nicht mit allen gehen.«
Manzow erhebt sich. »Ich bitte abzustimmen. Wir geben unsere Ämter zurück. Ja …?
Drei Ja. Drei Nein. Was für ein Quatsch, Toleis. Sie können als Chauffeur doch nicht mitstimmen. Also drei Ja, zwei Nein. Wir geben die Ämter ab.
Zweitens: Wir erklären die Verhandlungen mangels Entgegenkommens der Bauernschaft für gescheitert?
Vier Ja, ein Nein. Laß nur deine Flosse unten, Toleis: Mich machst du nicht noch mal dumm.
Wir nehmen die Vorschläge von Gareis an? Zwei Ja, drei Nein. Also abgelehnt. Ich gehe trotzdem zu Gareis. Wenn ihr Idioten seid, tue ich noch längst nicht das, was ihr wollt.«
»Wozu stimmen wir denn ab, wenn Sie doch tun, was Sie wollen?«
»Ruhe! – Alle Teilnehmer verpflichten sich ehrenwörtlich, über die einzelnen Umstände der heutigen Aktion den |314| Mund zu halten. Ja? – Drei Ja, zwei Nein. Also haben wir alle unser Ehrenwort gegeben.«
»Wieso denn? Ich habe mein Ehrenwort nicht gegeben.«
»Aber Herr Medizinalrat, Sie sind doch überstimmt!«
»Habe ich deswegen mein Ehrenwort gegeben?«
»Eben hätte«, meldet sich Dr. Hüppchen, »auch Toleis mitstimmen müssen.«
»Jetzt fangen wir nicht noch mal an. Alle sind zum Schweigen verpflichtet.«
»Und ich erzähle es doch Stuff!«
»Dann«, sagt Manzow kalt entschlossen, »trägt jeder einzelne seinen Anteil an den Kosten der Expedition. Sonst verpflichte ich mich, alles aus dem Verkehrspropagandafonds der Stadt decken zu lassen.«
»Auch die Mädchen?«
»Alles!«
»Na ja«, sagt der Medizinalrat. »Wenn das nicht korrupt ist! Aber meinethalben. Werde ich die Schnauze halten, wenn Ihnen so viel daran liegt.«
»Sehen Sie! Nur vernünftig muß man sein, realpolitisch denken. Und jetzt gehen wir ins Klubzimmer rüber. Da werden die Weiber ja wohl schon
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