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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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lauter! Arrarat …«
    »Arrarat.«
    »Das ist gar nichts. Du mußt den Mund noch viel weiter aufmachen. Noch mal. Ganz weit den Mund auf. Ulam Arrarat …«
    »Ulam Arra …«
    Zwei Mann halten den Kopf fest, der dritte gießt langsam den Kognak in dickem Strahl in den Schlund.
    »Uh … Uh … Uh … Hilfe! Hilfe! Das ist eine Gemeinheit, meine Herren …«
    Er hat die Binde abgerissen und starrt blöde im Kreis umher. Nur feindliche Gesichter sehen auf ihn. Selbst der ewig lächelnde Meisel blickt böse.
    »Mußt du lernen, Doktor! Es ist gemein, immer nüchtern zu sein, wenn sich die andern besaufen. Das ist nicht kameradschaftlich, nicht anständig.«
    »Ich hätte das nicht … Meine Herren, meine Grundsätze, es ist feige …«

    |318| Und plötzlich lächelt er kläglich. Es ist nur der Versuch eines Lächelns, eine traurige Fratze.
    »Ja, natürlich. Ich verstehe ja. Und es macht auch nichts. Wenn man gezwungen wird, macht es nichts.«
    Er lächelt wieder.
    Manzow klopft ihm auf die Schulter. »Na siehst du, mein Junge. Wir sorgen auch für dich, sollst ein paar neue Kunden bekommen. Da sauf!«
    Dr. Hüppchen sieht ihn flehend an. »Ich darf doch nicht …«
    »Sauf schon. Ich befehle es dir, Doktor. Na, siehst du. – Und nun schlage ich vor, da wir alle so schön besoffen sind, wir machen es uns bequem. Wirklich bequem. Was sollen die Kledaschen bei der dämlichen Hitze? Und die Mädchen sind auch viel netter ohne.«
    Und er beginnt gemächlich, sich seine Hose abzuknöpfen. »Also los!«
    »Recht hast du!«
    »Gott, der dicke Franz! Wie süß!«
    »Runter mit ’s Hemde, Minna.«
    »Immer munter, Herr Doktor! Immer munter!«
    »Die Scham liegt nicht im Hemde!«
    »Kiek, das Aas, die Betti, hat gar keine Hosen an.«
    »Das hast du noch nicht gemerkt? Was hast du denn eigentlich den ganzen Abend gemacht?«
    »Na, wie wird es denn, Herr Doktor?«
    Der steht da, in Hemdsärmeln. »Mir ist wirklich nicht warm«, flüstert er.
    »Los! Los! Männeken! Hier gibt es keine Geschichten. Sehen Sie sich den Toleis an. Was, das ist ein Athlet?«
    Jemand beginnt zu singen: »Wo ist denn nur mein Säbel hin? Säbel hin? Säbel hin? – Du hast ihn in der Scheide drin! Scheide drin! Scheide drin!«
    Manzow naht sich ernst dem Doktor. »Also, Doktor, nun mach keine Geschichten. Du willst es doch nicht mit uns verderben? Bei uns machen immer alle mit.«
    Der Doktor hat Schweiß auf der Stirn. Käsig sieht er aus.
    |319| Ein Mädchen schlägt vor: »Laßt ihn doch laufen, den Kerl.«
    Der Medizinalrat: »Halt ’s Maul, Sau!«
    »Ich sage Ihnen zum letztenmal, Herr Doktor, Sie tragen die Folgen!«
    »Na, sauf, Kleiner, das macht Mut.«
    Und das Mädel gibt ihm noch einen Schnitt Kognak. Dr. Hüppchen trinkt.
    Dann fängt er an, sich aufzuknöpfen, Kleider abzustreifen. Die andern tun, wie wenn sie nicht hinsehen, und sehen immerzu hin.
    Einen Augenblick zögert der Doktor, dann streift er das Hemd über den Kopf.
    Ein Mädchen schreit: »Gott, wie lütt! Grad wie bei einem Baby!«
    Ein brüllendes Gelächter ertönt.
    Die Weiber kreischen, die Männer wiehern, brummen, brüllen.
    Und ein Chorgesang hebt an: »Wo ist denn nur mein Säbel hin? Säbel hin? Säbel hin?«
    Dr. Hüppchen läuft, nackt, torkelnd gegen die Tür. Taumelt hin. Liegt regungslos.
    Der Gesang geht weiter: »Du hast ihn in der Scheide drin! Scheide drin! Scheide drin!«

|320| VIERTES KAPITEL
Die Städter kämpfen – aber gegeneinander
    1

    Bürgermeister Gareis fragt vorsichtig: »Sie sind sicher, Herr Doktor, daß Sie sich nichts eingebildet haben? Ich meine, nicht geträumt haben in der Betrunkenheit?«
    Dr. Hüppchen in dem großen Ledersessel sagt eifrig: »Ich war eigentlich gar nicht betrunken. Ich war ganz klar, und plötzlich war ich weg.«
    Gareis wiegt den Kopf hin und her. »Es ist eine kitzlige Geschichte. Hinterher ist es schwer, Nüchternheit und Rausch scharf abzugrenzen.«
    »Aber die haben mich doch wieder angezogen, als ich bewußtlos war. Herr Bürgermeister, so kann ich mich nicht angezogen haben. Die Unterhosen haben sie mir in die Hosentaschen gesteckt!«
    »Ja, gewiß. Immerhin, Herr Doktor, ich nehme an, diese Mitteilungen haben Sie mir privat gemacht, nicht dem Polizeiverwalter.«
    Dr. Hüppchen sieht den Bürgermeister trotzig an. »Herr Polizeiverwalter …«, beginnt er.
    Aber Gareis greift rasch ein. »Sie sind ein Bürger dieser Stadt. Sie verdienen Ihr Geld in ihr. Und grade unter den Kaufleuten, den Gewerbetreibenden. Sie

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