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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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meinen, Manzow ist der Hauptschuldige …«
    »Ja, Manzow hat alles angestiftet.«
    »Gut. Nun, Sie wissen doch, daß Manzow so was wie ein Wirtschaftsführer in unserer Stadt ist. Lieber Herr Doktor, empören Sie sich doch nicht. Das
ist
so. Ob mit Recht oder Unrecht, genug, er ist
der
Mann der Wirtschaft.«
    »Und deshalb soll er straflos …«
    »Glauben Sie, ich weiß nicht ganz andere Geschichten? Er |321| soll auch nicht deshalb straflos sein, sondern darum, weil Sie ihn brauchen. Gesetzt den Fall: Sie stellen Strafantrag. Gesetzt den Fall: Dem wird stattgegeben, es kommt zur Verhandlung. Was spricht denn dagegen, daß die Richter dies nicht einfach als eine besoffene Geschichte ansehen? Auf Herrenabenden passieren noch ganz andere Sachen. Und dann das Ergebnis: Freispruch. Über den Manzow lachen die Leute höchstens: Vergnügtes Haus, das ist doch noch kein Spießer, werden sie sagen, macht mal ’nen Spaß. Aber Doktor Hüppchen zieht in eine andere Stadt, weil er hier seine Kunden los ist.«
    Hüppchen starrt vor sich hin. »Aber es war so schmählich! So gemein! Wie soll ich mit den Herren noch reden können, wenn ich sie wiedertreffe? Ich schäme mich so.«
    Fast fröhlich sagt Gareis: »Natürlich können Sie das, Herr Doktor. Sie haben ja nichts Schmähliches getan, das waren ja die andern. Warum sollten Sie sich für die schämen?«
    »Eigentlich haben Sie recht.«
    »Sie haben also mit mir privat gesprochen?«
    »Ja. Jawohl. Privat. Herr Bürgermeister, ich danke Ihnen auch …«
    »Halt, einen Augenblick!« Gareis winkt dem aufstehenden Besucher ab. »Lieber Herr Doktor, Sie haben mir gar nichts zu danken, jetzt kriegen Sie nämlich erst einmal das Fell voll. Denn Sie, Sie allein sind an der ganzen Sache schuld.«
    Dr. Hüppchen ist vollkommen verblüfft. »Ich …?«
    »Sie leben unter Bürgern, unter Bürgern wollen Sie Ihre Geschäfte machen. Da müssen Sie auch ein Bürger sein. Sie trinken nicht, Sie rauchen nicht, Sie essen kein Fleisch. Sehen Sie, Herr Doktor, das geht eben nicht. Nicht in Altholm. In Berlin geht das, in Leipzig geht das, nicht in Altholm.
    Neulich, auf der Festsitzung, sagt einer zu mir: ›Welches Schwein säuft denn da Limetta?‹ Das Schwein waren Sie, und der Mann hatte von seinem Standpunkt aus vollkommen recht.«
    |322| Dr. Hüppchen holt weit aus. »Meine Überzeugungen …«
    »Weiß ich, Doktor, weiß ich. Aber wir sind nicht ewig zwanzig, wir wollen Geld verdienen, wir wollen vorwärtskommen, wir wollen was sein, wollen was zu sagen haben. – Soll ich Ihnen verraten, warum ich zum Bürgermeister gewählt worden bin,
mit
den Stimmen der Rechten?«
    »Ja …?«
    »Weil ich so fett bin. Weil ich ein dickes Schwein bin. Das beruhigt die. Wäre ich zehnmal so tüchtig, aber mager, sie hätten geschrien: was, so ein roter Treiber! So ein Bluthund! – Und ich will Ihnen auch verraten, warum die jetzt alle gegen mich sind. Weil ich gegen den Strom schwimme, weil ich den Frerksen halte. Die untersuchen nicht. Die haben Malesche gehabt, und nun muß ein Sündenbock her. Da muß einer geschlachtet werden. Und weil ich nicht schlachten lasse, darum jagen die jetzt gegen mich. So ist das.«
    »Ja, vielleicht haben Sie recht.«
    »Sicher. Sicher. Und es kann wohl sein, daß es mir noch gehen wird wie Ihnen, daß sie mir auch das Hemd noch ausziehen, weil ich diesmal nicht so bin und will wie die.«
    Der Bürgermeister schnauft. Plötzlich schlägt er knallend mit der Hand auf den Tisch. »Aber man soll auch mal anders sein wie die. Man soll sich auch mal anstemmen. Sonst geht die Welt gar nicht weiter. Also halte ich den Frerksen.«
    Gareis lacht. »Außerdem muß ich ihn um der Genossen willen halten. Es geht um das Prestige der SPD. Es ist eine der spaßigsten Geschichten auf dieser Welt, daß man die Sachen, die man tut, meistens nicht darum tut, weil man sie mag. Sondern aus ganz andern Gründen. Na, jedenfalls sind die Bürger vorläufig die Leidtragenden, und der Bauer lacht. Da sind sie jetzt sicher schon beim Versöhnen.«
    Dr. Hüppchen ruft: »Aber die Versöhnung ist doch schiefgegangen! Darum haben die sich doch gestern abend besoffen!«
    Und wird blutrot.
    Gareis sagt nachdenklich: »Ich habe mich schon die ganze |323| Zeit über Ihre seltsame Tischrunde gewundert. Das war also die Versöhnungskommission! Und die Bauern haben nicht gewollt?«
    Dr. Hüppchen: »Ich habe mich eben versprochen. Ich habe mein Ehrenwort gegeben …«
    Und Gareis: »Erledigt, Herr

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