Bauern, Bonzen und Bomben
es das. Du hast freilich noch niemanden beschissen. Also reg dich bitte auf.«
Stille. Tredup nimmt seine Wanderung wieder auf, kommt in die Setzerei, wieder zurück, bleibt bei Wenk stehen.
»Hast du eigentlich schon gehört, daß die ›Chronik‹ eingehen soll?«
»Unsinn, das müßte ich wissen.«
»Daß wir alle abgebaut werden sollen?«
»Quatsch. Gebhardt hätte sich grade die Kosten gemacht, das Blatt zu kaufen, wenn er’s gleich eingehen lassen will.«
»Aber er ist die Konkurrenz los.«
»Wenn er die ›Chronik‹ eingehen läßt, kommt ein anderer und macht ein neues Blättel auf. Dann hat er eine frische Konkurrenz auf der Nase.«
»Ob der Gebhardt das Blatt nach der Bescheinigung gekauft hat, oder ob er den richtigen Abonnentenstand kannte?«
»Das frag ihn man.« Und Wenk blättert seine Zeitung um.
|334| »Ich glaube, du hast auch gar nicht die richtige Bescheinigung hier. Unsere hier ist eine Abschrift ohne Unterschrift.«
Wenk haut auf den Tisch. »Nun laß mich endlich mit dieser verdammten Bescheinigung zufrieden. Du bist doch heute rein verrückt.«
Tredup marschiert ab. Das war eine Niederlage. Noch mal darf ich nicht davon anfangen.
Er treibt sich ziellos bei den Setzern herum und geht wieder zurück. Als er im Redaktionszimmer ist, hört er auf der Expedition reden. Er bleibt stehen und lauscht.
»Ja«, sagt grade Wenk. »Ihr Mann ist noch da, Frau Tredup. In der Setzerei. Nehmen Sie ihn bloß mit, der hat heute Pfeffer im Po und quengelt ewig.«
»Ist er hier auch so? Warum ist er denn noch hier? Er hat doch schon seit einer Stunde Mittag.«
»Weiß ich’s? Er sagt, er will auf Stuff warten. Aber Stuff kommt nicht vor vier.«
»Sagen Sie, Herr Wenk, ist mein Mann nicht ganz anders?«
Wenk weicht aus. »Ein bißchen nervös, was? Das macht das Kittchen.«
»Tut er denn noch was?«
»Ja, Frau Tredup, da fragen Sie am besten Herrn Gebhardt. Zeugnisse darf ich nicht ausstellen, das macht der Chef selber.«
»Und ich geh auch zu ihm!« sagt die Frau. »Die haben mir meinen ganzen Mann verdorben.«
»Welche die?«
»Der Stuff, der ihn zum Saufen und Huren verführt hat. Und die ihm Geld gegeben haben, der Gareis und der Frerksen.«
»Hat er denn wirklich Geld bekommen? Und von Frerksen auch? Für was denn?«
»Natürlich hat er Geld bekommen. Aber er gibt es nicht raus. Er hat es irgendwo an der See vergraben. Im Schlaf redet er davon.«
»Was soll denn Gebhardt dabei machen? Dem Gebhardt |335| erzählen Sie lieber nichts davon, sonst schmeißt er Ihren Mann raus.«
»Der soll lieber den Stuff rausschmeißen. Der Stuff ist der Schlimmste. Und ich bringe die beiden noch auseinander, das schwöre ich. Und ich weiß auch ein Mittel.«
»Was denn für eins?«
»Das möchten Sie wissen. Daß Sie es Ihrem Stuff erzählen …«
Aus dem Redaktionszimmer kommt Tredup geschlendert. »Also gehen wir essen, Elise.«
Die Frau sieht ihn kurz an, gibt dem Wenk die Hand. »Wiedersehen, Herr Wenk.«
»Wiedersehen, Frau Tredup. Das seh ich gern, wenn der Feldwebel einen abführt.«
Sie gehen. Frau Tredup einen Schritt voraus. An der schmalen dunklen Gasse, einem Durchgang, der den Burstah und die Stolper Straße verbindet, sagt Tredup: »Links rein. Das ist kürzer.«
Die Frau zögert einen Augenblick und biegt links ein. Sie geht vorn. Zwischen dunklen Brandmauern. Die Gasse ist eng, zwei Meter breit, leer.
Plötzlich fühlt sich die Frau von hinten angefaßt, herumgerissen, und sieht in ein wutbleiches Gesicht.
»Max!« ruft sie.
Ihr Mann sagt nichts. Mit einer Hand drückt er die Frau gegen die Wand, mit der andern holt er aus und schlägt ihr drei-, viermal hart ins Gesicht.
Sie starrt ihn an. Zwischen den Haaren hervor, die in die Stirn gefallen sind, kommt ihr Blick, voll Angst.
Er sieht sie einen Augenblick an, sein Zorn beginnt zu zergehen. Da macht er rasch kehrt und läuft wieder zurück zur »Chronik«.
Wenk glotzt auf. »Na, ausgerissen?« grinst er.
»Was die sich einbildet!« schimpft Tredup. »Neue Moden. Hier einen abholen. Die kurier ich, sage ich dir, Wenk, aus dem Handgelenk kurier ich die!«
|336| »Wenn du denkst, daß das die richtige Kur ist?«
»Grade. – Hat der Krüger Bayrisch?«
»Warum soll der Krüger kein Bayrisch haben? Hat er doch immer gehabt.«
»Holst du uns zwei Halbe? Ich gebe aus.«
»Jetzt direkt vor dem Essen? Meine Frau riecht das.«
»Was geht das deine Frau an, wenn ein Geschäftsmann dich zu einem Glase Bier einladet?
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