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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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dienert wie ein Roggenfeld im Winde.
    Dann schieben sich die Altholmer aus der Tür.
    Der Präsident sieht ihnen nach, die eine Hand auf der Schreibtischplatte, die andere um ein Medaillon an der Uhrkette geschlossen. Assessor Meier schichtet Akten, und Regierungsrat Schimmel liest Buchrücken in einem Schrank.
    Die Tür geht zu, und die Pose entspannt sich.
    |349| »Das war das«, sagt der Präsident und setzt sich wieder. »Ich muß sagen, ich bin nicht überrascht. Keineswegs. – Aber bitte, meine Herren, wollen Sie nicht noch einen Augenblick Platz nehmen?«
    Die Herren setzen sich wieder.
    »Man hat Sorgen. Sorgen«, sagt Temborius, und es ist nicht zu verkennen, daß er nicht unzufrieden ist mit den Sorgen, die ihn zur Stunde belasten. »Die unteren Verwaltungsorgane machen Fehler. Dann kommt das Volk zu uns. Und wir müssen dann wiedergutmachen. Aber ich glaube, ich sehe den Weg des Ausgleichs, der Versöhnung.«
    »Gewiß«, bemerkt Regierungsrat Schimmel, »Gareis hat unzweifelhaft Fehler begangen.«
    »Gareis!« Und nach einer Pause gesteigert: »Gareis! Herr Assessor, was habe ich zu Herrn Bürgermeister Gareis gesagt, als er vor der Demonstration hier war? Sagen Sie selbst!«
    »Daß er die Schupo brauchen würde«, sagt eilig Assessor Meier.
    »Auch. Das auch. Aber davon reden wir jetzt nicht. Was habe ich hier gesagt, Herr Assessor?«
    Assessor Meier martert sein Hirn. Schließlich hat der Chef nicht wenig gesagt. »Daß die Bauern aggressiv seien.«
    »Gewiß, lieber Herr Assessor, auch das. – Man muß das Wesentliche von dem Unwesentlichen unterscheiden. Was habe ich …? Also gut. Ich habe gesagt, die Demonstration muß verboten werden. Habe ich das gesagt? Habe ich das gefordert? Unter Einsatz all meiner Autorität? Immer wieder?«
    »Gewiß«, sagt eilig der Assessor. »Es ist immer von neuem gefordert worden.«
    » Ich
habe es immer von neuem gefordert. Und nun der Wagen verfahren ist, kommt der Mann jetzt zu mir? Hat er schon meine Hilfe erbeten? Die Vertreter der Wirtschaft kommen. Er sitzt in Altholm und schreibt einen Bericht. Sonst nichts. Und was für einen Bericht!«
    Die Herren sehen starr vor sich hin. Der Chef hat das Bedürfnis zu reden, nun gut: rede.
    |350| »Was steht in dem Bericht? Der Boykott hat sich als ein Schlag ins Wasser erwiesen. Seine Wirkungen sind kaum spürbar. – Nun, meine Herren, Sie haben die Vertreter der Stadt gehört, nicht wahr?«
    Die Herren bestätigen es.
    »Der Boykott ist katastrophal, ruinös, er bringt das Wirtschaftsleben der Stadt zum Erliegen, aber: ein Schlag ins Wasser. – So berichten Schuster.«
    Plötzlich lächelt Temborius wieder. »Nun, ich werde das regeln. Werde ausgleichen.«
    Sehr freundlich: »Haben Sie, Herr Regierungsrat, die juristische Seite der Sache überprüft? Wie steht die Staatsanwaltschaft zu den Ereignissen?«
    »Es wird wohl sicher Anklage gegen einige Bauern erhoben werden. Man wird die Führer herausgreifen. Strafrechtlich kommen in Frage: Auflauf. Sachbeschädigung. Öffentliche Beleidigung. Öffentliche tätliche Beleidigung. Gefährliche Körperverletzung. Landfriedensbruch. Aufruhr.«
    »Nun, das ist ja allerlei.« Der Präsident ist nicht unzufrieden. »Die Bauern werden nichts zu lachen haben. Denn mit einer Verurteilung ist doch wohl zu rechnen?«
    »Ich denke doch. – Ich möchte auch noch darauf aufmerksam machen dürfen, daß meinen Erkundigungen nach mit einer Großen Anfrage der Rechtsparteien im Preußischen Landtage wegen der Vorgänge in Altholm in Kürze zu rechnen sein dürfte.«
    »Richtig. Sie sind richtig unterrichtet, Kollege Schimmel. Auch ich habe meine Verbindungen im Ministerium. Sie wissen, meine Herren … Und wegen dieser bevorstehenden Anfrage bin ich ausnahmsweise einmal dafür: Wir handeln schnell.
    Der Herr Minister hat die Akten noch nicht eingefordert. Ich bin in meinen Entschließungen also noch frei. Die Haltung des Ministers ist nicht berechenbar, denn leider hat auch Herr Gareis … Nun, ich für meine Person verstehe da den Herrn Minister nicht mit seinen Sympathien. Jedenfalls |351| wird aber der Herr Minister meine früher ergangenen Entscheidungen nicht desavouieren. Darum …«
    Die Herren horchen auf.
    »Wir werden …«
    Die Wichtigkeit dieser Minute leuchtet aus dem Gesicht des Präsidenten. Einen Bleistift hält er senkrecht in die Höhe.
    »Wir werden wieder einmal ausgleichen, einrenken, versöhnen, die Fehler der untergeordneten Instanzen löschen. Dazu ist nötig, daß

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