Bauern, Bonzen und Bomben
und dann sagst du, er und die Mädchen fallen rein. Und das Geld hast du darum auch.«
»Nichts habe ich«, schreit Tredup wütend. »Wie gemein du bist! Wie geldgierig. Meinen besten Freund willst du um fünfhundert Mark erpressen, so gemein bist du!«
»Ich will gar nicht Geld. Ich will sie gar nicht, deine tausend Mark, und das Schweinegeld von deinem Stuff will ich auch nicht. Aber ich weiß, ehe ich nicht deine tausend Mark habe, kommst du nicht wieder zu mir. Solange du die hast, denkst du: Ich kann ja weg, und kümmerst dich einen Dreck um uns.«
»Eine schöne Logik ist das! Du willst sie nicht haben, aber haben willst du sie doch.«
»Grade! Wenn du das nicht verstehst, das ist grade logisch.«
»Ja, und was die fünfhundert von Stuff dabei sollen … meinen Freund zu verraten, unschuldige Mädchen ins Zuchthaus bringen, pfui Teufel!« Er spuckt aus.
»Du!« sagt sie mit flammenden Augen. »Nimm dich in acht! Ich könnte dir auch etwas sagen.« Sie bricht ab. »Nein, ich will nicht. Ich rede nicht mehr davon.«
|347| Er höhnt: »Weil du nichts weißt! Aber ich sage dir, wenn du solchen Brief noch mal schreibst, wenn du ihn abschickst! Das ist ein Scheidungsgrund, ich lasse dich sitzen. Jeder Richter trennt eine Ehe, wo die Frau so gemein ist.«
»So?« fragt sie. »So? Und wenn der Mann so gemein ist? Wenn der Mann hingeht und verkauft Bilder und verrät arme Bauern, daß sie ins Kittchen kommen, das ist anständig, was? Und das Geld gibt er nicht mal seiner Frau, das Geld versäuft und verhurt er. Das ist anständig, was? Und ich hätte meinen Brief nie, nie abgeschickt. Du aber hast deine Bilder verkauft.«
»Das ist ganz etwas anderes«, sagt er verwirrt. »Ein Pressephotograph verkauft seine Bilder an jedermann.«
»So? Ist das etwas anderes?« ruft sie wütend. »Ich kann da keinen Unterschied sehen. Aber natürlich, wenn du etwas tust, dann ist es immer etwas anderes. Aber weißt du, was du bist? Ein Verräter bist du! Mich hast du auch verraten. Mir haben sie schon erzählt, wenn du besoffen bist, erzählst du am Biertisch, wie ich im Bett bin. Und …«
»Schweig«, sagt er tonlos. »Die Kinder …«
Aber jetzt hört sie nicht. »Und ich will meinen Brief wiederhaben. Ich will nicht, daß du mit meinem Brief in der Tasche rumläufst und, wenn du einen in der Krone hast, allen erzählst, was für eine gemeine Frau du hast. Gib den Brief her.«
Sie faßt danach. Er hält ihn fest.
Aber sie kämpft wirklich darum. Er hält mit einer Hand ihre beiden Handgelenke fest, in der andern hat er den Brief. Sie fährt blitzschnell mit den Zähnen zu, und mit einem Aufschrei läßt er ihre Hände los.
Sie greift nach dem Brief, aber er schlägt nach ihr. Sie stolpern durchs Zimmer, stoßen an Möbel, die Kinder schreien.
Der Brief, zerknüllt in seiner Hand, hindert ihn nicht mehr. Er schlägt drei-, viermal kräftig gegen den Kopf der Frau mit der geschlossenen Faust. Sie schreit auf und fällt hin.
Die Tür öffnet sich. Der Gemüsekrämer von vorn, dem das Haus gehört, ein paar Nachbarn werden sichtbar.
|348| »Das geht nicht, Herr Tredup. Ich habe es schon lange dicke mit Ihnen. Ewig kommen Sie besoffen nach Haus und machen Skandal. Zum Ersten sind Sie gekündigt.«
Die Frau steht auf und geht gegen die Tür. »Macht, daß ihr rauskommt. Sie haben hier gar nichts zu suchen. Und die Kündigung nehmen wir nicht an. Da bestimmt das Wohnungsamt drüber, ob wir zu gehen haben oder nicht. Nicht wahr, Max?«
»Ja, Elise«, sagt er.
7
Regierungspräsident Temborius erhebt sich.
»Ich danke Ihnen, meine Herren, daß Sie zu mir gekommen sind. Was Sie vorgetragen haben, hat mich tief erschüttert. Es wird geprüft werden, und ich kann Sie nur bitten, bis zum Ergebnis dieser Prüfung Geduld zu haben. Geduld, Geduld und noch mal Geduld. Aber ich glaube Ihnen heute schon sagen zu dürfen, ohne eine Indiskretion zu begehen, daß nicht nur hier, nein, daß auch an höchster Stelle die Augen auf Altholm gerichtet sind und daß dort Erwägungen schweben – Erwägungen von weittragender Bedeutung.
Nochmals, ich danke Ihnen und bitte um Geduld.«
Temborius verbeugt sich. Neben ihm, aufspringend, verbeugen sich die beiden andern Herren der Regierung Stolpe: Regierungsrat Schimmel und Assessor Meier.
Die Vertreter des Wirtschafts- und Erwerbslebens der Stadt Altholm kommen etwas zu spät, aber auch sie bringen in leidlichem Anstand das Aufstehen und Sichverbeugen zustande. Die ganze Tischrunde
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