Bauern, Bonzen und Bomben
und ob das Kino gut oder schlecht war.
|344| Es ist doch
das
Gesicht.
Sein Herz ist ganz weich. Er geht schnell in das Zimmer.
Sie macht eine hastige Bewegung, als sie ihn hört, sie will ihre Schreiberei zusammenschieben. Aber dann bleibt sie sitzen, mit dem Rücken gegen ihn, antwortet auch nicht, als er guten Abend sagt.
Ihn überrieselt es kühl. Es ist stickig im Zimmer, und trotz des offenen Fensters riecht es schlecht: Er kann die Kinder nicht daran gewöhnen, nachts auf den Abort im Hof zu gehen, immer benutzen sie den Topf, und Elise unterstützt ihn auch nicht darin.
Die kühle reine Nachtluft beginnt zu verfliegen. Trotzdem langt er über ihre Schulter, legt den Strauß vor sie hin, auf ihre Schreiberei.
Sie starrt ungläubig auf die Blumen, sie versteht nicht recht. Dann sieht sie sich um und blickt ihn an.
Er ist nüchtern. Er hat bestimmt nicht getrunken.
Sie hebt den Kopf ein wenig, der Hals wird straffer, leise sagt sie: »Danke.«
Dann, als sie die Veränderung in seinem Gesicht sieht, denkt sie wieder an ihre Schreiberei. Sie greift rasch danach. Aber es ist schon zu spät. Er hat zugefaßt.
Es war ein Zufall, daß sein Blick auf den Umschlag mit der Adresse gefallen war. Es war wieder ein Zufall, daß diese Adresse so groß, so deutlich, mit einer gewollt kindlichen Hand geschrieben war, daß er sie auf zwei Schritt Entfernung bei Petroleumlicht lesen konnte.
Aber dann war es Absicht, daß seine Hand pfeilgeschwind nach dem Briefe griff.
Sie sieht, es ist zu spät. Schon liest er. Sie steht auf und lehnt sich mit dem Rücken gegen die Wand. Sie hält den Kopf gesenkt, sie will gar nicht wissen, was für ein Gesicht er macht, wenn er diesen Brief liest.
Einmal, als er murmelt: »Toll! Toll!«, sagt sie leise: »Denk an die Kinder, Max!«
Und ein bißchen später: »Ich hätte ihn nie abgeschickt.«
|345| Aber es ist ein hübsches Schriftstück, was er da zu lesen bekommt. Sein Strauß hat quer über diesen Niederschlag aus Gift und Gemeinheit gelegen, ein paar Kornblumenkelche sind daraufgefallen, er pustet sie wütend aus dem Kniff.
»Was in aller Welt …«, fängt er an. Er ist immer noch mehr verblüfft als zornig.
»Nein. Nicht«, sagt sie hastig. »Laß uns heute abend nicht davon reden, Max. Morgen, wenn du willst. Du hast mir diesen Strauß mitgebracht. Laß es uns noch einmal versuchen. Ich will auch sein, wie ich früher war. Nur leg ihn weg. Laß ihn mich in den Herd tun. Ich schwöre dir, ich schreibe nie wieder einen. Ich hätte ihn auch nicht abgeschickt, bestimmt nicht.«
Er hört gar nicht auf sie. »Wie kannst du nur!« sagt er. »So gemein. Weißt du, daß das eine Erpressung ist, für die es Zuchthaus geben kann? Und Stuff hätte immer gedacht, ich wäre es gewesen. Alle hätten es gedacht. Ich wäre ins Zuchthaus gekommen …«
»Nein, Max, bitte, nicht jetzt …«
»Ich habe nie gesagt, daß es Stuff gewesen ist, der die Mädels hat abtreiben lassen. Das hast du dir aus den Fingern gesogen. Ganz jemand anders hat es mir erzählt …«
»Bitte, gib den Brief.«
»Und weißt du, was das Gemeinste ist? Du hättest nicht nur Stuff und mich damit hineingerissen, auch die armen Mädels wären reingefallen. Deinetwegen, weil du von Stuff fünfhundert Mark erpressen willst, hätten sie ins Gefängnis gemußt. Wie, hast du gar nicht daran gedacht?«
»Ich war so böse«, murmelt sie. »Und ich hätte ihn auch nicht abgeschickt. Wenn auch Stuff es verdient hätte.«
»Stuff hat es nicht verdient.«
Sie sagt schnell: »Er ist schlecht. Er verführt dich zum Saufen und zu den Weibern. Und du arbeitest nicht mehr. Wenk hat auch gesagt, daß du gar nicht mehr auf Inserate gehst.«
»Du lügst. Davon hat Wenk kein Wort gesagt. Ich habe ganz gut gehört, was ihr heute mittag gesprochen habt.«
|346| »Und es ist gemein von Stuff, wie er mit den Mädchen umgeht. Und du wolltest mit mir zu derselben Frau gehen, damit unser Kind …?«
Sie schaudert und sieht nach dem Bett mit den schlafenden Kindern hinüber.
»Grade! Willst du wieder ein Kind kriegen? Haben wir denn an den andern nicht genug?«
»Aber wir haben doch jetzt Geld. Wir können noch gut eins haben!«
»Wir haben kein Geld. Dir sind die tausend Mark zu Kopf gestiegen, von denen der Gareis gequasselt hat. Aber ich habe sie nicht, und du wirst sie nie, nie, nie zu sehen kriegen.«
»Du lügst. O wie gemein du lügst. Das ist grade wie mit Stuff. Erst sagst du, er ist es nicht gewesen mit dem Abtreiben,
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