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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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er nicht.
    Nun, er wird’s beleben, wenn er das Leben behält, wer da draußen rumstolpert. Wenn der was will, kommt er schon. Banz schließt fast ganz die Augen, blinzelt nur durch einen Schlitz zur Tür.
    Richtig, der kommt. Die Blechklingel an der Haustür oben, die anschlägt, wenn einer die Tür öffnet, schlägt an. Der Mann ist auf dem Vorplatz.
    |354| Natürlich fängt er links an zu klopfen. Alle Leute, die im Haus nicht Bescheid wissen, klopfen zuerst links an der Stube, wo die Kinder schlafen. Dann klopft es gradezu. An der Küchentür.
    Also ein Fremder, aber das hat Banz schon am Schritt gehört.
    Nun klopft es an der Tür zu Banzens Stube, aber der denkt nicht daran, »Herein!« zu rufen. Er liegt ganz nett da für fremde Besucher, in seinem Hemd auf der Erde, mit dem verbundenen Kopf gegen das Stuhlbein, scheinbar bewußtlos. Da wird sich gleich zeigen können, was das für ein Kerl ist, wenn er den Kladderadatsch sieht.
    Die Tür geht auf, und der blinzelnde Banz sieht, es ist einer in Uniform, der reinkommt, in feldgrauer Uniform. Er versucht zu begreifen, was das eigentlich für eine Uniform ist. Reichswehr? Aber die hat doch keine roten Achselstücke! Dann sieht er, daß der Mann nicht umgeschnallt hat. Also dienstlich kommt er nicht.
    Und nun behält Banz die Augen zu. Mal sehen, ob das so ein Rindvieh ist, das auf die Bewußtlosigkeit reinfällt.
    Die Uniform hat einen Augenblick an der Tür gestanden, dann geht sie in die Zimmermitte. Sie trampst tüchtig auf, damit sie den Schläfer weckt, aber Banz denkt: Trampse du nur. Daß dein Schritt nicht in Ordnung ist, höre ich doch.
    Der Mann bleibt stehen, räuspert sich laut und sagt: »He!«
    Banz denkt: Hehen können sie alle. Wollen mal sehen, was du weiter kannst.
    Scheinbar kann der Mann im Augenblick gar nichts weiter. Es bleibt totenstill im Zimmer. Nur die Fliegen burren und summen.
    Was der wohl tut? denkt Banz und möchte blinzeln. Aber er blinzelt nicht.
    Der Mann macht wieder ein paar Schritte, näher an Banz heran. Dann weiter von Banz weg. Dann wird ein Stuhl gerückt, und der Mann setzt sich.
    |355| Der ist nicht schlecht, denkt Banz. Läßt mich so einfach auf der Erde liegen. Na …
    Der Mann raschelt in seinen Taschen, Papier knittert. Ob der so einen Pfändungswisch hat? Aber Reichswehr pfändet doch nicht?
    Ein paar unkenntliche Geräusche, dann wird ein Streichholz angerissen – paff, paff, paff –, und es riecht herrlich nach Zigarren.
    Das ist ein Aas, denkt Banz und blinzelt wirklich. »Willst du nun wach sein?« fragt der Mann.
    »Das kommt darauf an«, sagt Banz und macht die Augen weiter auf. »Kennen tu ich dich grade nicht.«
    »Man kann nicht alle kennen«, sagt der in Uniform, der übrigens einen strohgelben Zickenbart hat.
    »Das kann man nicht«, bestätigt der Bauer.
    Pause.
    »Was ist das eigentlich für eine Uniform?« fragt Banz.
    »Das ist eine Strafanstaltsbeamten-Uniform«, sagt der Mann.
    »Dann bist du also im Gefängnis?« fragt Banz.
    »Lebenslänglich«, antwortet der Mann und lacht. Er meckert. Richtig wie eine Ziege.
    Pause.
    Der Mann sagt entschuldigend: »Das ist so eine Republikuniform. Früher war ich Deckoffizier. Da hatten wir Blau oder Weiß. In den Uniformen haben wir nicht gehungert. Nein.«
    »Nein«, sagt Banz.
    Pause. Die Fliegen surren.
    »Liegst du so eigentlich gut?« fragt der Mann.
    »Laß mich man liegen. Ich liege so ganz gut.«
    »Es ist auch kühler als im Bett.«
    »Das ist es.«
    Der Mann raschelt in der Tasche.
    Was nun wohl wird? denkt Banz.
    Der Mann bringt Papier zum Vorschein.
    |356| Holen die im Gefängnis jetzt selbst ihre Leute? denkt Banz. Früher machten das doch die Landjäger.
    »Da«, sagt der Mann und gibt Banz eine Zeitung. Sie ist oft gelesen, das sieht man, die Brüche sind schon ganz durchgefasert und die aufgeschlagene Stelle schön grau.
    Es ist eine Bekanntmachung der Polizei. Auf zehntausend Mark ist die Belohnung für den erhöht, der den Bombenschmeißer von Stolpe verrät. Eine Bekanntmachung mit Bildern. Eine Margarinekiste ist abgebildet. Eine Weckuhr. Eine Konservenbüchse und Drähte. Was eben einmal alles zu einer richtigen Bombe gehört. Und eine ausführliche Beschreibung, wie sie gebaut war. Sozusagen eine Anleitung zum Bombenbauen. Die Polizei hatte ja wohl Stückchen gefunden, und die Sachverständigen hatten rekonstruiert. Eine feine Sache.
    »Eine feine Sache«, sagt der Mann. »Gewissermaßen eine Anleitung für die Konstruktion von

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