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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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wir uns nicht gar zu sehr auf einen Standpunkt festlegen. Allen müssen wir gerecht werden.
    Die Stimmung der Bauern, die Stimmung der Bürger, die Stimmung des ganzen Pommerlandes ist gegen die Altholmer Polizei. Wir aber werden der Polizei bestätigen, daß sie recht gehandelt hat, wir werden die Staatsautorität stärken, den Aufrührern nicht den Nacken steifen.
    Aber …« Er lächelt leise. »Wir werden einen Bock schlachten. Versöhnungsfest. Sühneopfer. Purim nennt man das bei Ihnen, nicht wahr, Herr Assessor?«
    Der Assessor lächelt auch.
    »Man kann das, meine Herren. Wir sagen, die Polizei hat recht gehandelt, aber … Ja, es gibt einen Weg, meine Herren. Man kann das alles. Die Verwaltungstechnik ist heute so ausgebildet. Ich denke dabei nicht an Gareis, Gareis, nun Gareis hat noch Stärke. Aber vielleicht dieser etwas zu beflissene Herr, wie hieß er doch …?«
    »Frerksen«, schlägt Assessor Meier vor.
    Er bekommt ein Lob. »Richtig! Sehr gut!! Frerksen. – Und wenn wir dann die Gemüter durch diesen Sühnebock etwas beruhigt haben, dann, meine Herren, holen wir sie an unsern Verhandlungstisch. Dann werden wir unter meinem Vorsitz die Gegensätze ausgleichen, versöhnen.«
    »Auch die Bauernschaft?«
    »Selbstverständlich auch. Meine Herren, wir laden natürlich in erster Linie die großen landwirtschaftlichen Organisationen ein, die Behördenvertreter, die Vereine. Und auch ein paar Leutchen von der Bauernschaft. Wenn dann drei |352| Mann von diesen schlichten Bauern unter dreißig andern sitzen, seien Sie sicher, dann sind sie der Mehrheit Ansicht. Darin kennen wir uns aus.
    Ich danke Ihnen, meine Herren. Ich muß Ihnen sagen, ich bin optimistisch. Kein leichtfertiger Optimismus, nein, gewissermaßen ein von Sorgen getragener Optimismus. Das Gewitter hat sich ausgetobt, Blitze haben eingeschlagen, es hat gehagelt.
    Und dann kommen wir und ziehen den Regenbogen auf.
    Ich danke Ihnen, meine Herren.«

    8

    Die Vormittagssonne scheint hell in die Stube von Stolpermünde-Abbau. Sie malt einen breiten Lichtbalken an die Wand, nahe der Decke. Und dieser Balken aus Gold, in dem tausend Stäubchen flirren, wandert, senkt sich, rückt langsam weiter, bis er breit und strahlend auf der gewürfelten Bettdecke liegt.
    Dann streift er das Kopfkissen.
    Der Kranke wird unruhig. Er dreht den Kopf hin und her, aber das Licht ist überall. So öffnet er die Augen, schließt sie rasch wieder, öffnet sie von neuem.
    Banz setzt sich auf.
    Es geht langsam nur, der in Tücher gebundene Kopf will immer in die Kissen zurück. Schließlich sitzt der Mann und schaut ins Zimmer.
    Er nickt langsam, als er erkennt, wo er ist.
    Dann horcht er. Es ist ganz still im Haus, nur die Fliegen, Hunderte von Fliegen, surren und summen. Der Mann nickt wieder.
    Und horcht weiter. Horcht auf den Hof hinaus. Aber auch dort ist es still. Keine Kuhkette klirrt, kein Schritt ist zu hören.
    Alles still.
    |353| Der Mann ist befriedigt. Aber eines möchte er doch noch wissen. Neben der Tür hängt der Kalender. Wenn die Frau Ordnung gehalten hat, ist der abgerissen. Er weiß dann, was für ein Tag heute ist. Aber der Kalender ist vom Bett aus schlecht zu sehen, Banz muß sich weit aus den Kissen beugen. Er kneift die Augen fest zusammen, das Schwarze auf dem Kalenderblatt dort ist so verschwommen.
    Dann verliert Banz das Gleichgewicht. Sein Kopf schlägt einmal an der Bettkante auf, dann gegen ein Stuhlbein, und der Mann liegt auf der Erde vor dem Bett. Der Schädel schmerzt, und ihm wird etwas übel, aber Banz grinst befriedigt: Es ist außer dem Bett viel kühler als drinnen.
    Nun bleibt nichts, als zu warten, bis die Frau kommt. Nach dem Sonnenstand kann es gegen elf sein, es dauert also höchstens noch eine Stunde.
    Das Kalenderblatt kann er noch immer nicht erkennen. Er wird nachher versuchen, sich näher heranzuwälzen, jetzt noch nicht, er ist noch zu schlapp. Mit Erstaunen merkt er, daß er das Laufen der Fliegen auf den Händen spürt. Schön lange muß er krank gewesen sein, daß die Haut so weich geworden ist.
    Er liegt eine Weile, drusselt auch ein, aber es war nur ein Augenblick. Als er wieder aufwacht, liegt der Sonnenbalken noch auf dem Kopfende des Bettes.
    Er hört, und vielleicht ist er von dem aufgewacht, was er jetzt deutlich hört: Auf dem Hof draußen ist jemand zugange. Er hört den Schritt deutlich. Es ist kein Schritt, den er kennt. Es ist auch kein Bauernschritt. Was Stolpriges, Hastiges ist in dem Schritt. Den kennt

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