Bauern, Bonzen und Bomben
Herren, die sich mit Fug und Recht als Vertreter der Landwirschaft bezeichnen können.«
Doch Landwirtschaftsrat Päplow bleibt hartnäckig. »Herr Präsident verzeihen, das ist ganz etwas anderes: Bauernschaft und Landwirtschaft. Die Bauernschaft in diesem Sinne ist doch eine Bewegung. Sind hier Vertreter der Bauernschaft?«
Er fragt gar nicht den Präsidenten, er sieht die Reihe herum. Alle Köpfe sehen zu ihm auf, aber keiner nickt.
Landwirtschaftsrat Päplow macht eine Bewegung mit den Händen. »Ja, meine Herren, dann sehe ich aber wirklich nicht ein, was wir hier beschließen sollen. Verzeihen Sie, aber wir haben den Boykott nicht verhängt, wir können ihn auch nicht aufheben.«
»Meine Herren! Meine hochverehrten Herren!« ruft der Regierungspräsident. »Wir geraten ja auf ein ganz falsches Gleis. Natürlich haben Sie den Boykott nicht verhängt, das sind Leute, die ich wirklich nicht hier haben möchte. Aber Sie sind doch prominente Herren der Landwirtschaft, Sie sind Führer. Wenn Sie sagen: Der Boykott fällt – dann hört das flache Land auf Sie. Dann fällt der Boykott eben. Das ist |396| es, was wir wollen. Von so prominenten Herren wie Ihnen eine Entschließung gegen den Boykott.«
»Ich bedauere«, sagt der Landwirtschaftsrat. »Hierzu bin ich von meiner Kammer nicht beauftragt. Ich bin rein informatorisch hier.«
»Ich auch.«
»Ich auch.«
»Wir auch.«
»Ich«, sagt ein klobiger Mann und steht auf, »bin von der Bauernschaft.«
»Na also!«
»Warum denn nicht gleich?«
»Also doch Vertreter hier.«
»… Laßt mich doch reden, Leute! Ich bin hier geladen als Vorsitzender vom Kreisbauernverein Stolpe. Darum bin ich hier. Aber ich bin auch in der Bauernschaft. Ich bin der Bewegung sympathisch, ich meine, mir sagt sie zu, die Bewegung.
Und da kann ich nur sagen, meine Herren, meinen Verein geht das einen Dreck was an, was die Bauernschaft mit der Stadt Altholm hat. Darüber haben wir gar nichts zu beraten. Und entschuldigen Sie, Herr Präsident, wenn ich da ungezogen bin, das geht auch den Herrn Präsidenten gar nichts an. Laßt das doch die Bauernschaft mit den Altholmschen ausmachen. Wenn noch der Gareis da wäre, aber hier ist ja kein Mensch, den das was angeht.
Das ist meine Rede, entschuldigen Sie man.«
Der Präsident steht starr da.
»Ich danke dem Vorredner für seine Belehrung über meine Pflichten. Über meine Pflichten kann mich nur meine vorgesetzte Behörde, das Ministerium des Innern, und mein Gewissen belehren. Aber ich möchte den Vorredner doch noch etwas fragen. – Waren Sie auch am sechsundzwanzigsten Juli in Altholm?«
»Jawohl. Ich bin auch dort gewesen.«
»Und an der aufgelösten Versammlung haben Sie auch teilgenommen?«
|397| »Das habe ich auch getan, Herr Präsident.«
»So. – Ja, was sagen Sie denn nun zu dem Brief, der da eben verlesen worden ist? Sind Sie denn nun mit dem einverstanden?«
»Ja, was soll ich da sagen, Herr Präsident …? Ich habe ja den Brief nicht geschrieben, nicht wahr? Ein bißchen scharf, nicht? Ich habe ja nun gesehen, Herr Präsident, daß Sie ein ganz umgänglicher Mann sind …«
»Danke. Danke. Sehr geschmeichelt.«
»Ja, das
ist
so. Umgänglich. Aber, Herr Präsident, können Sie nicht vielleicht tun, was Sie hier zu tun haben? Ich weiß ja nicht, was das ist, aber hier so die Bücher, die Akten …«
Er sieht sich etwas unsicher um.
(Manzow flüstert zu Dr. Hüppchen: »Der ist nicht dumm. Der holt ja den ollen Temborius gewaltig durch den Kakao.«
Und Hüppchen, überrascht: »Glauben Sie? Ich dachte, das wäre naiv.«
»Naiv, Herr Doktor, ist hier nur einer.«)
»Ja so. Daß ich meine Rede nicht vergesse: Können Sie uns Bauern nicht allein lassen? Wir Bauern, wir morden doch nicht, wir stehlen nicht, wir treiben keine Unzucht – kann uns denn die Regierung nicht in Frieden lassen? Sie haben hier dies schöne Steinhaus …«
»Danke! Danke! Nein, wirklich, mein Herr, danke!! Vielleicht setzen Sie sich wieder. Danke! Belehrungen …«
»Dann will ich man gehen. Kommt ihr mit?«
Es sind drei, die aufstehen, Freunde wohl von ihm, Vereinskameraden. Und als sie aus der Tür gehen, sind es acht, sind es zehn, sind es zwölf.
Etwas hilflos sieht der Präsident ihnen nach. »Ich denke, wir nehmen jetzt unsere Verhandlungen … Was ist denn noch, Herr Landwirtschaftsrat …?«
»Verzeihen Sie, daß ich noch einmal unterbreche, Herr Regierungspräsident. Ich wollte nicht ohne Dank gehen wie diese Bauern. Wir
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